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ES WAR MORD "Unter Kannibalen"

Künstler/Band und Albumtitel: 

Erscheinungsdatum: 

06-2017

Label: 

Genre(s): 

Na huch, was kam da denn vor einiger Zeit aus der Stadt, die mein Herz liebevoll fies besetzt hat? Direkt aus Berlin kommt das zweite Album der mir bislang leider unbekannten Es War Mord, deren Mucker sich aus hochwertigen Bands rekrutieren - Vorkriegsjugend, Jingo De Lunch, Die Skeptiker, sowie The Rest, Zerstörte Jugend, Porno Patrol und No Alligans sind die Namen, die Es War Mord zur Folge haben. Das schraubt natürlich die Erwartungen vorab ein wenig höher, grenzt dafür aber das Genre auf den gemeinsamen Nenner Punk/Punk Rock ein. 

2.016 hat man bereits bei einem anderen Label das Bandnamen-betitelte Demo veröffentlicht, umso mehr wundere ich mich nichts davon mitbekommen zu haben, was sicher an meinen eigenen Lebensturbolenzen und dem daraus resultierten Chaos gelegen haben mag.

Nachdem Es War Mord nun zum Hamburger Label Sounds Of Subterrania gewechselt sind, folgt nun mit "Unter Kannibalen" deren zweites Album, das mein Einstieg in deren "Mordswelt" ist. Die langen Respektschatten der eingangs erwähnten, sich verdienten Bands,  fallen erneut hinter mich und "Gespenster" (Track 1) eröffnet die Welt hinter dem Holzschnitt (*dessen Titel "es lebe das 21. Jahrhundert" ist) zum Finaldurchlauf. Kurz sei erwähnt, dass man dieses Album ursprünglich "Erinnerungen des Agenten, der aus Notwehr mit den Kannibalen knutschte" nennen wollte, was für den bandinternen Humor spricht. Doch zurück zum Opener "Gespenster", die direkt mit Punk Rock Pogo loslegt, der nach vorne geht. Der leicht verzerrte Gesang von Frank "Stunk" Stetefeld sorgt schon beim ersten Check-In für Wiedererkennungswert, was Es War Mord definitiv zugute kommt. Vor allem die Erfahrung aller Band Members tut das gebündelt Übrige zum Arrangement, das mit Schmiss und Variabilität für Sympathie sorgt. Auch "Das Blut an den Fahnen" (Track 2; Anspieltip I) lebt von diesem Esprit und bringt eine Punk typische Thematik zur Sprache, was an so manchen "Schlachtrufe BRD" Sampler denken lässt. Die Produktion kommt dabei nicht zu steril rüber, sondern lässt den Dreck unter den Nägeln zu - "Substanbul" (Track 3; Anspieltip II). Zwar lässt der Songtitel hinter all' dem E-Moll-Pogo an Instanbul denken und die immer noch brisante Lage in der Türkei, aber interpretieren soll das jede/-r selbst. Die Songtexte findet man im Booklet, leider aber so klein, dass es nicht gerade augenfreundlich ist. 

Manchmal fühle ich mich auch an andere Bands erinnert, "Die rosigen Gesichter" (Track 4) lassen mich immer wieder an eine Mischung aus Turbostaat und Fliehende Stürme denken, was nicht weiter schlimm ist, da das ja heutzutage selten ausbleibt, dass man schon ähnliches gehört hat. Bislang schlagen sich Es War Mord bestens, wobei es hier keinen Sonderbonus geschenkt gibt. Gerade die Messages der Songinhalte -"Gier" (Track 5; Anspieltip III) haben diesen Charme, der Es War Mord neben der Musik einen gewissen Charme mitgibt. Bislang fehlte es just an einem ersten Sofortzünder, der die ersten zaghaften Bewegungen, die die Songs wecken, noch mit einem herzlichen Lächeln unterstreicht. "Unterwegs" (Track 6; Anspieltip IV) ist dann genau dieser Sofortzünder, worin das Schicksal so manches Flüchtlings nähergebracht wird und leider so gar nichts von einem Lächeln weiß/hat. Vor allem die mehrstimmigen Gesänge, bei dem ein gewisser "Lotti" mitsingt, bringen Es War Mord noch fetter/breiter/ankommender in die bewusste Wahrnehmung. Hätte Fronter "Stunk" nicht die Fähigkeit inne dem Text diese lebendige Dramaturgie mitzugeben und das Szenario wie einen tatsächlich realen Film vor Augen/Ohren zu spannen, würde dieses Stück vermutlich nicht halb so viel Tiefgang besitzen?

Bislang hat "Unter Kannibalen" ordentlich Tiefgang im Kiel der Fahrt durch diese, unsere gegenwärtige Realität - musikalisch, wie auch textlich. Logisch, dass sich da auch etwas mehr Raum für lockeres Saitenspiel und sogar Psychobilly typische Anleihen in Sachen Ghostrider Gituar anbietet - "Freitag, der 13te" (Track 7). Ein wenig erinnert mich der Song an das Soloalbum von Pe Schorowsky. Von der Story her eine Art weniger psychedelisches Pendant zum fast gleichnamigen Song der Toten Hosen. Der einsetzende Drive-Beat von "Schlecht ist besser" (Track 8; Anspieltip V) nimmt direkt unter 'n Arm und lässt es etwas philsophischer werden - "Wenn du lange in den Schatten blickst, blickt der Schatten auch in dich...# Alle Menschen bilden sich eine Meinung, ich will einen Papierkorb, alle sie wollen glücklich sein, ich möchte wirklich sein...". Erneut kommt Fliehende Stürme Atmosphäre auf. Man (er-)wartet unterschwellig wieder einen Sofortzünder, der dem hungrigen Etwas Futter gibt. Zwar pogt "Der Hobel" (Track 9) ganz gut raus, lässt aber irgendetwas vermissen. 

Das letzte Albumviertel klopft mittlerweile mit "Hirn" (Track 10) an und pegelt zwischen leichten Stompakkorden und Punk Rock, während die Thematik ein zentral-aktuelles, authentisches Bild der Entwicklungen in Berlin malt. Auch "Nie wieder" (Track 11) geht nicht weniger authentisch in Sachen Bildmalerei nach vorn, wenngleich die Idee in Sachen Songinhalt nicht unbedingt neu ist, so ist sie zumindest Es War Mord zu eigen. Zum Abschluss rotzt "Satt sein" (Track 12) noch einmal den Restkern raus.  

Musikalisch fest im Sattel und textlich breit gefächert in Sachen Themenvielfalt haben Es War Mord echt etwas zu bieten. Mich persönlich lässt dieses Album auch nach einigen Durchläufen noch unentschieden zurück, obwohl es mich auch etwas neugieriger werden lässt wie sich es War Mord weiterentwickeln. Live kommt da bestimmt ordentlich Drive bei rum?!

V.Ö.: 23.06.

 

6,85/10 Schafe Schüsse

(Sound Of Subterrania 2.017)

https://www.facebook.com/eswarmord.official/

Danny B

Schaf Schüsse: 

6
Eigene Bewertung: 6

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