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LETZTE INSTANZ "Morgenland"

Künstler/Band und Albumtitel: 

Erscheinungsdatum: 

02-2018

Label: 

Genre(s): 

Kaum hatte "Liebe im Krieg" (*2.016) ein zielsicheres Ausrufezeichen mit dem eingravierten Herz-Logo der Letzte(n) Instanz in die Musiklandschaft gesetzt, kam kürzlich das Folgealbum "Morgenland" quasi direkt aus dem Studio zu Ohren der alten- und neuen LI Fans. Von den immerwährenden, leider nach wie vor aktuellen Kriegsnachwegen, den Narben auf der Seele, haben sich LI mit "Morgenland" auf den Weg gemacht, neue (konzeptionelle?) Welt(en) zu entdecken und das im 20. Jahr seit ihrer Bandgründung. Es scheint als habe "Liebe im Krieg" die Band einem neuen Musikhunger entführt, der nun ausgelebt wird und tatsächlich (so viel vorweg) auf neuen Weiten/Fluren Neuland gründet.

Die "grüne Flagge der Liebe", die auf dem Coverartwork symbolisch in neue Erden Ankunft feiert, erinnert der Farbgebung wegen an eine Mischung aus Irland und Type O' Negative, doch beides hat mit diesem Album so viel zutun wie die AfD mit der Linken, wenngleich LI auch auf diesem Album wieder sozialkritische(re) Töne anschlagen, wie bereits auf "Liebe im Krieg" schon. Das Albumtitelstück (gleichzeitig Opener) "Morgenland" (Track 1) geht rockiger ausgelegt zwischen Ebbe und Flut in ein Meer aus Dynamik und melodiesicherer Eingängigkeit in die Lüfte dieser Reise. Regelrecht optimistisch geht es los, während die Produktion vollmundig die Ohren umschmeichelt. Was bereits beim Opener schon auffiel, entfaltet sich bei "Schwarz" (Track 2; Anspieltip I) weiter. Das dynamisch-abwechslungsreiche Spiel von Andy Horst (*Drummer), der zusammen mit Holly Loose im Zentrum dieses Ohrwurms steht. Zeilen wie "Sie sehen Schwarz - doch wir seh'n weiter..." passen nicht nur in diese zynischen Zeiten, sondern bringen auch den Nebeneffekt mit sich der Gothic Szene ein Kompliment zu machen, deren bekennenden Teile gewiss auch viele LI Fans beherbergt.
Fast noch tanzbarer geht ein wenig Unheilig-nah bei "Disco D'Amour" (Track 3) zu. Was allerdings deutlich von Unheilig unterscheidet, ist die Art von Holly's Gesang und der hauseigenen Spielweise(n). Aus der "Disco D'Amour" heraus, geht es direkt zurück auf die Strassen der Realität und bringt eine Art Kampfansage mit sich - "Mein Land" (Track 4). "Benzin in jedes Feuer, in die falsche Richtung steuernd..." bringt die sich immer wieder/immer noch gegenüberstehenden (politischen) Seiten auf den Punkt, deren Probleme leider noch lange nicht überwunden sind. Weder geschichtlich, noch in den Köpfen und Herzen der egoverseuchten Menschen zwischen Neid, Intoleranz und Misgunst.

