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WIRTZ "Die fünfte Dimension"

Künstler/Band und Albumtitel: 

Erscheinungsdatum: 

11-2017

Label: 

Genre(s): 

Gefühlt gar nicht so lange her, dass Wirtz & Band (letztgenannte bekommen sowohl bei Kritikern, wie auch Fans leider noch immer zu wenig Würdigung ab) das prallgefüllte "Auf die Plätze fertig los! Tour, Live in Berlin 2015" im  letzten Jahr über die Ziellinie brachten. In diesem Jahr erschien sogar bereits die erste "Best Of 2007-2017", die total an mir vorbeiging. Aber "Best Of" Scheiben sind meist auch ein Zeichen abgeschlossener(?) Kapitel, Labelwechsel oder eben einer Zwischenbilanz. Was davon auf Wirtz zutrifft, mag nur Daniel Wirtz selbst beantworten können, sofern er das denn überhaupt möchte? 

Die für mich (subjektiv gesehen/gehört) ultimativen Essenzalben von Wirtz bleiben "Erdling" (*2.009) und "Akustik Voodoo" (*2.011), bei/in denen Daniel Wirtz so viel nahezu perfekt ausbalancierter Texttiefe in den Fluss geschrieben hat, dass er nicht nur seiner Homebase Frankfurt a. M. wegen auf Augenhöhe mit großartigen Textern/Poeten wie Moses Pelham oder mit auch jedem der vier Onkelz steht, von denen sich jeder auf seine Weise als textual tiefsinnig/weitsichtig/vielschichtig erwiesen hat. Klar, dass man in der Retrospektive in Sachen Werdegang von Daniel Wirtz, der ja unweigerliches Zentrum inmitten seiner Wirtz Band ist, auch an Sub7even zurückdenkt/-blickt, die ja nun einmal das Yin am Yang vom Wirtz'schen Herzlauf ergeben. 

Zu den eben erwähnten klangvollen Goldstaubalben könnte sich nun ein weiteres hinzugesellen und Wirtz zurück an die Naht von "Akustik Voodoo" führen, um nach einigen Umwegen, wieder in Richtung Weg, Fluss und Ziel zu führen. 

Um Wirtz in "Die fünfte Dimension" (auch geistig) folgen zu können, ist es von Vorteil all' das sonstige "big Business" um ihn herum beim Hören auszublenden, was ganz gut funktioniert, abgesehen von einem Song. Zurück zum Boden der Tatsachen, "Erdling" voraus. Direkten Weges per Albumtitelstück "Die fünfte Dimension" (Track 1) öffnen Wirtz (ich spreche bewusst vom Gesamtpaket als Band) die Tür zu dieser Dimension und machen direkt Bock auf die Wirtz-typische Art mitzugehen und abzuheben. Musikalisch scheint die Machart solide und doch vollmundig satt. Alltagsfragen im Schlagabtausch zwischen Eindrücken, Wahrnehmungen und Blicken, die regelrecht maßgeschneidert der derzeitigen Realität anhaften. Einmal in dieser Dimension unterwegs, geht es direkt mittels dieser einmaligen Stimme von Daniel Wirtz, getragen von den Gänsehautnoten, direkt in den Tiefgangmodus der Gedankenläufe -"Wer wir waren" (Track 2; Anspieltip I). Es sind diese Bilder, die Wirtz mit Wort und Klang malen, denen man definitiv unausweichlich ausgeliefert ist, schon allein, weil man Teil dieser Zeiten ist - "...neue Erde auf verseuchtem Gebiet, kleine Schritte - großer Unterschied..." oder auch: "...wir treiben unsere leeren Lebenssplitter unter die Haut dieser Welt". Da ist wieder dieser Tiefgang, der im Zusammenspiel mit der Band zu einer genialen Symbiose verschmilzt. Der Tiefgang reißt zwar auch beim folgenden "Das verheiße Glück" (Track 3) nicht ab, wechselt aber die Farbe zu etwas seichteren Tönen hin - "...nur die Freiheit wollte nicht mit.". Ein klein wenig Flashback, der "Erdling" ist gereift. Die sozialkritischen Gedanken sitzen unter der Oberfläche, die mittels denkenden Mitgang durchbrochen wird. 

