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BRUTAL KRAUT "Progression In Madness"

Künstler/Band und Albumtitel: 

Erscheinungsdatum: 

11-2020

Label: 

Genre(s): 

Es ist immer wieder schön, wenn eine Review auch bei der jeweiligen Band selbst auf Anklang stößt und nachhaltig, längerfristig hängenbleibt. So geschehen im Falle der Oranienburger Brutal Kraut, die im Falle der damaligen Review bzgl. der Various Artists Compilation "A Lick Of Death, Vol. 1" (*2.017) u. a. am Start waren. Die Compilation selbst hatte sich das Motto "Metal Bands supporting Metal Bands, A fully Non-Profit Project from Bands for Bands" nicht nur auf die Fahnen geschrieben, sondern auch effektiv (wie in dieses beispielhaften Fall) gelebt. Leider weiß ich nicht, ob je eine weitere Compilation erschien, doch immerhin sitze ich nun hier und habe die dritte Release von Brutal Kraut vor mir, die anders als bislang weder eine Demo, noch eine EP ist, sondern den logischen nächsten Schritt in Form eines kompletten Albums geht. Seltensheitswert hat dabei (heutzutage) der frisch an Land gezogene Labeldeal, sowie die tatkräftige Unterstützung von ULS Productions, dessen Mastermind und Knöpfchendreher Ulf Scheel (*übrigens auch der Drummer der Berliner Band Torture Pit) auch kein gänzlich Unbekannter in Berliner Metalkreisen ist. Brutal Kraut blieben bei dieser Zusammenarbeit, die bereits bei der vorangegangenen EP "Layers Of Mind" (*2.018) begann und europaweit bei diversen Metalheads Früchte trug, bzw. auf Anklang stieß. 

Mit "Progression In Madness" liegt nun das neue Herzstück auf dem Tisch, was man angesichts des Coverartworks in doppelter Hinsicht deuten kann. Aus meiner Sicht ist den Brutal Krauts damit sogar ein kleiner Geniestreich gelungen, denn das Coverartwork legt nicht nur das gesellschaftliche Herz auf rohe Weise offen blank in den Fokus dieser Zeiten, sondern zeigt via der beiden Protagonisten die Entwicklung der Gesellschaft, die gern von hintenrum kommt - Stichwort "Online-Welt". Man kann das natürlich auch gut auf den Kampf mit sich selbst (gerade in diesen Zeiten) beziehen. Es ist also eine Menge Spielraum für Gedanken und Interpretationen vorhanden, der mit "Broken" (Track 1) auch die tonale Umrahmung des Openers zugeschustert bekommen hat. Was Brutal Kraut hier abliefern ist frischer Thrash Metal mit verschiedenen Tempophrasierungen, die flüssig miteinander verwebt, einen angenehmen Einstieg hergeben. Thematisch geht es dabei direkt um ein verdammt ernstes Thema zwischen Machtlosigkeit, Hass und Rachewünschen - allesamt basierend auf der Zeile "Draw the line, forget your insecurities for this one night..." - thematisch erschließt es sich demnach quasi von selbst. "Hesitation" (Track 2) geht stilistisch ähnlich rund und böllert insgesamt mit ordentlich Druck im Kessel. Es ist erneut das abwechslungsreich gestaltete Arrangement, das für Brutal Kraut spricht. Gut, dass sich Brutal Kraut nicht in Frickeleien oder gar progressiven Experimenten verlieren, sondern eher dem dynamischen Drive folgen, anstatt den Flow einzubüßen oder gar zu riskieren. Es ist der Produktion insgesamt zu verdanken, dass Brutal Kraut hiermit sicher nicht nur mein Interesse noch ein ganzes Stück mehr verbuchen können. Irgendwie kommt mir die qualitative Entwicklung dieser drei Jungs wie ein kleiner-, nicht unwichtiger Quantensprung vor, was auch "New Ways" (Track 3; Anspieltip I) unterstreicht, das beispielgebend für dieses Entwicklungslevel steht. Ganz weit hintendrin höre ich stellenweise so ganz leichte Amon Amarth Einflüsse raus, die jedoch bis auf das Wesentlichste entkernt wurden, also frei vom Viking Hype und ebenfalls frei von sämtlichen Versuchen ein Image abzukupfern sind. Das gefällt mir persönlich mit am Besten an Brutal Kraut, dass sie sind wie sie sind und nicht nach irgendeinem Image schielen oder gar jagen. Die Mucke selbst steht klar im Vordergrund und findet wohl am Ehesten im Thrash Metal Bereich mit leichten Death Metal Anleihen (rein gesanglich) ihr Zuhause.

