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CONVULSIF "Extinct"

Künstler/Band und Albumtitel: 

Erscheinungsdatum: 

10-2020

Label: 

Genre(s): 

Wenn man der Facebook-Präsenz der Schweizer Convulsif glauben darf, dann müsste es diese Jungs bereits seit 2.013 geben. Irgendwann im Verlauf der letzten Jahre glaube ich dem Bandnamen auch schon mal irgendwo flüchtig zwischen Tür und Angelhaken begegnet zu sein?! Zumindest klingelte da etwas in meinem Kopf als ich den Bandnamen las. Nun ja, wie auch immer. Der erste Eindruck zählt ja gelegentlich dann doch mal etwas mehr als der zweite, dritte, vierte... im Falle dieses Drittwerkes (das Live-Tape aus dem Jahr 2.015 mitgezählt) war es die liebevolle Aufmachung, die dieses gewisse Etwas innehatte, dem man sich nicht so recht entziehen kann. In umweltfreundlicher Hartpappe (einem Buchrücken ähnlich) verpackt, graphisch peppig und doch sehr unaufdringlich gestaltet, kommt einem stechendes Rot mit der Anmerkung "A most paradoxical mixture of Sound & Silence" entgegen, was inhaltlich schon der Grundstein dieses stark Charles Darwin inspirierten Werkes ist, wenngleich man bei 'Sound & Silence' vermutlich immer an den Simon & Garfunkel Zeitlos-Überhit denken wird, obwohl zwischen "and" und "of" der gravierende Unterschied besteht. ;-)

Ich war also gespannt von woher sich die musikalischen Spannbreiten hier spannen würden, um vielleicht bestenfalls der Evolution einen Extraschub nach vorn- oder auch zurück zu verpassen...

Trotz der etwas ungewöhnlichen Kurz-Länge von insgesamt (nur) 38:30 Minuten insgesamt, spricht man hierbei nicht etwa von einer EP in Überlänge, sondern schlicht von einem Album, das von "Buried Between One" (Track 1) in Tieftonlage düster-doomig eröffnet wird. Die Basstöne, die in der Beiinfo als "unheimlich" beschrieben werden, bilden dabei die Eckpunkte in diesem instrumentalen Düsater(t)raum. Dieser teils brachiale (vor allem im chaotischen Endteil) Experimentalepos-Wuchtbatzen hat schon ordentlich Schwerkost im Magen, die sich stilistisch jedoch nie ganz klar einordnen lässt. Auf jeden Fall sehr Progressive-lastig. Für den "handelsüblichen" Konsumenten diverser Saitenverkostungen ist das hier der fiktiv-audible Gang in das Skelett einer Industrieruine, bei der auch der Schrottplatz gleich in greifbarer Nachbarschaft liegt. Jedoch nicht im Sinne von Trash/Schrottmucke, sondern im Sinne kalter Metallanteile, irgendwo zwischen Blei, Aluminium und Titan und noisigem s/w Streifen. Es geht also physikalisch erdwärts, ganz der den Gesetzen der Natur ergeben und legt rustikale Erdgaben frei - "Five Days Of Open Bones" (Track 2). Das kann sich dann auch wie der letzte Tag der Evolution anfühlen, was ruhig bis friedlich wirkt und je nach Stimmungslage entweder als Dämmerung und Morgenerwachen interpretiert werden kann. Besonders die Bassklarinette (in der Info als "bösartig" beschrieben) legt eine Art Schleier in diese Bahnen, die erst in der Drehe der 5 Minutenmarke so langsam hochschraubt, anzieht und zu atmen beginnt. Vergleichbar mit einfallenden Sonnenstrahlen. Der leicht Industrial angehauchte Bombast, dem auch Noise Einflüsse innewohnen wird dann doch recht sprunghaft und plötzlich vom Schlagzeugspiel regelrecht beschossen. Ziemlich abgedreht und freaky!

Da das Gesamtleben hier rein instrumental stattfindet, dürften vor allem Progressive Nerds und Soundtüftler hieran ihre helle Freude haben. Für mich klingt es teilweise nach Kunst-Musik-Studenten, die den malerischen Expressionismus für sich entdeckt- und in Töne eingeformt haben - "Surround The Arms Of Revolution" (Track 3). Ich habe wirklich schon 'ne Menge abgedrehter Sachen gehört, aber dieses Album ist definitiv eines der abgefahrensten überhaupt. Man kann zwar Gerüste, Muster und Arrangementstrukturen erkennen, diese werden jedoch so dermaßen hart zer- oder besser aufgefasert, dass es schon wieder etwas für sich hat. Wenigstens kommt dank des Slap-Bass/Drumgrooves bei "Feed My Spirit Side By Side" (Track 4; Anspieltip I) noch einmal stellenweise etwas "gewöhnlichere" Catchiness as fuck auf, bevor dann der Bonus Track "Torn From The Stone" (Track 5) mit einer Eigenlänge von 13:48 Minuten zunächst vor sich hin monotoniert und eine Art hypnotische Trance/Transzendenz-Atmosphäre kreiert, die im Fluss des Laufes immer mehr wächst/aufblüht. Das Kernpulsieren im Innern dieses Stückes kocht das Innenleben hoch und lasst es in den tonalen Raum laufen. Insgesamt ein sehr mutiges, gewagtes Album, das experimentelle Normbrüche nicht scheut. 

V.Ö. 23.10.20

 

6,45/10 Schafe Schüsse

(Hummus Records 2.020)

https://www.convulsif.ch/ 

https://www.facebook.com/convulsifband/

https://convulsif.bandcamp.com/album/extinct

Danny B

Schaf Schüsse: 

6
Eigene Bewertung: 6

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