Schon nach diesen wenigen Stücken war mir beim Erstdurchlauf klar, dass hier ein ganz groß(artig)es Album mit viel Liebe und Leidenschaft entstanden ist, was die bereits veröffentliche Videosingle "Gib mich nicht auf" (Track 4; Anspieltip II) ebenfalls fett unterstreicht. Lebenswegerkenntnisse wie "Ich reiße die Brücken ab, die man mir gebaut, ich enttäusche die Menschen, die an mich geglaubt..." werden diejenigen kennen, die genauso wie Wirtz manchmal (menschlicherweise) in ihrer Haut festzuklemmen und gegen den Strom des Alltags anschwimmen. Die Essenz "Wenn schon absaufen, dann nicht ohne Gegenwehr." scheint am Ende seinen Frieden zu machen. Dieser Song spricht dabei so viele verschiedene Alltagsebenen an, dass man von einem kleinen Geniestreich sprechen kann, denn vermutlich hatte Wirtz beim Schreiben sicher nicht im Sinn nachzuzeichnen wie es vielleicht in den Herzen/Seelen von Kurt Cobain (R.I.P), Chris Cornell (R.I.P) oder Chester Bennington (R.I.P) ausgesehen haben könnte. Ich jedenfalls denke bei diesem Song immer daran. Da passt "Entdeckung der Langsamkeit" (Track 5) thematisch ziemlich perfekt ran, zumal genau hier der Blick hinter das Wirtz-Gestirn gewährt wird - "...die Sonne weiß nichts vom Untergehen und darum schläft diese Welt auch nie..." umreißt dabei sehr treffgenau den Lauf der Dinge, inmitten von Wegen durch eine hungrige Öffentlichkeit, während man "nur" sein Leben lebt bzw. es auf der Reihe zu halten versucht. Wirtz trifft es mit der Lösungsalternative sein eigenes Tempo zu finden bestens.

Vielleicht hat Wirtz einfach nur das Glück des richtigen Timings, dass er (zumindest mich) mit diesem Album noch vor V.Ö. so zentral auf dem richtigen Fuß erwischt?! Genau darin liegt manchmal eben die Magie guter Mucke. Es geht dabei (gerade bei Wirtz) nicht um Suggestionen, sondern eher um Feststellungen, Erkenntnisse, Fragen und Wege, die das Atmen zulassen. Atem-Wege eben. "Ich bleibe hier" (Track 6; Anspieltip III). Auch Werte, Ideale, Charakterzüge schwingen mit. Es gehört schon etwas Mut, Liebe/Empathie dazu selbst im Zentrum des Feuer zu verweilen, wenn es der richtige Mensch ist, der neben einem steht. Gänsehaut pur. Die Kanalschleusen weiten sich - Tränenlockerung in demütiger Sehnsucht. Überhaupt haben Wirtz die Menükarte dieses Album mit Know How zusammengestellt - "Liebe" (Track 7)- es wird wieder rockiger. Die kleinen-, an Grönemeyer erinnernden Momente kommen dabei so unerwartet wie klasse rum. Es sind dennoch gerade die dezent scheinenden Stücke wie "Moment für die Ewigkeit" (Track 8), die sich auch über mehrere Durchläufe immer intensiver empfehlen, wenngleich "Die fünfte Dimension" eher als Gesamtpaket Sinn macht. Vermutlich wird es verdammt schwierig für Wirtz die Meßlatte nach V.Ö. dieses Albums noch einmal auf eine höhere Dimensionsebene zu verfrachten. 

Dass Wirtz aber auch mal Bands wie Soundgarden gehört haben, hört man bei "Weil ich dich mag" (Track 9; Anspieltip IV) recht gut raus. Wirtz nutzen diesen Einfluss und lassen ihre Stärken in dieses erfrischende Stück einfließen, was es zum Hinhörer macht. Da darf es auch mal ein wenig mit psychedelisch-popigen Hauch zugehen - "Seelen" (Track 10), zumal es diesen schmalen Grat zwischen Tiefgang und Lockerkeit in beeindruckender Balance hält, was vor allem für die Musiker bei Wirtz spricht. Bei der Mucke von Wirtz kapiert/vergegenwärtigt man sich jedes Mal wieder neu, dass sich die menschlichen Wege aus Vergangenheit, Gegenwart und den Gedanken an die Zukunft zusammensetzen, was im Falle von Musikern nicht selten Songs wie "Bilder von damals" (Track 11) [inkl. Einzelkind- & Kinderhorpart] und "10 Jahre" (Track 12) ergeben. Und am Ende sitzt man da und hört das komplette Album (immer) wieder. Wie eingangs ein wenig angedeutet, reiht sich "Die fünfte Dimension" auf großartige Weise ins Wirtz'sche Schaffen ein. 

V.Ö.: 17.11.

 

Schafe Schüsse Hammermarke!

10/10 Schafe Schüsse

 

(Wirtz Musik/Tonpool 2.017)

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Danny B

Schaf Schüsse: 

10
Eigene Bewertung: 10

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