Donnerstag, 1.05. 2.014

MyFest, Trinkteufel Stage

https://www.facebook.com/TrinkteufelKreuzberg?rf=143356825709323

mit: Deez Nuts, Rkyer's, Terror, COR

http://deeznutshardcore.com/

https://www.facebook.com/rykershardcore?sk=wall

http://www.terrorlahc.com/

http://www.ruegencore.de/cor_die_band

Nachdem ich noch am Mittag entschieden hatte meinen Aufbruch zum MyFest auf den Nachmittag zu verschieben, um mir noch etwas Schlaf gönnen zu können, hatte mein Körper den gestellten Handywecker wohlwollend überhört, so dass ich erst gegen 18:00 Uhr in etwa von zu Hause loskam, obwohl ich mir vorgenommen hatte die Crushing Caspars sehen zu wollen, doch der 1. Mai unterliegt seinen eigenen Gesetzen, die immer wieder einer seltsam eigenwilligen Dynamik Tribut zollen. Mein erster wacher Tribut ging (wie jedes Jahr an diesem Tag) 'gen Himmel an einen guten Freund, der mir auch selbst nach 22 Jahren unvergessen bleibt. 

Schon allein der Weg in Richtung Berlin-Kreuzberg ist am 1. Mai jedes Jahr auf`s Neue ein Abenteuer für sich. Bis auf den gefühlt letzten Luftmillimeter überfüllte U-Bahnen ab Warschauer Strasse und MenschMassenMenschen, die es alle nach Kreuzberg zieht, wobei es den Meisten sehr wahrscheinlich nur darum geht sich hip zu fühlen, weil der 1. Mai ja noch immer den Ruf fliegender Steine aus Richtung (oftmals) austickender Aggro-Touristen als weitreichenden KlischeeSchatten innehat. Nicht umsonst fährt die Stadt jedes Jahr wieder seine blau-grün gemischten Zähne in Vollausrüstung auf. 

Wie eben schon beschrieben, kam ich in den grenzwertigen Genuss des Gefühls, das wohl eine Erbse in einer vakuumverschlossenen Dose haben muss. Der Bewegungsfreiheit entgegensehnend freute ich mich auf die U-Bahnstation "Görlitzer Bahnhof", aber nix da, die U-Bahn fuhr ohne Halt weiter. "Gut, dann halt Kottbusser Tor." dachte ich mich selbst zur Ruhe mahnend bei mir, doch auch diese Station wurde ungebremst durchfahren, so dass ein Ausstieg erst an der Haltestelle "Prinzenstrasse" möglich war. Das dortige Bild hatte von Prinzenprunk und Festlichkeit soviel wie sonnentrockner Sand in der Wüste. Einfach nur grauenhaft! Ein komplett überfüllter Bahnhof, der im Vergleich zum U-Bahninnern nur den Unterschied hatte, dass entschieden mehr Menschenmassen sich ihre Wege bahnen konnten. Unverständnis und Aggression ist da logischerweise vorprogrammiert, was man förmlich der leicht stickigen Luft entnehmen konnte. Und das nennen die Sicherheitskräfte in ihrem Konzept "D-Eskalationsstrategie"? Für meine Begriffe ist genau das ein offenes Spiel mit den Aggressionen, die mit erhöhten Alkoholkonsum zu echten Zeitbomben werden. Allein schon das Bild, als ich eine Mutter mit ihrem Kind sah, die echte Mühe hatte ihr Kind heile durch den Massenstrom zu bringen, rang mir nur noch inneres unverständnis-beseeltes Kopfschütteln ab. 

Logisch nur, dass man die eigene Bewegungsfreiheit neu zu schätzen lernt, sobald man dieser Enge entkommen ist. An solchen Tagen hat man das trügerische Gefühl, dass ganz Berlin nach Kreuzberg gekommen ist. WannaBes, Hipstersüchtige und zwischendrin auch vereinzelt authentische Dreckfresser, die das subkulturelle Leben wirklich erfüllt und deren Dasein von naturgegebenem Anderssein lebt. Wie bei allen Menschen kann man Originalität und Realness beim Blick in die Augen erkennen, womit ich jetzt ganz gewiss NICHT meine wer das höchste Aggressionspotential vorzuweisen hat, sondern wer sich aus Liebe zur Musik den Weg in Richtung Bühne(n) bahnt. 

Mein Weg sollte, nicht zuletzt des deutlich kürzeren Weges wegen, zur Trinkteufel Stage führen. Zur Core Tex Stage könnte ich ggf. später noch gehen. Gut, dass ich Musik auf den Ohren hatte, denn der zähe Weg durch die Massen ist etwas, was ich so gar nicht mag. Das mochte ich schon an Festivals wie dem Wacken Open Air 2.001 nicht, einfach, weil es für mein Empfinden ab einem gewissen Maß an Menschenmassen und Massenmenschen zur inneren Substanzspannungsprobe wird. Da aber auf halbem Wege umdrehen auch nicht meine Sache ist, kam ich dann nach circa 30 Minuten schließlich auch an und fand meinen Platz direkt an der Seite des Trinkteufel Bierstandes, der zu keiner Sekunde vom durstigen Andrang der Leute verschont blieb. 

