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COR "Leitkultur"

Künstler/Band und Albumtitel: 

Erscheinungsdatum: 

10-2017

Label: 

Genre(s): 

Wenn das Bergener Quartett COR (*ich persönlich schreibe sie auch gern mit Punkt, also C.O.R., bin diesbzgl. allerdings noch immer unentschlossen ob das die korrekte Schreibweise ist?) den Studiogang verlauten lassen, ist meist klar, dass das fertige Album nicht mehr lange auf sich warten lässt. Die T(h)rashrocker haben gerade in den letzten Jahren ihren Stil immer wieder mit ihrer herzlichen Basic Art verfeinert, geschmiert und präzisiert, was man auch gesamtheitlich den Alben über die Jahre immer mehr anhört. Die Zusammenhänge des Aufbegehrens, des Weitblicks (der sich natürlich auch von der Abgeschiedenheit Rügens nährt) auf die Gesellschaft(en/Länder), das Hier & Jetzt und den daraus resultierenden, vagen Zukunftsprognosen - all' das lassen COR im befindlichen Wellengang ihr Schiff umfahren, während Fans, wie auch Neuhörer/-innen auf diesen Wegen durch's Leben mit(be-)reisen können bzw. mitgenommen werden. Schon "Lieber tot als Sklave" stellte für meine subjektiven Ohren eine Art Brückenschlag zu "Herztier" (*2.010) oder auch "Freistil, Kampfstil, Lebensstil" (*2.005/2.006) dar, so dass der Freigeister Hände Werk mit ungebrochener Stärke in Sachen Ausdruck noch immer Bestand hat. Doch auch COR leben vom Zeitgeist der jeweiligen Bestandsaufnahme, was mich im Vorfeld mit ziemlich hoher (Vor-)Spannung bzgl. des neuen Albums "Leitkultur" erfüllte.

Das stilistisch erneut einfache-, jedoch sehr aussagekräftig-symbolische Coverartwork, das den Faden von "Lieber tot als Sklave" fortsetzt, unterstreicht das Ansinnen der Band bzw. auch derer, die ihre Ketten bei jeder Bewegung spüren. Wenn COR sich selbst auch im T(h)rasRock wähnen, so waren/sind sie aus meiner Sicht immer noch mehr Punk als viele andere Kapellen, die nachdrücklich betonen Punk sein zu wollen. Selbst das Peacezeichen spricht für den frischen Zeitgeist. "Kill the Hippies" war gestern, denn es braucht Frieden, Empathie und Toleranz, um in Freiheit chancengleich existieren zu können. Das ist letztlich auch die Essenz, die COR mir in den letzten Jahren immer wieder mitgegeben haben. Damit aber nun zum Album selbst.

Bereits beim Einsteiger "Gras" (Track 1) blühen neue Lyrikblüten von Fronter Friedemann auf, die einmal mehr unterstreichen, dass die Musik zwar noch so gut sein kann, ohne Message, ohne Inhalt aber das Haus selbst allerdings einsam/leer wäre. (wenngleich es natürlich auch klasse Instrumentalbands gibt; ich meine dies aber auf COR bezogen) Noch immer habe ich "Unregierbar" in den Ohren, die den Lebenssoundtrack im Herzen (immer weiter-)tragen. Im Direktvergleich erscheint mir "Gras" aus einer größeren Ruhe heraus Anlauf zu nehmen, um den Panoramablick zu wagen. Musikalisch kommt wieder etwas mehr Metalbasis durch, was das Interesse (gerade beim Erstdurchlauf) bzgl. des restlichen Albums just steigert. Was bereits bei "Gift" (Track 2) hörbar durchkommt, ist die Frische, mit der COR anno 2.017 zu Werke gehen, die den eingebundenen Stilen Farbenfrische mitgibt. Wenn das "Trashrock" (wie auf der FB Site von COR zu lesen) ist, dann darf es gern mehr davon sein. Das scheinen COR selbst auch so zu sehen und legen mit "Das schöne Leben" (Track 3; Anspieltip I) nach. "Wachstum fordert Opfer... Zeit, Gesundheit, Gemeinsamkeit" stellt Friedemann in den Raum und dazwischen noch mehr an gehaltvoller Mitgift.

