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FEINE SAHNE FISCHFILET "Sturm & Dreck"

Künstler/Band und Albumtitel: 

Erscheinungsdatum: 

01-2018

Genre(s): 

Bei den WaterkantPunks aus Rostock/Greifswald läuft es (derzeit) wie geschnitten Brot. Ausverkaufte Konzerthallen, ein aktuell-rundum beachtenswertes Filmfeature von Band und insbesondere Fronter Jan "Monchi" Gorkow... - Tendenz weiterhin (auf-)steigend. Wenn man bedenkt, dass diese Band gerade mal (bzw. bereits) seit 11 Jahren besteht (was sie zumindest diesbzgl. in die Nähe vom Erfolgsphänomen Jennifer Rostock stellt), stehen die Weichen (bzgl. dieser musikalischen Stil-Breitengrade) bestens eines Tages als eine der musikalisch-, wie auch ideell einflussreichsten Bands hierzulande, nebst zeitaktuell großen Namen wie den Toten Hosen, Böhse Onkelz, Broilers, Slime, Dritte Wahl, Die Skeptiker oder auch besagter Jennifer Rostock, sowie Swiss & Die Andern in den Büchern/Fachzeitschriften als unumgängliche Musikgeschichte genannt zu werden. Insofern kann man nur gratulieren die bandbetreffend richtigen Entscheidungen getroffen zu haben.
"Sturm & Dreck" ist das fünfte Album nach drei Jahren (ohne Albumrelease), deren Wartezeit durch diverse Singlereleases (inkl. Theaterausflug) verkürzt wurde. Mich persönlich haben FSF einst beim "Resist To Exist" Live abgeholt und mitgenommen, zunächst mit dem After-Party-Klassiker "Komplett im Arsch", den ich auch heute noch abfeiere. Spätestens seit "Warten auf das Meer" (*vom Album "Bleiben oder Gehen"; 2.015) haben sich FSF jedoch als eine deutlich gereiftere-, erwachsenere Band bewiesen, die nicht nur mit politischen Aktionen Alarm macht, sondern sich auch den Themen des Alltags zuzuwenden weiß. Politisch dagegenzuhalten und für seine Meinung einzustehen, ist jedoch ganz gewiss wichtiger denn je, das möchte ich keinesfalls geschmälert verstanden wissen. Am Ende macht es aber die Themenmischung inmitten aller musikalischen Vielfalt. Von Vielfalt nährte sich das Flair/der Esprit dieser Jungs bislang stetig.

Bereits der Opener "Zurück in unserer Stadt" (Track 1), den man mittlerweile bereits via Videocheck kennt, geht auf eben jene Partyqualitäten zurück zum Abriss, den FSF mit Sicherheit öfter ausschweifend zelebriert haben. Die Grundessenz ist, es ist nicht wichtig wo du feierst, sondern mit wem. ;-) "Alles auf Rausch" (Track 2; Anspieltip I) geht ähnlich partykompatibel zu Ohren. Mit typischen Ska-Bläserelementen im Gepäck geht der Ohrwurm auf die Reise durch dieses Album. Diese Ska Elemente werden bei dem akustisch beginnenden "Angst frisst Seele auf" (Track 3) ausgeweitet und gehen zu ernsteren Alltagsthemen über. Dieser Song geht als Mutmacher an all' die kleinen Dorfpunks-, wie auch Widerständler/-innen raus, die trotz Unterzahl/Einsamkeit auf weiter Flur und täglichen Drangsals dagegenhalten und ihre Meinung nicht aus Angst vor Gewalt niederlegen. Musikalisch eine typische FSF Nummer. Mehr bleibt zu diesem Song nicht zu sagen. ;-)

"Schlaflos in Marseille" (Track 4; Anspieltip II) geht wieder auf die Tische zum Tanzen. Das Partymotto, "Party ist, wo man will." geht dabei stark tanzbar und lauthals klar. Nicht zuletzt wegen diesem Song, denkt man an ein wenig Die Toten Hosen (zu "Damenwahl" Zeiten) zurück. Von Marseille geht es zurück und kommt "Zuhause" (Track 5) an. Inhaltlich befasst man sich damit, was man mit dem Gefühl des zu Hause seins verbindet. "Alles anders" (Track 6; Anspieltip III) geht dagegen ruhig bis ganz tief hinein und hat dieses gewisse Etwas als Fundament, das 'ne Menge Gänsehaut hochzuholen weiß. Genau diese Facette(n) von FSF ist es, die sie mittlerweile auch verdient Erfolge feiern lassen. Auf einfache Weise, aber genau deshalb so real (be-)greifbar.

