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BRIQUEVILLE "II"

Künstler/Band und Albumtitel: 

Erscheinungsdatum: 

09-2017

Label: 

Genre(s): 

Allein schon der Tonguebreaker von Bandnamen ließ die Fragezeichen wie Aasgeier über meinem Kopf kreisen, während ich etwas ungläubig das Coverartwork (ein ziemlich real wirkendes Foto) dieser hier vorliegenden Scheibe aufzoomte, um etwas zu erkennen. Was zunächst wie ein seltsam wüster Haufen anmutete, stellte sich als ein Berg von tierischen Knochenüberresten dar. Ein reales Bild das man im Hinterhof einer Schlachterei vermutet. Für mich als Vegetarier kein wirklich schockierender Anblick, da hat man schon schlimmeres gesehen, was aber dennoch die eher abstoßende Bildwirkung nicht schmälert. Die Beweggründe für dieses Coverartwork werden die Musiker von Briqueville aus der kleinen belgischen Gemeinde Temse sicher haben. 

Bislang kamen mir Briqueville jedenfalls noch nicht zu Ohren, zumal sie mit "II" auch gerade mal ihre zweite Scheibe (*die in Belgien bereits veröffentlicht wurde) am Start haben und sie Anfang Herbst nun auch auf den Rest Europas per Labeldeal loslassen wollen. Die Vorabinfo verriet just einige kleine stilistische Querverweise zu Sunn O))) und Ghost, was natürlich zunächst einmal noch mehr Interesse weckte. 

Mit dem 11:01 Minuten langem Openerepos "Akte V" (Track 1), offenbar eine konzeptionelle Songfortsetzung/-weiterführung von deren selbstbtitelten 2.014er Debütrelease "Briqueville"(?), lässt zunächst in sperrig-monotonem, kalten Black Metal Riffanschlagloop die Tür aufgehen, während sich der Sog instrumental hochschraubt und von einer Art '90er Jahre Prog-Death-Doom Gemisch nach ca. 2:30 Minuten in einer lethargischen Ruhe mündet, die eine Art zweites, internes Kapitel dieses Songs markiert. Auch hier geht es rein instrumental zu, ganz so als wöllten Briqueville damit ausdrücken, dass sie Zeit haben und so gar nichts überstürzen müssen. Die atmosphärische Farbgrundgebung wechselt in eine deutlich hörbar hellere Stimmung über, der allerdings immer noch düster-mystische Schatten anhaften. Tatsächlich denkt man etwas an Sun O))). Aber auch fast rituelle Parts sind Teil des großen Ganzen. Hypnotisch mit Doom-Note auf den Saiten, die aber auch eine Basis für leichte Candlemass/Alcest bzw. allgemein Spiritual Doom Rock hergeben. Vor allem die Gitarrenparts bestimmen dabei einige Teilstrecken. Wer es demnach tiefgehend mag und Gefallen an Instrumentalmucke findet, die deutlich düsterer als z. B. Long Distance Calling ausfällt, der/die wird hier komplettbedient.

So seltsam sick der Knochenberg des Coverartworks auch wirkt, so vielschichtig todesbetrübt düster kam somit auch er Einstieg in die Welt von Briqueville, die mit "Akte VI" (Track 2; Anspieltip I) zum Mittelstück dieses Albums kommt, umso relaxter - dennoch weiterhin intensiver Federführung folgend, setzt sich der nun etwas leichtere Schlag fort. So in etwa ab der Songmitte wähnt man sich inmitten eher verträumt kälteren Landschaftsweiten, was mich in weiter Ferne auch an Bands wie Mono oder auch bestimme Sólstafir Passagen erinnert. Vor allem das rituell-hypnotische Drumming/Percussion wird zum Herzschlag dieses Stückes, dem auch ein paar verzerrte Wortfetzen mitgegeben wurden, die die Vielfalt gedanklich in Richtung Neurosis (nur mit etwas weniger Prog im Fahrtwasser) bringen, um kurz darauf mittelalterlichen Stileinschub als Miniexkursbrücke in noch intensivere Ritualsphäre zu schrauben. Umso länger der Fluß in den 11:35 Minuten dahinfliesst, umso mehr entwickelt sich die Musik zum Wohlgefallen beim/bei der Hörer/-in, was nicht zuletzt auch dank der satten Soundproduktion so positiv ausfällt. 

"Akte VII" (Track 3; Anspieltip II) markiert schließlich den Finalpunkt, der zu Beginn musikalischen Anschluß bei "Akte VI" hat. Die düstere Atmosphäre scheint wie Regen am Abend aufzuziehen, während die Wortfetzen leider kaum zu verstehen sind, ihre (Mit-)Wirkung aber dennoch nicht verfehlen. Die bereits angesprochene Neurosis Nähe intensiviert sich dabei noch. In dem 19:37 minütigen Stück passiert viel. Dezent und mit Feingespür erarbeitet, das merkt man. Die Musik von Briqueville lebt dabei von der teils stoischen Ruhe, die Mittel zum Zweck ist, in etwa wie die Brandung sich zu tobendem Wellengang des Meeres verhalten. Ich würde sogar so weit gehen zu behaupten, dass Briqueville sich auch von experimentellen Grunge Sounds haben inspirieren lassen, die sie sich für ihre Art Doom-Wucht-Sound zu eigen gemacht haben. Briqueville wagen etwas, experimentieren und kreieren auf künstlerisch-, fast schon auf avantgardistischem Intensivmaßlevel. Es gibt nur wenige Bands, die mir neben den Einstürzenden Neubaten als einstige Pioniere einfallen, die vom Level her ähnliches gewagt haben. Freilich sind Briqueville deutlich mehr unter dem Genre Metal zugange und tun es Visionären wie Quorthon (R.I.P.) von Bathory gleich, aber das, was Briqueville mit "II" anbieten ist gewiss nichts, das man mal eben durchwinkt. Eher ein musikalischer Gang durch Weltenbrände, schaurige-schöne Gebirgsketten und leicht bedrückende Wälder in skandinavisch angehauchtem Mondschein. Auf ihre Weise fantastisch wie auch faszinierend. 

V.Ö.: 22.09.

 

8,5/10 Schafe Schüsse

(Pelagic Records/Cargo Records 2.017)

http://www.briqueville.com/

https://briqueville.bandcamp.com/releases

https://www.facebook.com/briqueville/

Danny B

Schaf Schüsse: 

8
Eigene Bewertung: 8

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