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ANNISOKAY "Arms"

Künstler/Band und Albumtitel: 

Erscheinungsdatum: 

08-2018

Label: 

Genre(s): 

Dass Metalcore eine Zeit lang in der ursprungs- und härter ausgelegten Metalszene nicht gerade auf offene Ohren der Gegenliebe stieß, ist hinlänglich bekannt. Was zu Beginn per Stildefinition für allgemeine Verunsicherung (meist unter Fachnerds) sorgte, war (aus dem Jetzt betrachtet) letztlich nichts anderes als der Ausdruck/die Zeichen einer neuen Generation, die deutlich mehr Frische, dank verschiedener Stilmittel aus unterschiedlichen Metal(sub-)genres, in ihrer Musik unterbrachte. Diese Generation verneinte die "truen" Wurzeln der NWOBHM z. B. genauso wenig wie die des Thrash-, Speed- und Death Metal, man nahm sich sogar anderer diverser Stilelemente aus Crossover und Hardcore an. Im Grunde dasselbe wie einst, als es auch schon die gerade erwähnten, (damals neu) definierten Stilarten gab, nur eben, dass diese noch klarer vertieft wurden, ohne den zu leicht hörbaren/transparenten "Stil-Cross" zu wagen. ;-) 

Die Metalcore Wellen sind heutzutage längst nicht mehr so hoch wie der gefühlte Hype einer eher kurzen Zeitspanne. Nur wenige Bands sind erfolgreich geblieben und entwickeln sich unbeirrt weiter. Eine jener "Gewinner" dieses Genres sind Annisokay. Dem Namen nach sind sie wohl jedem/jeder Metaller/-in, der öfter mal eine Metal Party oder ein Festival besucht hat, ein Begriff. Mir auf jeden Fall. Nur eben vom musikalischen Kennen her, tat sich beim Name Annisokay bei mir persönlich ein Vakuum auf. Vielleicht ist gerade dieses Phäneomen der Unterschied zu früheren Mitbegründern/Potenzierern eines bestimmten Metalstils? Früher kannte man nicht nur ganze (Kult-)Alben durch die Generationen hinweg, sondern es gab auch szeneinterne (manchmal auch externe) "Hits", die heutzutage zum allgemeinen Kulturgut der Metalszene gehören und das nicht erst seit der Salonfähigkeit des WOA. 

Zurück zu Annisokay, um die es hier schließlich geht. Man mag kaum glauben, dass die seit 2.007 bestehende Band aus Halle/Saale mit dem hier vorliegenden "Arms" erst ihr viertes Studioalbum (*nebst zweier EPs) am Start hat. Zumindest (so viel vorweg) handelt es sich bei der Band mit der Doppelspitze an den Mikros (unterteilt in Clean und Shout Vocals) rein handwerklich um keine Eintagsfliegen, was vor allem auch die beteiligten Labels festgestellt haben. Mit "Coma Blue" (Track 1) starte ich in das fast 45 minütige Album, ohne vorher frühere Songs/Alben angecheckt zu haben, schließlich könnte es ja spannend werden, was man aktuell noch an "typischen" Metalcore in deren Mucke ausmachen kann?! Und tatsächlich riffen Annisokay noch immer wurzelverbunden los und setzen nicht selten gehörte Melodic Vocals Passagen keyboardunterfüttert im Refrainteil inszene. Nice. Für einen Opener nicht ungewöhnlich eingängig, wenn man es mal relativ emotionslos aufs Wesentliche runterbricht. Kleine Electro-Spielereien/Effekte, die jedoch nicht zu dominant sind, verfehlen die Wirkung nicht, wenngleich sie auch nur zu Beginn eines Songs offen im Vordergrund auszumachen sind, wie das bei "Unaware" (Track 2; Anspieltip I) der Fall ist. Der Aufbau ist ähnlich, allerdings mit etwas mehr Tempo im Lauf und sorgt insgesamt für erste Singlequalitäten, da recht eingängig catchy. Gefühlvolle Passage (Bridge) nach der ersten Songhälfte inklusive. Was bereits früh (auch eher mit Ohrenblick das Metalcore Genre betreffend) auffällt, ist der sauber produzierte Sound, der ein eher präzise gearbeitetes, glatteres Klangbild zu Ohren kommen lässt. Die Shouts kommen zwar kraftvoll, aber der authentische Dreck/Rost fehlt mir insgesamt doch etwas. Es geht sogar in Richtung Pop, wenn man Stücke wie "Good Stories" (Track 3) hört, das mit Sicherheit auch genrefremde Hörer/-innen erreichen wird. Freilich nicht ohne ein paar Metalcore-Einschübe mit im Gepäck zu haben.