Bereits an dieser Albumstelle merkt man, dass diese Jungs sich kollektiv mehr Gedanken bzgl. der Mucke gemacht haben, was nicht heißt, dass sie nicht mehr Ärsche treten könnten, denn "Dreck der Zeit" (Track 7; Anspieltip IV) beweist das Gegenteil. Die Attitüde, die hier mitschwingt, wurde verdammt fett eingefangen (auch dank der satt-soundigen Produktion). Allein der (An-)Satz "Wir lächeln in den Abgrund..." hat 'ne Menge Spielraum inne, um verstanden bzw. interpretiert zu werden. Mit so hohem Punk Rock  an der Waterkant, gefallen mir persönlich FSF immer noch am Besten, was natürlich schwer subjektiv ist, aber keinesfalls heißt, dass die ruhigeren Stücke nicht mindestens genauso viel Qualität und Charme haben. Just die Ebenen unterscheiden sich dabei. ;-) "Ich mag kein Alkohol" (Track 8) bedient erneut das Hangover Feeling. Kann man zwar machen, suggeriert aber eben auch etwas viel Partysoundtrack als Beilage. Das kann man durchaus in Frage stellen/diskutieren, jedoch räumt man selbst dann doch anderen-, wichtigeren Themen Priorität(en) ein. Erst gegen Ende des Stückes könnte man die textuale Aussage augenzwinkernd auch in Richtung Gazetten verstehen, mal wieder etwas Tratsch Trash von Bord zu werfen.

Mit "Suruç" (Track 9; Anspieltip V) wird es thematisch bitterernst. Inhaltlich liegen dem Lied ein Selbstmordattentat vom 20.07. 2.015 in der türkischen Stadt Suruç  (*ca. 10 km von der syrischen Grenze entfernt) zugrunde, bei dem 34 Menschen starben und 76 verletzt wurden. Musikalisch nimmt man stellenweise kleine Slime Nuancen als Einfluss wahr. Wenn man genau zuhört, erfasst einen die Sinnlosigkeit solcher Taten mit hartem Griff. Musikalisch das bislang abwechslungsreichste Stück auf diesem Album und nicht zuletzt u. a. deshalb auch eines meiner persönlichen Favoriten auf diesem Album. Da fällt es schwer bei "Wo niemals Ebbe ist" (Track 10) gedanklich rein- bzw. anzukommen. Am Besten kurz mal innehalten und dann weiterhören.

Bandhymnenzeit. Respektive Zeit für eine Hymne an die Freundschaft "Wir haben immer noch uns" (Track 11), was wie ein Fest aus FSF, den Toten Hosen und den Broilers klingt und gerade deshalb seinen besonders eingängigen Charme in petto hat. Singalong frei Haus. Zum Abschluss gibt es eine Liebeserklärung an die Eltern von Fronter "Monchi", die sicher nicht wenig mitgemacht haben/zu durchstehen hatten, wie man hören kann - "Niemand wie ihr" (Track 12). Ich habe selten so leichtfüßigen herzergreifenden/herzlichen Tiefgang im Feld harten Tobaks gehört. Damit geht ein (von der Musik her) ziemlich rundes Album ins Finale und hinterlässt die Tatsache, dass man "Sturm & Dreck" immer wieder hören kann, ohne dass es sich abnudelt.

8,65/10 Schafe Schüsse
(Audiolith Records/Broken Silence 2.018)

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Danny B

Schaf Schüsse: 

8
Eigene Bewertung: 8

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