Sofern ich mich richtig entsinne war gerade Umbaupause, so dass ich zwar noch ein paar lose Soundfetzen von den Crushing Caspars mitbekam, aber der Umstände entsprechend nicht einmal mehr beschreiben kann was- und wie sie spielten. Fakt war nur, dass das Trinkteufel Stage Billing in diesem Jahr fett was zu bieten hatte und somit eine echte Konkurrenz zur Core Tex Stage war. 

Als Deez Nuts dann gegen 19:20 Uhr ihre Mucke in die menschenvolle Kreuzung Ecke Naunynstrasse 60 zu zockten, ging schon einiges. Zwei jüngere Damen der jugendlichen Jungschöpfung kreischten nahezu die Hälfte des gesamten Sets in bester BRAVO-Girl-Manier zu Deez Nuts als stünde Justin Beaver himself auf der Bühne. Ich dachte zu Beginn der Kreischarie nur "WTF?" bei mir und musste spätestens beim zweiten Song dauergrinsen, weil ich nicht glauben konnte, dass diese beiden Girls ihr Programm tatsächlich mit jugendlicher Ausdauer durchzogen. Spass ist was man daraus macht. (Phrasenspruch Nr. 1) ;-)

Ich schickte indes stille Stoßgebete 'gen Himmel, dass die beiden Girlies bitte nicht auf Ryker's stehen mögen! (was ich angesichts der Generation auch fast etwas verwunderlich empfunden hätte) Es muss da oben irgendwas geben, denn die beiden Girlies verließen ihren Sichtplatz mit dem Ende des Deez Nuts Sets. Im Nachhinein dachte ich bei mir, dass es auch sein Gutes hat, wenn die generations-nachkommenden Girls Mucke dieser Art hören, anstatt irgendwelche mainstreamüberhypte Musik, deren Verfallsdatum, die von Milch noch unterläuft. Deez Nuts haben jedenfalls einen erwartet guten Gig abgeliefert, was auch ein Typ unterstrich, der während deren Set auf eine Strassenlaterne geklettert war, um den Oberaffen raushängen zu lassen. Blöd nur wenn man erst einmal oben ist, dann aber keine Ahnung hat wie man sicher wieder runterkommt?! :D Ich sag nur soviel: Der Typ überlegte gute 5-10 Minuten wie er wieder runterkäme? Anstatt zum Obermacker für seine Profilierungs-Kletteraktion geadelt zu werden, konnte man in vielen Gesichtern eher ein hämisches "Vollhorst" beim Blick nach oben entnehmen. Klassischer Fall eines NICHT sinnleeren Phrasenspruches (Nr. 2): "Du bist was Du aus Dir machst." ;-)

Doch genug kluggeschissen. Die Ryker's (ab ca. 20:20 Uhr) waren mein persönliches kleines Highlight an diesem Tag, zumal sie mit ihrem aktuellen Album "Hard To The Core" bereits im Vorfeld einen weiteren Meilensteinpunkt bei mir landen konnten, indem sie ihre Stärken einmal mehr in konzentriert-geballter Ladung gebannt hatten. Dass ihr Set eine gute Mischung aus Klassikern und zwei, drei neuen Songs würde, war quasi selbstredend klar. Besonders geil war es "First Blood", "Once I Believed", "You Never Walk Alone" endlich mal live zu hören. Das Schicksal hatte es bislang so gewollt, dass ich nie zuvor Ryker's live gesehen hatte, umso mehr genoß ich deren Set auch.

Aus der Ferne konnte ich eher mittelmäßige Fotos machen. Fast ein wenig wie früher, als man noch kein Display an der Kamera hatte und warten musste bis die Bilder entwickelt waren. Doch sei`s drum, innendrin sind die Bilder abgespeichert. ;-) Ggf. kann man via YouTube auch einige Bands, die an diesem Tag/ Abend auf der Trinkteufel Stage gespielt haben, noch einmal in Ruhe checken.

Langsam dämmerte es und man sah den/ die ein- oder anderen Bekannte/ -n, was sich aber in der Masse auch wieder verlief. Zu mir hatte sich ein Pärchen gesellt. Er Berliner, sie Münchnerin. Wir kamen ins Gespräch und genossen die Mucke, die von der Bühne in unsere Richtung kam, während sich nahezu konstant permanent Menschen den Weg an uns vorbei bahnten. Darunter auch mal irgendwie Hip Hop WannaBes (Kids), die in ihrem jugendlichen Leichtsinn mit etwas zuviel Überheblichkeit unterwegs waren. In solchen Momenten merke ich immer wieder dass die Zeiten sich wirklich geändert haben. Als ich noch ein Kid war, hätte ich es mir im Traum nicht gewagt mit überheblicher Respektlosigkeit auf ein Festival zu gehen. Wie auch immer, auch diese Einzelkiddies konnten mir meine Gelassenheit nicht mehr nehmen, wenngleich ich es schon grenzwertig fand, dass einer von ihnen dem Mädel neben mir volles Brett auf den Fuß getreten war, so dass diese schmerzerfüllt aufschrie und der Kiddie rotzfrech weiterlief, ohne ein Wort des Bedauerns an sie zu richten. Der Kiddietyp war schneller als das Mädel neben mir, die natürlicherweise erst einmal ihren Fuß zurückzog und es selbst nicht glauben konnte.

