Bild des Benutzers DannyB

FRIEDEMANN "(Unterwegs)" [2CD Livealbum]

Künstler/Band und Albumtitel: 

Erscheinungsdatum: 

02-2017

Label: 

Genre(s): 

Friedemann von der C.O.R.-Küste Rügens ist vor allem in den Reihen sogenannter "Unangepasster", Andersdenkender längst ein bestens vertrauter Name mit Inhalt(en). "Inhalt" ist auch das Stichwort, wenn es darum geht, was im Zentrum seiner Musiken steht. Inhalt und manchmal auch Innehalten im Inhalt. Nachdenken, für sich selbst etwas mitnehmen und möglichst lächelnd den Weg weitergehen, so in etwa könnte man die Essenz dieses wunderbaren Livealbums vorab beschreiben, das im Rahmen der letztjährigen (*2.016) "Solo + Band" Tour von Friedemann in Berlin aufgenommen wurde. 

Soweit ich las, hatte man einige (oder sogar jedes?) Konzert der Tour mitgeschnitten, warum die Wahl explizit auf Berlin fiel, wissen Friedemann und seine Bandkollegen allein. Nun ja, Livealben, die in Berlin aufgenommen werden haben quasi Tradition und vielleicht lebt auch der Verkauf ein wenig vom weltlichen Flair Berlins? Egal. Wo Friedemann draufsteht, da ist Friedemann drin, mit jeder Faser tätowiert-"knalligen" Daseins. 

In schönem Pappschuber kommt dieses Doppelalbum frei Haus, was allerdings so seine Tücken hat, denn beim Herausnehmen der CDs + Booklet braucht es immer wieder Geduld, gepaart mit ordentlich Zugkraft und Fingerspitzenfeingefühl, wenn man nichts kaputtmachen will, da es immer wieder zu sehr in der Hülle festklemmt. Die Alternative ist, das Ganze nicht wieder zusammen da rein zu pappen. Kleine Makel und Kanten machen großartige Dinge aber nun einmal aus und ich möchte deshalb nicht meckern, sondern just konstruktiv zur Optimierung beitragen. 

Das Coverartwork (erneut von Conny Ochs) ist einmal mehr das visuelle Pendant zu den Friedemann Liedern, die mit dieser Livescheibe bekannten Wegsoundtrack in uniquer Art bieten. Ergänzend dazu die Gedanken von Friedemann, die man im Booklet nachlesen kann. Aus dem lauten Jungen von einst ist ein bedachter-, sich selbst (inkl. seine Umgebung) reflektierender Mann geworden, der aus dem Schatten der Dinge mit einem Lächeln herausgetreten ist. Nicht für den Applaus, sondern zu allererst für sich und seine Familie. Here he goes. 

[CD1] Mit "Am Meer" (Track 1) und dem überzeug(t)enden "Paola" (Track 2) startet dieses Livedokument vom 20.03. 2.016 in der Berliner Jägerklause. Mich als Freund von Livealben freut vor allem, dass die Ansagen ungeschnitten auf dem Album belassen wurden (was bei vielen Livealben nicht der Fall ist), genau diese machen es noch authentischer und zeigen vor allem den Schaffenden hinter Musik und Text - "Nackenbrecherblues" (Track 3; Anspieltip I). Stilbreiten stecken im Detail und den nötigen Hunger auf der Zunge, die der jahrerostigen Stimme diesen angenehmen Sound verleiht. Auch C.O.R. Songs kommen zum Zuge, wie es mit "Geräusch" (Track 4) oder auch mit dem (leider) zeitlos gebliebenen Spiegel (insbesondere) Europas in Form von "Lampedusa Blues" (Track 5; Anspieltip II) der Fall ist. Thematisch passt das selbstreflektierende "Haben und Brauchen" (Track 6; Anspieltip III) mit den wieder deutlich ruhiger-verträumteren Tönen bestens ins Liveset. 

Einer meiner persönlichen Friedemann Faves ist "Knall" (Track 7), dessen Ansage zwinkernd einen wahren Blickwinkel stimmig sein lässt. Vor allem den rockigen Flow der schön dreckigen Gitarre mag ich besonders. Einfach gehalten, aber effektiv catchy. 

Andere Male ist es Janko's Akkordeon, das einen atmosphärischen Teppich untendrunter ausrollt, von dem getragen Friedemanns Stimme in warmen Farbton Bilder malt - "Lied aus Stille" (Track 8; Anspieltip IV). Zum Ende hin kommt etwas mehr Wechselbad zwischen Stille und lauten Gedanken zu Zuge. "Gejammer" (Track 9; Anspieltip V), das diesen unwiderstehlichen Lauf hat und auch in dieser Liveversion wieder mitnimmt. "Möglichkeiten" (Track 10) rundet diesen ersten Teil dieses Albums ab. 

