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TXL "Lautstark autark"

Künstler/Band und Albumtitel: 

Erscheinungsdatum: 

05-2016

Label: 

Genre(s): 

Die Berliner Sympathie(bar-)träger aus dem schnöden Tegel, abseits des BER, mischen die Karten seit Ende Mai wieder neu für die fast schon übersättigte Berliner Muckerszene durch. TXL haben seit der ersten Hör-Begegnung mit dem Album "Angst" (2.013; Review siehe auch hier) vor einigen Jahren ordentlich Gas gegeben. Ihr Humor bleibt manchmal etwas eigen, andere Male etwas drüber, aber doch immer im Rahmen, da ihre Mucke den Bauch mit dem Gürtel wegschnallt. 

Nun liegt mit "Lautstark autark" ein neues Album vor, mit dem TXL beim zugstarken SPV untergekommen sind, der nächste Schritt also. Ob dieser Schritt auch musikalisch standhält galt es herauszufinden. 

Ich hatte (mit respektvollem Verlaub vor den Jungs selbst!) in den letzten Jahren ein wenig den Eindruck, dass es TXL ein wenig an der Wegrichtung fehlte bzw. sie diese gesucht haben?! Rock 'N Roll war, ist und bleibt vermutlich auch die Basis um- und auf der sich die TXLer drehen, doch jedes Album will eben auch vermarktet werden. (Video-)Blogs, Gigs, Fotos, Musikvideo(s)... da steckt eben immer auch 'ne Menge an To Do List hinter jeder Produktion. Ob im Cowboyland oder in der Stripbar auf 'm Kiez - TXL ziehen ihr Ding mit Humor durch. Diese Art Humor ist natürlich dann wie die Mucke selbst Glücks- und Geschmackssache, naja, macht Euch am Besten ein eigenes Bild davon! ;-)

Vielleicht kamen die Sideprojekte/-ausflüge der einzelnen TXLer "Lautstark autark" zugute, wenn man das Album als neuen Entwicklungsstand annimmt. Gereift, gewachsen sind TXL auf jeden Fall, das kann ich vorwegnehmen. Alles andere wäre auch Verschwendung gewesen. Bislang kämpfte ich bzgl. TXL immer mit einem minimalen Zwiespalt, ich saß beim Hören immer wieder zwischen "saugeil" und "hmmmm... da geht doch mehr..." fest. Ich war mehr als "nur gespannt", ob "Lautstark autark" endlich komplett abräumt?

Mit "Einfach Nein" (Track 1) geht es kraftvoll (dank Halid's Stimme), aber doch groovy locker zum CheckIn. Der wiederkehrende Gitarrenloopeffekt, der das Stück vor allem in der ersten Songhälfte durchzieht, erweist sich dabei bei den ersten Durchläufen als gewöhnungsbedürftig. Inhaltlich geht es um das Meer aus Ja-Sagern, das gleichermaßen ein charakterstarkes Statement von TXL ist. Wem ein "Nein" dann doch zu sehr auf den Magen schlägt, der/die bekommt mit "Mir geht's nicht so Herr Doktor (TXL feat. Oimel)" (Track 2) den Soundtrack für den Weg zum Doc geliefert. Wahlweise kann der/die geneigte User/-in sich auch das TXL humor-typische Video geben (siehe Packungsbeilage), das man gesehen haben sollte. Mit "Oimel" als Gast haben TXL den Frontbart der aus Hannover/Stuttgart durchgemischten Nitrogang am Start. Stimmlich passt Oimel klasse zu Halid's Kraftröhre, was dem Song selbst noch eine Schippe mehr Kick verpasst. Die Fahrtrichtung von TXL passt also zu Beginn schon einmal. Der Sound im Allgemeinen ist ausgewogener, hommogener und geht spürbar weicher in die Tonfänger. Da gibt es auch mal hintergründig agierend schön Rock-Blues-Piano mitgeliefert.

Mit dem Albumtitelgeber "Lautstark autark" (Track 3; Anspieltip I) gibt es einen verdammt stark arrangierten Ohrwurmangriff. Ich denke bei manch' kraftvollen Schub von Halid nach wie vor an die Werner Filme, was vor allem den Bikern und Rockern gefallen dürfte. Fakt ist jedenfalls, dass ich einen so einfachen Refraintext selten so gut verarbeitet gehört habe. Der Mehrstimmen(ein)lauf erzielt hierbei eine Dreiklangwirkung, die so manche Liveparty unvergesslich machen dürfte. Da verwundert die leicht popige Ausrichtung von "Es sind Momente, die dein Leben ändern" (Track 4) ein klein wenig. Vom Gesamtsound her fühlt man sich als "Kind des Ostens" stark an die Puhdys erinnert. Schlecht ist aber anders. ;-)

Warum auch immer, aber mit "Nobel geht die welt zu Grunde" (Track 5) kehrt der eingangs erwähnte Zwiespalt temporär zurück. Handwerklich-, musikalisch top, aber es fehlt der bissige Funke, der das gewisse Etwas zum Tanz durch die Gehörgänge mitnimmt. Gut, dass "Du hast mir nichts zu sagen" (Track 6) direkt zu Beginn dank starkem Riffings wieder mehr TXL Kante mitbringt und diesen Zwiespalt wieder vergessen macht. Zwar stellenweise leicht sperrig, aber insgesamt rund im Lauf. Vor allem die Soli gegen Ende inmitten des Schulle (nein, nicht der von Toxpack!) Bollwerkfeuers gehen erstmals auf Tuchfühlung mit dem Metal.

Mit "Rock 'N' Roll Man (feat. Chappi)" (Track 7; Anspieltip II) kommt nicht nur der erste englischsprachige Song von TXL überhaupt zu Ohren (zumindest kannte ich bis dato keinen von TXL), sondern punktet auch noch auf ganzer Linie. Nicht nur, dass dabei die TXL Ursprungseinflüsse von AC/DC wieder durchsickern, was TXL immer stark zu Gesichte stand, sondern auch der Song selbst geht wie Öl durch den Motor. Und wenn TXL eh schon beim Gästeempfang sind, passt das eher ruhigere "Ich hab's geseh'n (TXL feat. Ayman)" (Track 8; Anspieltip III) bestens ran. Auf seltsame Art und Weise fühlt man sich an die '80er Jahre ZDF-Hitparadenabende mit Heck erinnert, die Teil der eigenen Kindheit waren. Irgendwas zwischen Nino de Angelo Pop/Schlager und einem echten One-Hit-Hit-Wonder, das mir wieder einmal auf der Zunge festsitzt und mich fast irre macht, weil mir der Titel partout nicht einfallen will. Dammit!

TXL haben vermutlich ihr Album bewusst so gestaltet(?), denn plötzlich läuft's run im Setting. Man hört gern hin und lässt direkt durchlaufen, "Zieh mit dem Wind" (Track 9). Was hier vom Titel her etwas an die Onkelz erinnert, entpuppt sich als stilechter TXL-Nach-Hause-Schicker, mit Mutti-Zettel im Gepäck. Was auf den ersten Augenschein beim Lesen des Songtitels wie ein starkes, wahres Statement bzgl. des Umgangs mit Tieren scheint, entpuppt sich als eine Abrechnung zwischenmenschlicher Enttäuschung, -"Wer den Mensch kennt, liebt das Tier" (Track 10). Zwar geht das in Ordnung, aber ehrlich gesagt, freute ich mich bei dem ersten Trugschluss bzgl. des Pro-Animal-Statements auf einen starken Text, so aber reiht sich der Song in eine tausendmal gehörte Thematik ein. :/ Dann lieber den Country-Western (weil mit Mundharmonika beginnend) zugetönten Akustiksong "Alles hat seine Zeit" (Track 11; Anspieltip IV), der direkt einwickelt und verpackt. Catchy hoch drei, vor allem dank der Percussion. Chor-Singalong pur und vor allem überraschend, nicht zuletzt dank der cineastischen Parts im letzten Songviertel.

Es scheint in Richtung Albumende deutlich mehr mit Harmonien und leichterer Kost zuzugehen, was dem Album selbst gut tut, "Mach dich auf" (Track 12).  Dank "Du bist so geil (TXL feat. Carmen)" (Track 13) kommt dann auch der Pornobalken unter dem "autark" zum Zuge. Zwischen spätpubertär, pornös und cool wird abgeledert. Dieses Stück wird sicher nicht jede/-n begeistern, aber Live bestens funktionieren. Mit fast schon zaghaften Tönen verabschieden sich TXL im offiziellen Teil mit "Nichts ist für immer" (Track 14; Anspieltip V) und lassen echte Gänsehautmomente aufkommen, weil das, was TXL hier besingen, jede/-r kennt, dessen/deren Leben nicht problemlos verlief. Hut ab, Hammersong! 

Als Bonus gibt es "Keine Zeit" (Track 15) obendrauf. Doch den checkt Ihr mal schön selbst. "Lautstark autark" ist ein deutlicher Schritt nach vorn und ist definitiv weniger erahnbar als "Angst" und "Kopfschuss". 

 

7,45/10 Schafe Schüsse

(Laute Helden/SPV 2.016)

http://www.txl-band.de/

https://www.facebook.com/txlband/

Danny B

Schaf Schüsse: 

7
Eigene Bewertung: 7

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