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CULT OF LUNA & JULIE CHRISTMAS "Mariner"

Künstler/Band und Albumtitel: 

Erscheinungsdatum: 

04-2016

Label: 

Genre(s): 

Ich denke es gibt bzgl. Cult Of Luna und Julie Christmas (gleichermaßen) Nachholbedarf im Schafe Schuesse Haus. Zwar habe ich irgendwann einmal in irgendeinem Gothic(?) zugeneigtem Mag etwas über die bereits 1.998 gegründeten Cult Of Luna aus Umeå (Schweden) gelesen, aber an Erinnerung(en) ging wie bei so vielen Bands, über die man mal irgendwann etwas gelesen hat, so ziemlich alles gnadenlos unter. In den Internetweiten schreibt man dem Schweden-Sechser Doom Metal und vor allem Post-Hardcore zu. Da klafft angesichts der bereits sechs veröffentlichten Studioalben (nebst sieben weiteren Releases; EPs, DVDs, 7"s) echt 'ne grössere Wissenslücke auf. Die Zahl 6 scheint bis zu diesem Album mit Cult Of Luna verbunden. Ob das dann wie ein "Sechser" im Lotto zu werten ist, wird man sehen bzw. hören.

Was Julie Christmas angeht, ist ihr Name wirklich Programm, da die aus Brooklyn, New York (USA) stammende Musikerin tatsächlich an Heiligabend geboren wurde. Bislang führte ihr Weg über die Noise Rockband Made Out Of Babies (*2.005-2.012 aktiv) und die Post-Metalband Battle Of Mice (*2.005-2.009 aktiv), wobei diese auch einiges an Releases abwarfen. 

2.010 startete Julie Christmas mit ihrem ersten Soloalbum "The Bad Wife" durch, dem 2.011 "Coextinction Records 5" folgte. Ihre musikalische Facettenbreite deckt locker mehrere Styles wie Metal, Noise Rock, Post-Hardcore und auch Sludge Rock ab, was die hier vorliegende Kollaboration mit Cult Of Luna umso interessanter macht. Und das in doppeltem Sinne, wenn man sich zumindest nicht bewusst ist je auch nur eine Note von beiden Bands gehört zu haben. Was mit den Namen natürtlich anders ist.

Mit "A Greater Call" (Track 1) beginnt nicht nur das Kennenlernen der Musik, sondern auch das Album selbst. Ruhige Klänge sind die ersten Schritte auf diesem schlicht in hellgrün-schwarz gehaltenen Album. Das erste Songviertel würde ich mit Acts wie Alcest oder den bekannteren Schiller vergleichen, bevor dann wie aus dem Nichts der emotionale Ausbruch durch Cult Of Luna explosionsartig losbricht und auch Julie Christmas zu Gehör kommt. Abgesehen von den noisigem Bombastopus, könnte Julie Christmas locker Goth Mucke zocken. Cult Of Luna allerdings klingen den Vocals nach eher in Richtung Metalcore. Dem Hardcore würde ich das Ganze jedenfalls nur schwerwillig zuordnen. Der düstere Anstrich pendelt dabei zwischen Power und Bombastwall. Für einen 8:19 Minuten langen Opener ziemlich mutig.

Experimentierfreudig bis progressiv noisy schickt sich "Chevron" (Track 2) an und lässt Julie Christmas zu Beginn noch stark kindlich klingen, wobei ihre Stimmfarbe der von ¥o-Landi Vi$$er (Die Antwoord) in wenig bis nichts nachsteht. Der fette Basslauf von Andreas Johansson taucht mit Julie Christmas kurz in die Soundwall ab und kehrt mit noch mehr Energie zurück. Das kindliche Gesangsthema wird schnipselartig erneut angewandt, um dann mit einer Art musikalisch umgesetzter Seitenhiebe/Schläge kalt-futuristische Robot-Noise Atmosphäre zu erzeugen, die von groovy Riffläufen abgerundet wird. Keine leichte Kost, aber künstlerisch reich an Details! Die Songs sind z. T. wie psychelastige LSD Trips aufgebaut (Ups & Downs inklusive) und bestechen auf eigensinnige Weise. Mir persönlich gefallen vor allem die ruhigeren Parts dabei.

Besonders klasse kommt der punkige Fauchgesang von Julie Christmas, der erst bei "The Wreck Of S.S. Needle" (Track 3; Anspieltip I) besser durchsticht. Die Art des Einanderberührens, die hier gerade von den starken ruhigen Momenten lebt, die das Fundament für den hypnotisierend-, brachialen Sound hergeben. Es lässt mitfühlend erleben und führt bis zu kleinen Björk Fetzen. Eine verdammt starke 9:33 Minuten Erfahrung! Und mitreißend dazu, sofern man Herz und Ohren öffnet, ohne etwas Bestimmtes zu erwarten.

Zwar bewegt sich dieses Hörspiel-ähnliche Werk nun langsam dem Ende zu, das aber ist dank der zunehmenden Einzelsonglängen noch fern. Ruhig, bedächtig, space-ig, sehnsuchtsvoll - ein Walk durch ein abendliches Stadtszenario, irgendwo in Ufernähe. "Approaching Transition" (Track 4; Anspieltip II) weiß mit Alternative Experimental Sounds und Doom-Elementen schwerer zu atmen, ohne zu schwer zu werden. Die hypnotischen-, mantraähnlichen Kreisläufe lassen den Tag/schwere Gedanken los und fliegen in Richtung Horizont. Das Gemisch aus Neurosis, Alcest und Mono, das Cult Of Luna hier hinzaubern nimmt mit ins Irgendwo. Da stört es fast ein wenig, wenn die Screamo Vocals einsetzen und Schwere über die eben noch tiefatmende Soulflyatmosphäre (hier ist übrigens nicht die Band, sondern der Zustand gemeint!) pinselt. 

Würde der "The Crow" Film heute erst gedreht, fände man hier so einige Songfragmente, die perfekt zur Story bzw. zu den Szenesequenzen passen würden, was auch der beschliessende "Cygnus" (Track 5) unterstreicht, wenngleich hier wieder deutlich mehr Härte eingeflossen ist und Julie Christmas zeitweise wie ein Geist aus den wässrigen Momenten zu Ohren dringt. Erst mit den ruhigeren Parts (Richtung Songmitte) darf sie düster, fast flüsternd, geheimnisvoll dahinhauchen, bevor ähnlich wie zu Albumbeginn erneut eine Emotionalausbruch stattfindet und verstörendes Chaos walten lässt, das allerdings auch sein Ende in der folgenden Besänftigung findet. Zum Ende hin läuft dieses vielschichtige Album ebenso opulent aus, wie die Welle, die einen zu Albumbeginn irgendwann entweder infiziert oder verschluckt hat.

Ein gewagtes Noise-Progressive-Art Album, das ohne Hingabe und Zeit sehr wahrscheinlich nicht erfassbar ist. Bei mir wird dieses Album nicht nur deshalb noch einige Mal den Player füttern.

 

7,45/10 Schafe Schüsse

(Indie Recordings/Soulfood 2.016)

http://cultofluna.squarespace.com/

https://www.facebook.com/cultoflunamusic

 

https://juliechristmas.bandcamp.com/

https://www.facebook.com/Julie-Christmas-141649579195453/

Danny B

Schaf Schüsse: 

7
Eigene Bewertung: 7

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