Bild des Benutzers DannyB

VSK "Auf allen Wegen"

Künstler/Band und Albumtitel: 

Erscheinungsdatum: 

03-2020

Label: 

Genre(s): 

So liebe Punks und Freunde des gepflegten Pogo, sperrt Eure Ohren auf, hier gibt es den musikalischen Marmorkuchen aus Granit mit Nieten bespickt und stilechtem Stacheldrahtschleifchen frei Haus. Zwar geht die Bandgeschichte genau genommen bis ins Jahr 1.994 zurück, in dem die Versauten Stiefkinder für 4 Jahre ordentlich durch die Iro-Landschaft pflügten und diese auf links drehten, genau genommen aber würde ich (subjektiverweise) die Gründung von VSK auf das Jahr 2.015 datieren, zumal auch die Bandbesetzung unter neuem Namen firmiert. Just als Funfact und SideInfo sei mitgegeben, dass diese VSK hier nichts mit "Verbales Style Kollektiv" (*ein Sideprojekt zweier K.I.Z. Members) zutun haben, sondern ihre eigene Salzsuppe kochen, die mit "Auf allen Wegen" das erste Lebenszeichen auf die volle Distanz rausbrettert. 

VSK haben ihrerseits Martin K. (git.) und Nils Blume (dr.) von Rasta Knast mit an Bord, auf dem einst auch Steff von Alarmsignal einige Zeit ordentlich Wind in die Segel blies, was an dessen Stelle Julian, nebst Heiko R. mit jeder Menge Spielfreude und mindestens genauso viel Orkanböenenergie tut. VSK sind dabei ein klasse Beispiel dafür, dass Altklischees von Ost und West längst kein Thema mehr sind, zumal der Draht zwischen Freiberg und Celle ganz hervorragend auf Siedetemperatur glühte, um dieses Album einzutüten. So viel vorab bzgl. des Infofundaments. 

Das Albumtitelstück "Auf allen Wegen" (Track 1; Anspieltip I) eröffnet dieses stilecht in (subkulturelle Underground-)Szene gesetzte Volllängenwerk mit schönem Hardcore Punk, der an The Exploited der '90er Jahre heranreicht, ohne zu kopieren. "Widerstand, Widerstand auf allen Wegen" zeigt allen braungeistigen Idioten den ausgestreckten Mittelfinger und rotzt dabei amtlich vor deren Bug, so wie das muss. "Söldner" (Track 2) bezieht sich thematisch auf Auftragskiller, was zwar auf den ersten Hör ein etwas laues Thema scheint, auf den zweiten, tieferen Blick aber auch Bezüge zu den Kriegen zulässt, die hinter den Akten per Bleihagel geführt werden. Wenn man den Faden weiterspinnt, kann man die Gefährlichkeit auch bis hin zu den Tätern von Halle und Hanau spinnen, was letztlich aber just ein Side Effect ist, den VSK zum Zeitpunkt der Studioaufnahmen sicher nicht im Sinn hatten?! Musikalisch geht der Sound selbst im vorliegenden, komprimierten MP3 Format (*eine Sonderausnahme meinerseits!) schwer in Ordnung. Hier kommt ordentlich Druck von den Ketten, die vor allem vom stark Hardcore-lastigen Gesang amtlich leben. Aber auch mit gelegentlichen-, etwas melodiöseren Einschüben pflegen VSK die Waage zwischen Punk und Hardcore auf gleichberechtigt und ausgewogen zu halten - "Schlag zurück" (Track 3). Die "chorigen" Singalongs stellenweise (Refrainteil) machen Laune und erinnern tatsächlich mit etwas Restschatten an ex-Member Steff. Wenn ich nicht komplett irre, meine ich diesen sogar zu hören?! 

VSK setzen auch mit "Wir" (Track 4; Anspieltip II) auf hohes Tempo und ordentlich kritische Kante - "Euer Wir ist nicht weit...", aber auch via "No Nation, no borders!" unmissverständlich die Haltung klarmacht. "Die Demokratie muss gelegentlich in Blut gebadet werden" (Track 5) dürfte das Stück auf diesem Album sein, das wohl am Stärksten polarisieren wird und in nur 1:37 Minute Punkte aufzeigt, die in diesem Land die Wunden bluten lassen. Abgesehen vom Songtitel, den ich persönlich eher nicht als Möglichkeit ansehe positive Veränderung(en) in Gang zu bekommen, sondern eher als eine Art Geschichtsreflexion verstehe, zumal in vielen demokratischen (resp. der Kapitalgesellschaft-, sprich der Gewinnmaximierung zugeneigten-) Ländern immer wieder blutige Bürgerkriege die Geschichtsbücher füllen. Ob das so tatsächlich auch von VSK gemeint ist, kann nur die Band selbst beantworten. Musikalisch gibt es hier auf jeden Fall ordentlich auf die Zwölf. Die Zweierspitze in Sachen Hauptgesang kommt dabei effektiv mit Breitseite und verdammt stark. 

Erneute The Exploited Einflüsse bringt "Wenn keiner regiert" (Track 6; Anspieltip III) mit und hat nicht nur rasierklingenscharfe Saitenläufe (inkl. des Gesangs) im Gepäck, sondern auch textlich Oberliganiveau in Sachen Punk - "...es ist jedes Mal ein Fest, wenn Ihr jede Scheisse fresst", womit eine Portion Sarkasmus verabreicht wird, was zu Punkmucke gehört wie die Haarfarbe zum Iro. 