Da passte der Bandname Terror (ab ca. 21:20 Uhr) wie Arsch auf Eimer zur Situation. Während es im Pit vor der Bühne zackig kochte, trugen zwei Leute ein bewusstloses Mädel aus dem Pitkern direkt zum Bierstand, wo ich meinen Platz nur einmal kurz verlassen hatte. Wir hievten die Bewusstlose über die Absperrung des Bierstandes und legten sie auf dem direkt dahinter befindlichem Tisch ab. Das Bierstandpersonal reagierte schnell geistesgegenwärtig und orderte Sanitäter, die nur 2 Minuten da waren. Das Mädel kam kurz zuvor wieder zu sich und stand noch unter Schock. Ich sagte ihrer in Tränen ausbrechenden Freundin, dass sie ihr etwas Wasser zu trinken geben solle, oft ist Flüssigkeitsmangel eine Ursache für einen Kreislaufaussetzer wie diesen. 

Es dauerte etwas bis die ins diesseitige Bewusstsein Zurückgekehrte sich von dem schock und der Erinnerungslücke wie sie zum Bierstand gekommen war erholt hatte. Sich bedankend verschwand sie mit ihrer Freundin, die versprach sie nun nach Hause zu bringen. Kurz darauf ertönte schon das COR (ca. 22:25 Uhr) Intro, das zufälligerweise dasselbe war, das ich auch auf meiner Lesetour als Outro/ Weggedanken den Leuten mitgab. Nur mit dem kleinen Unterschied, dass die Rügencore Jungs um den charismatische´n, tätowierten Freigeist Friedemann, die Finalrede aus dem Charlie Chaplin Film "Der große Diktator" nicht komplett auffuhren. Mir gefällt gerade der Teil der Rede, wenn Chaplin sich in emoptionale Höhen redet und voller Inbrunst die Menschheit beschwört das Herz regieren zu lassen und nicht den Willen macht- und raffgieriger Maschinenmenschen, deren Ziel nur von Angst beseelte Knechtschaft ist. Genau in jenen Momenten der Rede setzt eine wirklich effektive Hintergrundmusik ein, die den Worten noch einmal zusätzlich empathischen Nachdruck verleiht. 

Das COR Set kann eigentlich sein wie es will, mich persönlich faszinieren bei COR vor allem die Ansagen von Friedemann immer wieder. Egal wann oder wo ich COR schon live sah, ich habe es noch nicht erlebt, dass ich auch nur den geringsten Zweifel an der Authentizität hatte. Dennoch wäre es vermessen die Musik von COR, samit ihrer Inhalte schmälern zu wollen! Wo COR draufsteht da ist Herz, Freigeist, Verstand, Menschlichkeit und innvative Mucke drin. Oder anders (mit deren Worten) umschrieben: "Freistil, Kampfstil, Lebenstil". Inmitten dieser CORigen wege traf ich auch kurz zufällig Grobi (Gitarrist von Ryker's) noch am Bierstand. Ein kleiner Smalltalk und das Versprechen in Kontakt zu bleiben krönte diesen Abend.

Aufgrund der enormen Menschenmasse entschied ich mich etwas früher nach Hause aufzubrechen, zumal ich fest einkalkuliert hatte bis zum S-Bahnhof Warschauer Stasse so oder so laufen zu müssen, weshalb ich schliesslich noch vor dem Ende des COR Gigs aufbrach. Und der Gang durch die umliegenden Strassen zeugte von einer Massenparty wie es sie die meisten Leute sicher nur von der einstigen Loveparade in Berlin kennen. An Gesellschaftsfacetten in Sachen Klassenstand in der erzwungenen Gesellschaftshierarchie konnte man so ziemlich alles an Menschen sehen, was noch laufen, sitzen und liegen konnte, trotz des einsetzenden Mairegens. Auf Ecke der Core Tex Stage dröhnte nur irgendwelches undefinierbares Electrogedöns, das selbst den Volume-Pegel meiner Kopfhörer noch überdröhnte. Ich hatte also zumindest den Überrest der Core Tex Stage noch gesehen, bevor ich dem Asphaltfluss folgte und irgendwann an der Warschauer Strasse angekommen den Abend mit dem Einstieg in die S-Bahn abschloss. 

In diesem Sinne,

Danny B.