Mag der Titel "Like Gods" (Track 4; Anspieltip II) sich auch wie eine weitere Annektierung in Richtung der eben erwähnten Amon Amarth lesen, gehen Brutal Kraut hier zwar verstärkter auf die Death Metal Einflüsse ein, begeben sich aber auch mit diversen Einschüben in die Zwischenbereiche des Thrash Metal, sowie stellenweise des Crossover und hauen mal eben im letzten Viertel starke Gitarrensoli raus, denen ein spannungsaufbauender Part folgt und in einem Groove mündet, der wohl die meisten Metalheads auf Betriebstemperatur bringen dürfte. Dass darauf via "Perceive The Insanity" (Track 5) zunächst extrem ruhige Töne folgen, die zwischen Implosion und Explosion pendeln, ist zunächst echt überraschend. Die Zwischenmomente, die dabei mitgenommen werden, sind ein weiterer Beleg der gefühlt sprunghaften Entwicklung des neuen(?) Brutal Kraut Sounds. Ich meine, wenn man sich vergegenwärtigt, dass man allgemeinhin bei dem Begriff "Brutal Kraut" etwas ganz Anderes erwartet, spielt dabei vor allem bei denen unter Euch eine Rolle, die vorher noch gar keinen Ton dieser Jungs gehört haben. Dafür grasen sie gerade bei diesem Stück so einige Genrefelder ab - Death-/Thrash, Black Metal- und sogar doomige Parts wurden hier in nur 6:00 Minuten verschmolzen und abgebraten - Respekt dafür!

Es scheint als wollten Brutal Kraut es wissen und als setzten sie ihre Einsätze ganz bewusst so ein als ginge es um eine lockere Runde Poker bei der man nicht verlieren kann, da man ja in vertrauter Runde ist. Und wenn man sich nicht too nerdy/zu überanalytisch auf die Mucke versteift, kann man sogar mehr Spaß daran haben, zumal man dann auch Iron Maiden(!) Einflüsse raushört, ohne sie zu suchen - "All I See" (Track 6; Anspieltip III). Ob die Tracknummer "6" wohl ein kleiner Wink in Sachen "Number Of The Beast" war/sein sollte? ;-) Bislang ist dieses Stück unter den engen Favoriten meinerseits gelandet, wobei auch das folgende "Twisted Tongue" (Track 7; Anspieltip IV) echt nicht zu verachten ist! Bei diesem Stück hört sich Rouven Constantin (git./voc.) stellenweise in der ersten Songhälfte fast schon Cronos (*Venom) nahe an, was aber mit Sicherheit nicht forciert wurde. Diese Jungs klingen (trotz der fokussierten Gesamtproduktion) danach, dass sie mega Bock- und Spaß an ihrer Mucke haben. Dass sie quasi "nebenbei" auch noch 'ne Kelle stilsicherer Brutal Krautness innehaben, fühlt sich dabei fast schon wie ein nicer Bonus an. Umso stimmiger, dass das Albumtitelstück "Progression In Madness" (Track 8) das Schlusslicht ist und bis auf die erneut immer mal wieder (vor allem zu Beginn) durchsickernden Amon Amarth Einflüsse, noch einmal das Potenzial dieser Jungs unterstreicht. Vor allem ab der Songmitte macht dieses Stück noch eine Ecke mehr Spaß und zieht mit mehr Catchiness die fiktiven Schrauben noch einmal an. Wenn Brutal Kraut zukünftig ihre Stärken (wie eben beschrieben) noch mehr ausbauen, dürften sie definitiv in ein paar Jahren mindestens zum oberen Mittelfeld der Bands gehören, die eine eigene, treu-loyale Fanbase hat.

V.Ö. 13.11.20

 

7,48/10 Schafe Schüsse

(Boersma Records 2.020)

https://www.brutalkraut.com/?fbclid=IwAR16HE8R4vFf4tWUiJy2Zqig_bosHD-4Fw...

https://www.facebook.com/BrutalKraut/

Danny B

Schaf Schüsse: 

7
Eigene Bewertung: 7

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