Das Albumtitelstück "Leitkultur" (Track 4; Anspieltip II) kommt recht früh zum Zuge und bietet COR-gewohnte Klänge, wie man sie vor allem von den "Säulen-Alben" der Bergener kennt. Das Radwerk COR wickelt sich umeinander und ergänzt sich flüssig, wobei Pilse's Gitarrenspiel natürlich mindestens eine Flanke neben den Drums von Hanse abdeckt. Aber auch "Die Andern" (Track 5) passt ins Fahrtwasser, zumal man beim Hören feststellt, dass das mit den "Andern" schon in Kindertagen angefangen hat. Man fragt sich, ob der Mensch in seiner Natur nicht manchmal auch ein Feigheitsgen mit dem Fingerzeig von sich weg innehat? Wir gegen die, die gegen uns, wir und die Ander(e)n... dabei ist dieser Planet unser aller Arche - zumindest sind das meine Gedanken beim Hören. Und während man noch so vor sich hin sinniert, kommt Pilse mit Twin-Guitar-zugeneigten Solispitzen um's Eck, die an Judas Priest/Manowar resp. Machine Head/Pantera erinnern, um mit "Vollkontakt" (Track 6; Anspieltip III) eine Voll-PUNK-tlandung hinzulegen. Die COR'sche Attitüde ist noch längst nicht müde. Gerade dieses Stück kann ich mir bestens im zukünftigen Liveset vorstellen. Thematisch geht es grob umrissen u. a. um Shitstorm-Kommentare, Internet und Anonymitätsmasken - "Wenn ihr den Worten kein Gesicht gebt, dann spart sie und dann lasst es". Wobei dieses Stück thematisch bestens zu "Die Andern" passt, man könnte es sogar als gedanklichen Zweitblick auf den Alltag heutzutage sehen.

Die Art wie Friedemann die Dinge mit den COR Jungs zu Klangmanifesten macht, hat diesen ureigenen Charme des Kerns, den diese Band transportiert und (aus-)lebt, was gerade im Vorfeld der Wahl mit dem Finger dahin geht, wo die Wahrheit weg tut - "Propaganda" (Track 7). Es ist vor allem der Vielfalt zu verdanken, dass COR immer wieder noch mehr Bock machen, was auch im swingenden "Sauber" (Track 8; Anspieltip IV) und den Refrainausbrüchen und Speed-/Thrash Metal mit ordentlich Schub seine Bestätigung findet. Fortwährend-, konstanter Charme und genau das ist der Grund, warum COR wirklich allein auf dem musikalischen Fluren stehen und trotzdem überall spielen können, gerade weil keine Schublade zugeht - "Spielverderber" (Track 9). Mit anderen Worten COR bleiben und leben weiterhin Underground. Kein Businesszwang, kein Muss - nur im Kann hört man COR lebendigen Schaffens.

Mein persönlicher Favorit ist auch einer der ungewöhnlichsten COR Stücke, die mir allgemein gegenwärtig sind - "Getötet" (Track 10; Anspieltip V). Selbst beim Hören sind die Gedanken (zumindest geht es mir dabei so), die in mir aufkommen, so intim und privat, dass ich jegliche Worte darüber für mich behalte. Vielleicht empfindet Ihr beim Hören ja ähnlich? Ungefiltert ehrlich (musikalisch unerwartet locker), schliesst "Vom Glück dass alles endet" (Track 11) die Augen, nachdem sie all' die puzzleartigen Details dieses "Leitkultur"-Panoramablick mitbekommen haben. Zwar kann man COR Alben nur als eigenständige Werke wahrnehmen, aber im Zusammenhang betrachtet macht "Lieber tot als Sklave" im Kontext mit "Leitkultur" 'ne Menge Sinn. 

V.Ö.: 6.10.

 

8,95/10 Schafe Schüsse

(Rügencore/COR 2.017)

http://www.ruegencore.de/

https://www.facebook.com/ruegencore

Danny B

Schaf Schüsse: 

8
Eigene Bewertung: 8

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