Eines der "melodischten" Stücke, zumindest gefühlt, ist mit "Skinhead" (Track 7) gefunden. Zwar ist die Produktion vom Sound her sehr, sehr stimmig und macht dieses Album erst zum Rundumschlag, leider aber hört man bei diesem Stück stellenweise den Text nicht ganz raus. Mir liegen aktuell keine Texte vor. C'est la vie. Also weiter mit "Der Wind hat sich gedreht" (Track 8; Anspieltip IV) einem astreinen Hardcore Punk Sägeblatt, das vom Sound der Gitarren her ein verdammt starkes Stacheldrahtgemisch aus dem Sound des OHL Albums "Die Stunde der Wahrheit" (*1.996) und den bereits erwähnten '90er Jahre Alben von The Exploited hergibt. Der "Krieg" gilt hier "den Palästen". Was darunter zu verstehen ist, dürfte klar sein. Bislang vom musikalischen Abwechslungsreichtum her einer meiner Favoriten auf diesem Album. Ähnlich erfrischend setzen VSK den gesponnenen Faden mit "Widerstand" (Track 9) fort. Hier servieren VSK auch etwas (musikalisch gesehen) leichtere Kost, die Auflockerung zwischen Fallbeilen verschafft. Der Schluss des Stückes bringt auch etwas Humor hinzu, haha. 

Dass VSK auch im Midtempobereich funktionieren und trotzdem noch dreckig genug klingen, unterstreicht "Anker" (Track 11), was die Facettenbreite erahnen lässt. Wem genau die Gaststimme(?) gehört, kann ich nur mutmaßen. Vermutlich (was naheliegt) ist das aber entweder jemand von Alarmsignal oder von Rasta Knast? Antwort dürfte das 12-seitige Booklet mit der V.Ö. mitbringen. Bislang das erste Stück, das vom sonst sozialkritisch-politischen Kontext abweicht. Zu diesem kehrt "Ihr seid Dreck" (Track 12; Anspieltip V) zurück und wendet sich "vertrauensvoll" (haha) an die Regierung. Nur so viel: es geht um's sich den Arsch abfrieren, verhungern und vorbeiregieren, doch das hört Ihr ggf. selbst raus. Wahrlich es gibt, bzw. gab, in den letzten Jahren nicht allzu viele Punkbands, die den Finger so salzgetränkt und dementsprechend platziert im Gesellschaftszentrum der vermeintlichen "Mitte" (sofern es diese überhaupt noch gibt?) angesetzt haben, wenn es um die vermeintlichen Wunden der Nation ging/geht. Manch' eifriger Verfassungsschutzmitarbeiter wird hier (Spoiler?) neue Karrierechancen ausmachen, dessen bin ich mir bereits sicher. Vielleicht wird das Album auch wegen "zu viel Punk" verboten? Wobei man auch nach diesem Album fragen wird wie viel Punk ein Album denn generell darf? Eine Antwort könnte sein, so viel die Meinungsfreiheit hergibt. Schließlich geht es darum die Dinge beim Namen zu nennen. 

"Willkommen" (Track 13; Anspieltip VI). "No Future" vs. "Willkommen in der Zukunft, in der verlorenen Welt, im Lande ohne Sonnenschein, wo Dauerregen fällt...". Allein schon der Lyrics wegen mein zweiter direkter Albumfavorit, der hoffentlich auch im Liveset von VSK nicht fehlen wird?! Es geht nun ins letzte Viertel des Albums. Man kehrt zum Hardcore-zügigen Punksound zurück - "Entmachtet" (Track 14). Auch hier lebt der starke Sound vor allem von den Gitarren, die das nötige Etwas innehaben, das es einfach braucht, um mitzunehmen. Erstmals tauchen auch Sample-Passagen auf, die ich für meinen Teil hier und da als eine Bereicherung in Sachen Musik empfinde. 

Beim Erstdurchlauf von "Das Lager" (Track 15) dachte ich zu Beginn spontan an Slime's "Wir gegen die", was der Funkenflug eines Momentes manchmal ausmacht... Inhaltich nehmen VSK die derzeitig gespaltene Gesellschaft, bzw. Teile davon, unter die Lupe und setzen sich mit den Gedanken derer auseinander, die den Wohlstand nur für sich einfordern, ohne Rücksicht auf Leib und Leben. Zur Erreichung dessen geht die Refrain-betonte Forderung dorthin, wo so manch' eines/einer EkelhAfDen "Wunschträume" in deren Um-Nacht-ung hingehen. Thematisch schließt "Alte Kameraden" (Track 16) an diesen tödlich-gefährlichen Gleichschritt an und beschließt dieses Album mit einem Ausrufezeichen, das als Warnung zu verstehen ist. Finalspoiler: Die Wahrscheinlichkeit dass VSK ins Visier verschiedener Kritiker geraten werden, ist so sicher wie das Amen in der Kirche. Für alle Anderen, die auf originellen Hardcore Punk Sound stehen, kann man dieses Album nur empfehlen. Wer sich jedoch an unverblümten-, bewusst überspitzten Texten stört, der/die sollte lieber weiterhin mit den aktuellen Veröffentlichungen der Ärzte oder den Toten Hosen vorlieb nehmen, die dann doch deutlich milder ausfallen. ;-)

V.Ö. 13.03.20

 

9,0/10 Schafe Schüsse

(Twisted Chords 2.020)

https://www.facebook.com/VSKPunk/

https://vskpunk.bandcamp.com/?fbclid=IwAR3pGganysO_YWIPhVCJK8dJjbEUzuNlv...

Danny B

Schaf Schüsse: 

9
Eigene Bewertung: 9

Review No.: 

Tags: