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WITCHBOUND "End Of Paradise"

Künstler/Band und Albumtitel: 

Erscheinungsdatum: 

04-2021

Label: 

Genre(s): 

Einige unter Euch werden sich vielleicht noch an die Band Envinya erinnern, die u. a. dank ihrer ehemaligen Sängerin Natalie Pereira Dos Santos eine Menge an Aufmerksamkeit und auch bandtreue Fans ziehen konnte. Wie es im Leben manchmal so ist, entschieden die Flügelschläge des Schicksals Natalie Pereira Dos Santos auf andere Wege zu schicken, die sie (Löwin, die sie ist) tapfer annahm und meisterte, so dass sie völlig neue-, offene Wege vor sich sah. Manchmal führen eben auch Umwege zum Ziel, womit ihr Einstieg (im Jahr 2.017) bei der Band Witchbound verknüpft war, die bereits seit  2.015 bestanden. Die Bandgründung geht u. a. auf den tragischen Verlust von Harald Spengler (R.i.F.) zurück, der mit Witchbound Gitarrist Stefan Kauffman und Witchbound Drummer Peter Langer bei der süddeutschen Metalband Stormwitch war. Hinzukam der tragische Verlust von Leadgitarrist Martin Winkler (R.i.F.).  "Gegen jeden Chance - dem Schicksal zum Trotz!" heißt es in der Beiinfo so treffend. Zeit die Schatten aufzuarbeiten und zu verbannen, ab zum neuen Album!

Dieses zweite Album (titels "End Of Paradise") von Witchbound steht für eine Band, die wie kaum eine andere in so jungen Bestandsjahren so hart geprüft wurde und sich positiverweise trotzig neu formiert- und noch umfassender gerüstet hat, immerhin hat man mit Tobias Schwenk (voc.) das männlichen Pendant zu Natalie Pereira Dos Santos (voc.) gefunden und kann sich damit (in Sachen Stimmfarbe und gegenseitiger Ergänzung) bestenfalls eine Alleinstellung auf europaweiter Flur erspielen. Zunächst geht es jedoch erst einmal rein instrumental-episch angehaucht per "Prelude" (Track 1) zu den sich öffnenden Pforten, die in die "End Of Paradise" Welt führen. Was eben noch ruhig war, wird nun mit drückendem Drumming unterfüttert und Uptempodrive auf Power Metal Pfade gerifft - "Battle Of Kadesh" (Track 2) Gesanglich geht es offensiv Alternative Metal-lisch bis klassisch Power Metal like zu. Wer jedoch einen laue "The Beauty and The Beast" Aufgusskopie alias Theatre Of Tragedy o. ä. erwartet, wird an seiner/ihrer Erwartungshaltung scheitern. Es ist eher so, dass sich beide Vokalisten die Bälle zuspielen und dabei eine eigene Art (inkl. Stimmfarbe) innehaben, die sich bestens ergänzen, weil sie sanfte Kontraste bilden, die der Mucke selbst echt gut zu Gehör stehen. Auch "Interstellar Odyssey" (Track 3; Anspieltip I) bleibt mit Zug nach vorn im Uptempobereich und macht den Raum erst richtig auf, um das Bild von Witchbound voller werden zu lassen. Eine Art schlüsselstück im Albumaufbau. Musikalisch mag es in den Weiten des Heavy- und Power Metal Genres durchaus ähnlich abfahrende Bands geben, die man vergleichsweise anführen könnte, ich denke da z. B. an Blind Guardian, allerdings besticht zunächst noch etwas nicht klar Benennbares im Unterholz, das die Nuancen dank des megafetten Riffings beim Albumtitelstück "End Of Paradise" (Track 4; Anspieltip II) um das nächste Level erweitert. Hier kommt Sängerin Natalie Pereira Dos Santos mehr in den Fokus und hört sich rein stimmfarblich wie die Mischung aus ABBA und Beseech an - bestechend klar und catchy. Im Refrainteil bilden band(?)chorale Vocalparts einen verdammt starken Aufguss, der zusammen mit der musikalischen Gesamtleistung, die hier auf starkem Highlevel ihren butterweichen Flow entfaltet, das Stück selbst zu Singlequalitäten verhilft. Ein Stück, das zukünftig auf so manchem Wunschzettel auf den Metalpartys stehen dürfte. 

 Eher traditionell geht es bei "Carved In Stone" (Track 5) zu, das mit semi-balladesken Parts vermutlich die eingangs erwähnten Schicksalsschläge verarbeitet und nach hinten raus auch episch eingestreute Parts mitbringt. Gerade bei diesem eher relativ ruhigem Stück rücken die Qualitäten der einzelnen Bandmitglieder noch stärker in den Vordergrund, ohne sich zu sehr aufzudrängen. Das schön drückende Drumming, dass in der zweiten Hälfte die Gitarrensoli unterfüttert, um per epischer Bridge das Stück auf starke Weise abzurunden, darf dabei ebenfalls nicht unerwähnt bleiben. "Flags Of Freedom" (Track 6; Anspieltip III) packt danach einen schön runden Sofortzünder aus, der dank des butterweich zu Ohren gehenden Gesangs, bei dem erneut Natalie Pereira Dos Santos die Hauptanteile innehat, funktioniert. Zwischendurch kommt aber auch eine mega-amtliche Power-Duett-Passage beider Vokalisten zu Gehör, die die Beiden fast schon homogen verschmelzen lässt. Auch hier wurde nach hinten raus noch mal mit einem Extraschub Double Foot Bass in sachen Drumming gearbeitet. Gestalteten sich die ersten Meter im "endenden Paradies" noch etwas gewöhnungsbedürftig (zumindest beim Erstdurchlauf), geht es mittlerweile Schlag auf Schlag in Sachen High Quality Heavy/Power Metal mit epischen Grundanlagen im abrundenden Unterholz. Da kann es stellenweise auch mal etwas härter offensiv in die Punchauslage gehen, die mit fettem Riffing und sogar thrashigen Death/Black Metal Elementgemisch in Sachen Vocals als blitzartige Überraschungschüsse um die Ohren zischen - "Torquemada" (Track 7; Anspieltip IV). Auch hierbei handelt es sich um einem einen hochexplosiven Sofortzünder. "Witching Metal" quasi. Hammer!