Erst mit "Glücksritter" (Track 5) liegt etwas mehr Raum in der Weite dieses Albums. Ist das Morgenland also das Niemandsland? Hierbei taucht sogar ein Funken der Geschichte auf dem Blatt des Textschreibers auf, denn vor nicht ganz 30 Jahren hätte dieses Lied (zumindest in einer bestimmten Zeitspanne; im Übergang die DDR in die BRD zu integrieren) durchaus auch zugetroffen. Da passt "Ikarus" (Track 6; Anspieltip II) gedanklich durchaus super in die Chronologie, zumal es einst einen sogen. "Ost Hit" gleichen Titels (*von Phudys) gab. Allerdings sei gesagt, dass LI nur den Liedtitel damit gemeinsam haben. Hier breiten sich die Flügel aus und lassen Live mit Sicherheit Feuerzeug-/Handylichtermeere entstehen. Immer kurz vor der Gänsehaut, wird diese Schwelle Live mit Sicherheit überschritten. Hier sind es vor allem die ruhigen Parts, die die Emotionen vertiefen. Emotional bleibt es, jedoch schwingt sich "Noch einmal" (Track 7) mittels Midtempo und Pop-zarter Bande weiter vorwärts auf neue Wege der LI. Freilich darf man daran denken, dass die LI die Lücke des abgedankten Grafen (Unheilig) recht locker schließen könnten (zumindest seit dessen größeren Erfolgen mit neueren Stilmitteln), jedoch erheben LI mit keiner Silbe den Anspruch darauf. Ganz im Gegenteil, unbeirrt folgen sie ihren eigenen Wegen, die auch gern mal rockiger von den Saiten fallen, wie man bei "Asche zu Gold" (Track 8) hören kann, was ihnen wirklich klasse steht. Die Breaks im Gesamtarrangement bringen Eingängigkeit und Abwechslung zur Fusion. Violine und Cello fließen dabei auf diesem Album bislang dezenter und songdienlicher ein.

Regelrecht opulent/orchestral besticht infolge dessen "Du lebst" (Track 9; Anspieltip III) und hat das Zeug für Breitbandkinotiefe. Die Balance, die hier zwischen Nostalgie und der Verortung im Hier & Jetzt das Feuer zu entfachen weiß, hat echte Singlequalitäten inne. Chapeau! Erneut besticht hier eine ordentliche Portion Positivität. Dagegen hört sich "Wellenreiter" (Track 10), vor allem beim ersten Durchlauf, etwas gewöhnungsbedürftiger an. Musikalisch lässt man hierbei die Wogen weiter ausholen bzw. entführt man in mehr offene Tiefe. Erst bei "Symphonie" (Track 11) lässt man Violine und Cello sich (einander fundamental annähernd) umwerben. Dank des Refrainteils steckt auch hier Ohrwurm"gefahr" im Futter. Gerade dieses Stück könnte ich mir auch sehr gut in akustischer Version vorstellen.

Mit "Für immer sein" (Track 12) schließt sich das Rund von "Morgenland" im offiziellen Bund. Warum mich ausgerechnet dieses Stück an den Geist der Weihnacht erinnert, kann ich nicht genau sagen, aber es passt zu dem, was ich (subjektiv!) unter WAHRER Weihnacht verstehe.
Die Bonusabteilung wartet mit zwei Stücken auf. Ersteres ist "Armageddon" (Track 13; Anspieltip IV). Im Remix/Electro-affinen Stil beginnend, erinnert es leicht an Rammstein Anfänge (rein musikalisch!) und hat doch dieses gewisse Etwas, das mitnimmt. Ein Mix aus (Rammsteins) "Stripped" (Version) Basics und Die Krupps in softerer Auslage. Zum Final-Finale gibt es mit "Children" feat. Orphaned Land (Track 14; Anspieltip V) ein nicht minder hörenswertes Stück. Die Wehmut verschmilzt mit orientalischen Elementen und wirbt dreisprachig für mehr Frieden. Vor allem die Tatsache, dass hier isrealischer Heavy Metal mit dem Letzten Instanz Stil verwoben wurde und auch noch funktioniert, macht dieses Stück just umso größer. Man kann nur hoffen, dass solche Art von Zusammenarbeiten auch in Zunkunft häufiger stattfdinden?!
Alles in allem ist "Morgenland" zwar definitiv anders als "Liebe im Krieg", erscheint mir aber wie ein weiteres Kapitel (das mit dem 2.014er Album "Im Auge des Sturms" begann) von etwas, das noch weiter gehen wird. P.S. Ich hätte mir auf "Morgenland" insgesamt gesehen (bzw. gehört ;-) ) ruhig noch etwas mehr Experimentierfreude von den Instrumentalisten gewünscht.

7,85/10 Schafe Schüsse
(AFM Records/Soulfood 2.018)

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Danny B

Schaf Schüsse: 

7
Eigene Bewertung: 7

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