Die großen catchy Groover wie "Fully Automatic" (Track 4; Anspieltip II) allerdings dürften von Bands wie P.O.D. z. B. beeinflusst worden sein. Dem Ganzen noch etwas Eigenmarke untergemischt und fertig ist der Lack, ohne viele Kratzer. Gewiss haben die Stücke stellenweise ihren festen Bodenstand inne, für mich drängt sich eher die Frage auf, ob Stücke mit diesem (nicht selten gezockten) Arrangemuster auch in 20 Jahren noch Beachtung finden werden? Teils erschließt sich mir das Ziel von Annisokay noch nicht so ganz, wenngleich die Mucke im richtigen Hörmoment zu zünden weiß. Dafür sorgen auch banderwählte Singles wie "Sea Of Trees" (Track 5) zu dem es auch einen Videoclip in den Netzweiten zu sehen gibt. Nicht zuletzt dank der pop-affinen-, radiofreundlichen Komponente(n) fuhren Annisokay jüngst in den USA höhere Chartplatzierungen ein. Das kann man zwar neiden, aber auch respektieren, zumal das eine Leistung ist, die nur wenigen Bands aus unserem Land gelungen ist. Vom Videoinhalt her wäre es dennoch sympathischer gewesen, wenn man nicht suggeriert hätte man sei eine dieser zahlreichen amerikanischen Bands. Videoclips wie diese kennt man in ähnlicher Weise tausendfach (gefühlt). 

Dann lieber ohne bewegte Bilder und eigene Bilder entstehen lassen - "Innocence Was Here" (Track 6; Anspieltip III) befacht diesen Bilderlauf prima und bringt auch eine wichtige, breite Thematik via Textzeilen wie "Someone else's fail has cost you your life... In voices long shredded with fear and regret and the natural born killers..." - stark. Genauso wie auch "Humanophobia" (Track 7) eine globale, tendenzielle Entwicklung anspricht. Seltsamerweise habe ich das Gefühl, dass Annisokay gerade bei themengewichtigen Songs wie diesen musikalisch deutlich mehr Attitüde mitbringen und auch der Schaum vor den Mündern mehr emotionale Anteile innehat. Die Stücke bleiben zwar am Faden, der sich durch das Album zieht, lassen aber zumindest mehr Abwechslung zu. Wenngleich die popigeren Stücke, zu denen auch "End Of The World" (Track 8) gehört, ein wenig den Biss nehmen, was (auch nach mehreren Durchläufen) etwas gewöhnungsbedürftig bleibt. Zu dieser Art Stücken gesellt sich auch "Escalators" (Track 9), das mich leider (auch) nicht so richtig kickt. 

Eine Art Erwartungshaltung schwang im Vorfeld nicht mit. Ausgenommen des Stückes "Private Paradise" (Track 10; Anspieltip IV) feat. Chris Fonzak. Wenn man sich schon den Deathcore Fronter von Attila mit ans Mikro holt, sollte da auch 'ne Extrarunde an Schub kommen?! Zwar kommt hier gewiss kein Death Metal auf und auch die Deathcore Anteile sind verhältnismäßig überschaubar, dafür hat das Stück dennoch 'ne Menge Frische auf den Saiten, die sogar Hip Hop Parts mitbringt. Stilistisch ist "Private Paradise" mit der interessanteste Song auf "Arms". Höherer Lichtblickanteil quasi, der auch bei "One Second" (Track 11) mitschwingt und die Aufmerksamkeitsspanne wieder zurück zu dem Level bringt, das für längerfristige Hörerschaftserweiterung nötig ist. Mir fiel insgesamt gesehen auf, dass die Arrangements nicht selten ähnlich sind - "interessanter Beginn, Riffparts, inklusive Gesang und Shouts, Chorus (=Refrain)..." und nach hinten raus-, sprich auf Höhe der Songhälfte "eine Bridge, die noch einmal emotionaler-, ruhiger gestaltet ist, kurzer Schubpart und weiches Songendes".  

"Locked Out, Locked In" (Track 12) stimmt zum Finale zwar versöhnlich, da wieder einen Ticker frischer, hinterlässt mit Blick auf das komplette Album jedoch einen durchaus zwiegespaltenen Gesamteindruck. 

6,75/10 Schafe Schüsse

(Arising Empire/Nuclear Blast/Warner Music 2.018)

http://www.annisokay.com/

https://www.facebook.com/annisokay/

Danny B

Schaf Schüsse: 

6
Eigene Bewertung: 6

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