Auch "Nevermore" (Track 8)  spielt gesanglich mit der härteren-, von Rost durchzogenen Gangart - wer hätte das im Vorfeld erwartet?! Vor allem beim Erstdurchlauf kommt das Staunen quasi zunächst auf in Sicherheit wiegenden Sohlen, um den/die Hörer/-in(nen) sozusagen stellenweise mal eben gepflegt wegzublasen. Insgesamt laufen Witchbound auf den Punkt eingespielt so rund wie ein Schweizer Uhrwerk. Da kann es (vermutlich aufgrund des Härtegrades beim vorherigen Song?) schon mal passieren, dass einem vom Ersteindruck her andere Stücke in direkter Folge zunächst etwas "schwächer" vorkommen - "Last Divide" (Track 9). Selbst der Part, der mich schrägerweise an ein Lied aus einem der mit Otto Waalkes' gedrehten "7 Zwerge" Kinofilme und diesem "Hey Zwergem hey Zwerge, hey Zwerge ho..." Part denken lässt, hat das nötige Quentchen an Selbstbewusstsein inne, dass für diesen Stilmix mit Folk Metal schlichtweg nötig ist. 

Umso vortrefflicher die Epic Metal Ballade "Sea Of Sorrow" (Track 10), die für Gänsehaut sorgt und vermutlich jede/-n nachdenklich stimmen wird, der/die schon geliebte Menschen verloren hat. Diese Ballade hat tatsäch auch Singlequalitäten inne, die bei Rock/Metal zugeneigten Radiosendern/-formaten für neuen Schwung sorgen dürften. Es geht zwar über weiter Strecken eher ruhiger zu, jedoch haben Witchbound dieses Stück musikalisch in Sachen Arrangements clever aufgelockert/-gepeppt, so dass auch hier keine Langeweile aufkommt. 

"Foreign Shores" (Track 11) wagt sich sogar an eine Kreation mit Irish Folk Metal Gewichtung heran. Das hat den effektiven Nebeneffekt inne, dass Witchbound nicht nur auf lupenreinen Power Metal Festivals zukünftig ein Zuhause finden werden, sondern durchaus auch bei Festivals wie dem "Hörnerfest" z. B. und damit das LineUp bereichern könnten. Man stellt sich spätestens an dieser Stelle die Frage, ob Witchbound diese nun eingeschlagene Stilrichtung vertiefen wollen/werden? Eine tendenzielle Antwort könnte das folgende "Dance Of The Dead" (Track 12) sein, das mit doch sehr ähnlichen/artverwandten Folk Elementen im spürbaren Uptempo anfährt. Etwas auffällig in Sachen Arrangements sind die öfter im letzten Songviertel stattfindenden Gitarrensoli, was allerdings wirklich nur auffällt, wenn man da etwas genauer hinhört oder darauf achtet. Etwas schade ist, dass mir keine Lyrics vorliegen, denn die Songtitel wecken echtes Interesse (bei mir) - "These Tears" (Track 13). Ggf. kann man diese aber auch halbwegs gut beim Hören abfischen, was zwar anstrengender und zeitaufwendiger-, jedoch legitim ist. Insgesamt bleibt der Blick bedingt dadurch mehr bei der Mucke insgesamt, die weiterhin dem Irish Folk Metal treu bleibt - "As Long As We Can Rock" (Track 14). Für dieses Stück braucht man auch nicht unbedingt den Text, sondern kann sich in Sachen Bewegung (Headbanging/Tanzen) motivieren/mitziehen lassen. Man kann davon ausgehen, dass auch bestimmte Nightwish Phasen/Ären zumindest unterschwellig mit beeinflusst haben. Am Ende eines Paradieses kann es nur noch mit Hoffnung weitergehen, sonst würde kompletter Stillstand in ein leeres Nichts führen. Vielleicht ist der Albumschließer "Our Hope" (Track 15) aus ähnlichen Gedankengängen heraus entstanden? Zum Ende hin neigt sich dieses Witchbound Album mit episch sanfter Kinobreite in Richtung Finale. Somit hat dieses knapp einstündige Album eine Menge Stilweiten inne, die nicht dem Weg stur geradeaus (ver-)folgen, sondern sich Entwicklung, Risikofreude und Experimente erlauben, ohne in Richtung Progressive abzudriften oder gar zu viel davon zu nutzen. Man kann sagen, dass mindesten Power-, Heavy- und Folk Metal Momente auf "End Of Paradise" ausgelebt werden, bzw. wurden. Insgesamt würde ich es "Powerful Witching Metal" nennen. Schönes Album. :)  

V.Ö. 30.04. 21

 

7,75/10 Schafe Schüsse

(El Puerto Records/Soulfood 2.021)

https://www.witchbound.com/

https://www.facebook.com/Witchbound/

Danny B

Schaf Schüsse: 

7
Eigene Bewertung: 7

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