[CD2] "Nichts können alles machen" (Track 1) nimmt die Fahrt wieder auf und erzählt selbstredend von Friedemann, nicht ohne diese kleinen Eigenheiten, die Friedemann auch als gereiften Unterhalter hören lassen. Der Albumtitelsong "Wer hören will muss schweigen" (Track 2; Anspieltip VI), den ich schon in der Studioversion verdammt stark fand, weiß auch Live seine narbenreichen Flügel auszubreiten und lebt vor allem vom nachverlangten Saitendampf, wobei man sagen muss, dass gerade bei diesem Stück Friedemanns Bandkollegen diesem Song erst die Größe und Würze mitverleihen. Ähnlich auch bei "Unschuld" (Track 3), nur eben etwas Blues-Rock-iger. 

Wie wichtig die Ansagen sind, zeigt sich hier erneut klasse, zumal Friedemann die Story der Entstehungsgeschichte des Stückes kurz umreißt. Dabei bleibt nie gänzlich aus, dass das Leben nie still steht und auch C.O.R. Teil des Lebens bleibt - "Segeln" (Track 4; Anspieltip VII). Bei "Segeln" wird mir persönlich immer wieder neu klar auf welch' einfache Weise man wirklich frei sein- und merken kann wie einfach es ist glücklich zu sein. Wie Eckart Von Hirschhausen (*Comedian/Kabarettist) einmal so treffend weise sagte "Schwer ist nur einfach zu sein.". ;-) "Segeln" kommt hierbei in einer weiterentwickelten Liveversion durch die Boxen. 

Dass es bei Friedemann Konzerten nicht immer nur bitter(bier)ernst zugeht, gibt die Humornote vor "Daneben" (Track 5) mit. Was Friedemann nicht nur augenscheinlich in Form seiner vielen Band-Tribut-Tattoos als großen Musikfan allgemein auspreist, ist die Tatsache, dass er und seine Kollegen sich auch an Coversongs wagen. Ein guter Coversong braucht Grundrespekt (vor dem Original), Liebe zur Musik, Verständnis und die Fähigkeit ein Stück so wiederzugeben, wie man es selbst empfindet. Im Falle des Gerhard Gundermann [R.i.F.] Stückes "Wo bleiben wir" (Track 6) gelang bzw. gelingt es Friedemann und Band (immer wieder) den Song so klingen zu lassen als sei es ein eigener. Genau dieser Spirit macht Friedemann und seine Band (zumindest für mich) ein großes Stück weit aus. 

Um nicht alles vorwegzunehmen seien Euch u. a. auch die Ansagen vor "Freiheit" (Track 7) und "Glück" (Track 8) unbedingt empfohlen. Natürlich soll das nicht von der Musik ablenken, keineswegs. Es passt just in den Kontext und bietet die Chance mal in sich zugehen und sich zu erden. Grundgeerdet hört sich auch das Lemmy [R.I.P.] tributzollende "Gott" (Track 9; Anspieltip VIII) im Blues Rock mit deutlichen Motörhead Einschlag klasse an. Die Kenner werden's erkennen. ;-) 

Am Ende ist es dann fast ein wenig schade, dass "Nicht zur Arbeit" (Track 10) den Vorhang fallen lässt. Gut, dass man das Album direkt noch einmal von vorn hören kann. 

Für meine Ohren ein guter Entschluss das Album gekauft zu haben. Sicher, ich kann es mir nicht leisten jedes Album, das ich bespreche zu kaufen, zumal ich bei vielen Bands/Musiker(n)/-innen meist auch gar nicht weiß, was mich erwartet. Bei denen aber, die meinen Geschmack treffen, kaufe ich von Zeit zu Zeit mal etwas und wenn es "nur" ein Shirt ist. Vergessen wir nicht, dass Musikmachen auch Kosten für Musiker/-innen schafft. ;-) In diesem Sinne, kauft Euch dieses Album, es lohnt sich!

Schafe Schüsse Hammermarke!

10/10 Schafe Schüsse

 

(Exile On Mainstream Records/Soulfood 2.017)

http://friedemann-ruegen.de/

https://www.facebook.com/Friedemann.ruegen/

Danny B

Schaf Schüsse: 

10
Eigene Bewertung: 10

Review No.: 

Tags: