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SVEN DOHROW "Die Abenteuer der Twins, Electronic Pop in den 80er Jahren" [Buch]

Künstler/Band und Albumtitel: 

Erscheinungsdatum: 

06-2018

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Genre(s): 

Ich habe mittlerweile einiges an autobiographischen Büchern gelesen und keines der gelesenen Bücher glich dem Anderen, was auch für das Buch von Sven Dohrow, Teil des Electronic Pop Duos The Twins gilt. In Sommerhimmelblau und Hochglanzpapier kommt dieses 320 Seiten starke Buch daher und hat demnach einen gewissen Grundstil im Material, der zunächst einmal ein Plus hergibt. 

Dohrow selbst trat bereits 2.014 als (Mit-)Autor des Buches "Großes Golf - Der moderne Schwung: Wege zum besseren Handicap" in Erscheinung. Musikalisch gesehen erschien auch gerade erst ein neues Album von The Twins, was natürlich im Zuge der neuen Buchveröffentlichung "Die Abenteuer der Twins" Sinn macht.

Dohrow entführt den Leser in die letztlich doch sehr Ich-bezogene Welt seiner Rückblicke, zumindest drängt sich dieser Eindruck mehr und mehr beim Lesen auf. Zwar kommen Technik Nerds und Musiker mittels der Ausführungen den Synthie Pop/Electronic Pop Spuren recht nahe, jedoch fehlt bis zum Ende dieses Buches: das sogenannte "Dreckfressen", das zum Musikerdasein einfach dazu gehört. Wer jetzt Neid wittert, ist auf der völlig falschen Spur, denn alles, was The Twins erreicht haben, haben sie faktisch ihren Kompositionen zu verdanken, für die es in den '80er Jahren definitiv eine Zielgruppe gab, zumal in jenen Jahren Musik tatsächlich noch der Unterhaltung, statt der ständigen Tiefenanalyse, diente. The Twins unterhielten ihr Publikum zweifellos, im Osten, wie auch in Westen des Landes (inkl. der Ost- und Westblockstaaten). 

Was das Leben hinter dem Vorhang (und damit meine ich nicht mal die Mauer zwischen der BRD und der DDR) angeht, so erschien es mir, abgesehen von den Anfangskapiteln, immer dekadenter und großspuriger zu werden, einer Parallelwelt ähnelnd. Mich als Leser interessieren die teuren Restaurants in denen man gräflich gespeist hat nicht, genauso wenig welchen Porsche man sich kauft(e) - mich interessiert eher das Leben selbst, der Beweggrund hinter etwas. Z. B. wie man den Mauerfall erlebte oder die Nuklearkatastrophe in Tschernobyl vom 26. April 1986. Doch keine Spur davon in diesem Buch, das sich mit Bezug auf Russland nur auf die dortige "Tour" der Twins bezieht. 

Sicher, die Namen, die in diesem Buch als Wegbegegnungen wie der Rahmen von etwas erscheinen, das auch mit viel Glück einherging, verstreuen schon etwas eigenen Kosmos, täuschen allerdings nicht über das Bild hinweg, das sich einem zunehmend mit dem Buchverlauf regelrecht aufdrängt. 

Die Schreibweise Dohrows erschien mir zu Beginn ein wenig dem eines Schüleraufsatzes, der eine gute Note erzielen will. Es fehlt an Atmosphäre, die mitzureißen weiß. Im Buchverlauf gibt es diebzgl. zumindest stellenweise Lichtblicke, bei denen man sich (auch mit Hilfestellung einiger YouTube Videos, die quasi Originalaufnahmen aus den '80er Jahren sind) einen authentischeres Bild des Damals machen kann. Ich erinnere mich z. B. an ein etwas skurriles Bild, bei einem der Videos (in Sachen Gesamteindruck des im Buch beschriebenen) als ein Showtränzer mit einem The Adicts Shirt für The Twins das Show-Beiwerk eines Auftrittes im italienischen TV Show hergab. Pop und Punk hatten weder in den '80ern, noch in den '90ern irgendetwas gemeinsam. Nun ja... 

Mir persönlich stießen einige Aussagen in diesem Buch mit seltsamen Geschmack eher säuerlich auf. Zuletzt z. B. im Outro, wo Dohrow schreibt: "Dieses Comeback der Twins wurde möglich, weil unsere vielen Fans aus der Ex-DDR nunmehr frei entscheiden konnten, von welchen Bands sie Schallplatten kauften und von welchen nicht." (*Zitat) Das liest sich nicht nur unglücklich... man konnte in der DDR tatsächlich selbst entscheiden welche Platten man kaufte, es gab sogar Amiga Pressungen von sogenannten "westlichen" Bands, die als "verrufen" galten, z. B. AC/DC. Doch wie bereits angedeutet, unterliegt dieses Buch einer Kragenweite, die meinem Hals nicht zu stehen weiß. Was sich ein wenig so anfühlt wie eine geschrieben-musikalische Popausrichtung in der Art von "Die Abenteuer des Hucleberry Finn und Tom Sawyer", hinterlässt letztlich den Geschmack von Kalkül. Ich bin kein Richter über Andere und erkenne das Schaffen der Twins natürlich respektvoll an, zumal sie ihre Hits (wie "Ballet Dancer" z. B.) hatten. Schade ist nur, dass die '90er und die letzten 18 Jahre eher oberflächlich abgehandelt wurden, was letztlich dem Beititel unterworfen sein mag. 

Dieses Buch wird seine Leserschaft finden, wenn es auch eher an der Oberfläche herumplätschert, anstatt etwas mehr in die Tiefe zu gehen. Die Ansätze sind stellenweise vorhanden und die Detailliebe des angefügten "Appendix" ergänzt viele Einblicke erst, was sich letztlich als etwas mühsam für den Gesamtlesefluß erwies.

4,0/10 Schafe Schüsse

(SDM Verlag 2.018)

http://sdm-studio.de/

http://the-twins.de/

https://www.facebook.com/thetwinsberlin

Danny B

Schaf Schüsse: 

4
Eigene Bewertung: 4

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