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DEAFKIDS "Metaprogramação"

Künstler/Band und Albumtitel: 

Erscheinungsdatum: 

03-2019

Label: 

Genre(s): 

Als ich die ersten Umschreibungen (natürlich Pressetexte, frei nach PR-Strategie; so viel ist klar) der Brasilianer von Deafkids gelesen hatte, war mein erster Gedanke "Atari Teenage Riot?", aber auch Ministry, Moscow Death Brigade kamen mir in den spontan Erstassoziationssinn. Offenbar ist dieses Trio im Underground längst bekannt, immerhin hat man u. a. auch schon mit Genrevertretern wie Neurosis 'ne Tour gefahren. Umso mehr ein Must Check, immerhin sind die drei aus Volta Redonda (*liegt nordwestlich von Rio de Janeiro) stammenden-, seit 2.013 unter DeafKids bekannten-, veröffentlichenden Mucker mittlerweile in São Paulo gestrandet, dem Mekka der brasilienischen Exportschlager in Sachen Mucke, Innovation und Erfolg. "Metaprogramação" (*zu dt.: "Metaprogrammieren") ist bereits die neunte(!) Release des Trios, Zeit also hier mal ein offenes Ohr zu riskieren. 

Man hat das Album (das mir auf CD vorliegt) in zwei Kapitel aufgeteilt, so dass der Rückschluss, dass man auch auf Vinyl veröffentlicht, folgerichtig ist. Man kann also von A- und B-Seite ausgehen. Die A-Seite beginnt mit einem düsteren, rituellen Höhlenklangintro namens "Vox Dei" (Track 1) und zeigt sich vor allem hinten raus eher Noisy. Das folgende "Alucinacōes De Camando" (Track 2) vertieft diese Richtung mir diversen Electro/Industrial Elementen, die im Hintergrund mit für Brasilien typischer Percussion angereichert ziemlich trippig ausfällt. Effektspielereien inklusive. Wesentlich klarer beginnt "Pacto De Máscaras (Meta-Transtorno De Personaliddade Múltiopla)" (Track 3). Freaky, aber nicht unbedingt schlecht, eher ziemliches Neuland für einen "No more Trip Traveller", um es mal so zu umschreiben. Auf Stückmitte schiebt man leichte Erinnerungsfetzen an die vorangegangen Stücke ein, was zu einer tonalen Story führt, die sich im Hall-Echo-Effekt verliert und nahtlos zu "Mente Bicameral" (Track 4; Anspieltip I) übergeht und auch Bass, Gitarre und Schlagzeug erkennen lassen. Musikalisch nah am Punk der Marke The Exploited auf den ersten Eindruck hin. Hier kommt auch tatsächlich etwas Nähe zu Atari Teenage Riot, Sepultura (wenn sie in Richtung Nailbomb/Experimentierfreude schielten) und sogar zu Neurosis auf. Wenn DeafKids öfter mal in diese Stilrichtung abfahren würden, könnten sie mir sogar richtig gut gefallen. An Lyrics kann man eher nichts raushören, leider. 'Ne Message wird trotzdem im Kern da sein. ;-) "Estímulos Alucinatórios Verbauditivos I" (Track 5) packt erneut die Naht des Vorgängerstückes und übergibt diese nach nur 53 Sekunden Klangbrücke an "Templo Do Caos" (Track 6; Anspieltip II), das vom BeatUp direkt an The Prodigy und Sepultura ("Refuse/Resist") gleichermaßen erinnert und trotz Effektspielereien - oder vielleicht auch gerade deshalb total hängenbleibt. Hier können Metalheads, Punx, sowie Freunde der Mucke von The Prodigy, Atari Teenage Riot starkes Ohrenfutter einfahren. 

Damit ist die A-Seite Geschichte. Die B-Seite, wird von "Espirais Da Loucura" (Track 7) erneut mit einer Art Bridge/Intro eröffnet, um zum (mit 7:01 Minuten) längsten Stück dieses Albums "Raíz Negativa (Nā́o-Vontade)" (Track 8) überzugehen. Eine Art mantraartiger Monotonbeat bietet den Pulsschlag des Stückes, der von einem tekknoiden Basswummern begleitet wird. Gelegentliche Gitarrenparts geben dem Stück Abwechslung und Fülle zugleich. Auch so etwas wie Vocalpartfetzen, die wie Samples eingesetzt werden, tragen letztlich in der Drehe 2:20 Minuten in eine kurzzeitige Emotionsexplosion. Man denkt unweigerlich an experimentellere Stücke der Hausmarke Ministry, allerdings wesentlich konfuser. Auf was man drauf sein muss, um diese Art Experimentalkunst nachvollziehen zu können, könnte ich zwar beantworten, tue ich aber nicht. Da soll sich jede/-r sein/ihr eigenes Tonbild machen. Man merkt fast gar nicht, dass es nahtlos in "Camisa De Força (Inferno Ou sem Saída?)" (Track 9) überfließt. Im Grunde sind beide Stücke wie aus einem Guß. Das hintergründige Noise-Wummern ist hier allerdings dezenter und unaufdringlicher. Welcome to the Echo World. ;-) 

Entspannung für die Ohren scheint hier kaum drin zu sein, sondern eher eine Art Noise Welt, die im besten Fall auch Metal/Punk vermengte Stücke wie "Virus Da Imagem Do Ser" (Track 10; Anspieltip III) anbietet, die u. a. auch für Old School Black Metal Fans der Hausnummer Darkthrone (im weiteren Sinne) interessant sein könnte. Warum man den Cut am Ende so abrupt gehalten hat, werden nur die Mucker selbst beantworten können. Das Folgezwischenstück "Estímulos Alucinatórios Verbauditivos II" (Track 11) scheint indes nichts anderes als ein rückwärts abgespielter Track von 37 Sekunden Dauer zu sein. Erst zu Beginn von "Espirais Da Loucura" (Track 12; Anspieltip IV) bringt man (wieder) natives Drumming zu Gehör, das wiederum an Sepultura in ihrer Hochphase (zu "Chaos A. D."/"Roots" Zeiten) erinnert. Hier schimmert zumindest zu Beginn mal so etwas wie Struktur durch und gibt den musikalischen Arrangements etwas mehr Raum und Chance. Der Spoken Vocal Part wirkt ziemlich finster, bevor Gitarren hereinbrechen und eine Art Inferno entfesseln. Konstant bleiben die Percussions. Es scheint hier um einen rituellen Trip zu gehen? Bislang trotz aller Noise Parts einer der strukturell am Besten nachvollziehbaren Stücke auf diesem Album, das zum Finale sogenanntes "white Noise" unter dem Titel "A Experiěncia Holotrópica" (Track 13) und finsterer Stille auffährt und diesem Album 'ne ganz abgefahrene Eindruckskante mitgibt, bzw. hinterlässt. Einigen Stücken kann man mit etwas Offenheit tatsächlich auf Dauer etwas abgewinnen. 

6,25/10 Schafe Schüsse

(Neurot Recordings/Cargo Records 2.019)

https://deafkidspunx.bandcamp.com/

https://de-de.facebook.com/deafkidspunx/

Danny B

Schaf Schüsse: 

6
Eigene Bewertung: 6

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