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WIGRID "Entfremdungsmoment"

Künstler/Band und Albumtitel: 

Erscheinungsdatum: 

09-2019

Label: 

Genre(s): 

Das Saarbrückener Ein-Mann-Projekt Wigrid ist bereits seit 1.998 im Black Metal Metier felsenfest verankert, ohne jedoch überzogene, posermäße Töne ins Rund zu spucken wie manche Kapelle aus den knarzigen Schwarzmetallschmieden - zumindest habe ich bislang keine schrägen "Image-Overstatements" von T.K. "Ulfhednir" vernommen. Somit kann man diesem durchaus nimmermüden Depressive BM'ler eher Sympathie als Fundament dieses Finaldurchlaufes seiner 9. Veröffentlichung (Compilations inkl.) zuschreiben. Sicher, Depressive BM kommt mir nicht allzu oft unter, wenn das dann aber mal der seltene Fall ist, dann ist es zu 99% Stimmungssache. An einem Dauerregentag wie heute, passt mir dieses Album mit seinem in s/w gehaltenem Coverartwork der künstlerisch andersgelagerten Art recht gut in den Lauf der Dinge. 

In drei Kapitel unterteilt, beginnt "Entfremdungsmoment" mit dem Opener "Entzirkulation" (Track 1; Anspieltip I) im ersten Kapitel I mit rumpel-unterkellertem Sound der frühen '90er Undergroundjahre. Die Beipack-Info empfielt die Mucke von Wigrid an Fans von Burzum, Forgotten Woods, Manes, und Abyssic Hate - alles Bands, die mir noch nicht untergekommen sind (zumal mir persönlich Burzum auch eine Spur zu suspekt sind). Wenn ich an die Tiefen des frühen '90er Jahre Black Metal denke, meine ich auch eher Bands wie z. B. Beherit, alte Bathory (Vorreiteralben!) und ganz, ganz frühe Dimmu Borgir Sachen, aber auch frühe Satyricon. Wenn man Wigrid's "Entzirkulation" hört, erinnert mich das vor allem an eigensinnige Beherit Sachen, die diese Kelleratmosphäre in sich trugen und diese Wälderkälte im Sound hatten. Hätte mir irgendwer vorab erzählt Wigrid würden aus Skandinavien stammen, ich hätte es anhand des Sounds tatsächlich nicht angezweifelt. Selbst frühe Darkthrone Einflüsse kann man hier nämlich durchaus wahrnehmen, ohne eine lieblose Abkupferei zu hören. Musikalisch setzt Wigrid auf Atmosphäre, von der hier der konstate rote... äh sorry "schwarze" Faden in diesen ersten 9:04 Minuten ausgeht. Die Stücke selbst stehen schönerweise sowohl für sich selbst, eignen sich aber auch zum Einzelcheck im Komplettrahmen dieses Albums, somit passt "Schemenfragment" (Track 2) gut zum malerischen Tonalgeschehen, dem ein inwendiges Bild von Ferne, Horizont und diversen künstlerischen Aspekten inneliegt. Das Stück selbst bringt eine eher gemächliche Atmosphäre mit, die teils ein wenig monoton voranfräst, abgesehen von den Bitterschreien, die man ziemlich weit hinten wahrnimmt. Man könnte quasi sagen, dass Wigrid so etwas wie Sopor Aeternus des Depressive Black Metal ist, rein vom Eigensinn her - "Zugangsbarriere" (Track 3). Leider versteht man den lyrischen Inhalt (also die Lyrics) leider kaum, wenn man die Texte dazu nicht hat, weshalb ich demensprechenderweise nichts darüber anmerken kann. Umso interessanter jedoch die Gesamtwirkung, denn nun möchte ich auch wissen was Ulfhednir in seinen Liedern beschreibt, zumal die Texte Teil des Gesamtwerkes sein müssen in diesem Fall. Immer wiederkehrende-, hintergründig gehalte Parts durchziehen dieses Stück Tonalnacht. Am Satzende steht eine Art Melancholie, die eine gewisse Ruhe in sich trägt. 

Der "Zerrüttungsprozess" (Track 4) leitet Kapitel II ein und geht dabei gewöhnungsbedürftige Wege, die eine Art musikalischen Pfad austreten wie ein Mantra, jedoch nicht im Sinne eines Loops, sondern eher im Sinne einer dramaturgischen Bildmalerei, die von fast kindlichen Elementen durchzogen ist. Dieser folgt via "Lebenserfahrung" (Track 5; Anspieltip II) ein Stück sanfter Ruhe eines völlig anderen Raumes, der bei mir persönlich Bilder eines antiken Schloßraums mit Klavier und heller Ausleuchtung wachruft. Im cineastischen Halbschlaf und den Moment wie in Schleife von Augenaufschlägen wahrnehmend. Die Musik selbst hat dabei schon fast moderne Klassikzüge, die auf ein Minimum beschränkt sind und gerade deshalb eine wohlige Atmosphäre in Form dieses Zwischenmomentes schaffen. Erstaunlich wie Wigrid das über mehr als 11 Minuten dahinfließen lässt. Umso berstiger geht es via des Kapitel III  mittels des Albumtitelstückes "Entfremdungsmoment" (Track 6; Anspieltip III) zum zugeneigten Black Metal Ausgangspunkt dieses Albums zurück. Im Kern des Stückes steht der Keller-Rumpelsound erneut voran, was sich zusehends legt, um nach dem ersten Viertel in verschiedene Emotionszustände überzugehen, die allesamt den Instrumentalbildern unterliegen, die nach etwas mehr als der ersten Songhälfte wieder mehr schroffere Konturen annehmen, um ins Uptempo zu wechseln und den Bangfaktor noch einmal von der Kette zu lassen. Dieser musikalische Eisblüher hat insgesamt gesehen wahnsinnig viele interessante Momente, die mich über weite Strecken an eine Art Hörspielkonzept erinnert haben, das mit Black Metal Elementen verbunden wurde. Für Fans des tiefsten, ursprünglichen Black Metal Undergrounds definitiv ein Must Have!

V.Ö.: 11.09. 2.019

 

8,0/10 Schafe Schüsse

(Bleeding Heart Nihilist Productions 2.019)

https://www.facebook.com/WigridOfficial/

Danny B

Schaf Schüsse: 

8
Eigene Bewertung: 8

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