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ÖTZI "Storm"

Künstler/Band und Albumtitel: 

Erscheinungsdatum: 

05-2020

Label: 

Genre(s): 

Es ist schon erstaunlich wie unsterblich ein für uns alle "bekannter-", eigentlich völlig Unbekannter", quasi prähistorisch empfundener Mensch, der in den Südtiroler Alpen um ca. zwischen  3359 und 3105 v. Chr. im Eis umkam, nach so unglaublich vielen Jahrtausenden noch unvergesslich berühmt werden kann. Davon träumt so manche/-r/-s Instagram Wannabe Influencer-Irgendwas sicher so manche Nacht. ;-) Im Falle von Ötzi handelt es sich natürlich nicht um ein Side Project des ebenfalls nach dem "Eismenschen" benannten DJ, sondern um eine Frauentrio aus Oakland, CA (USA), die erstmals im Oktober 2.014 mit ihrer Mucke per Erstrelease (*deren selbstbetiteltes Demo Tape, das es nur noch in digitaler Form gibt) von sich hören machten. Ich selbst habe, trotz satter 4 Veröffentlichungen bislang allenfalls flüchtig mal in irgendeiner der viele nachtlangen YouTube/Spotify Home Sessions eher beiläufig von ihnen Notiz genommen, wovon jedoch nicht so wirklich etwas bewusst hängen blieb, was sich mit dem bereits im Mai veröffentlichten Album "Storm" änderte. Leider erhielt ich die Bemusterung zum Album selbst erst vor Kurzem, so dass schon 4 Monate seit der offiziellen Veröffentlichung ins Land gingen. Soweit ich den Infos vorab entnehmen konnte, wird deren musikalische Stilbreite auf den Weiten des Punk, Dark Post-Punk, Deathrock, Gothic und Post-Punk verortet, was ich ausnahmsweise komplett so unterschreiben kann. Somit ist das Jahr 2.020 in Sachen musikalischer Veröffentlichungen der klare Beweis, dass Punkmusik mit allen Sub- und Zweiggenres in voller Blüte steht und das in nahezu jeder Stilfacette, die man bislang kennengelernt hat. Somit steht der Ur-Slogan "Punk's Not Dead" fett unterstrichen felsenfest im Raum der global-musikalischen Breitengrade. 

Der Opener "Moths" (Track 1), der auch die erste Singleauskopplung des Albums war, tönt (so wie vermutet) auch direkt zwischen Dark Punk, Batcave und Gothic, wie man ihn in den Mitt-/Spät '90ern und Anfang 2.000ern oft und gern hörte, bzw. auch heute noch hört. Ich fühlte mich beim Erstdurchlauf rein musikalisch und vom Sound her an die leider stark unterbewerteten Passion Noire erinnert. Lediglich die Stimmfarbe liegt im Falle Ötzi deutlich höher als bei Passion Noire. Wie meist bei Dark Punk/Batcave üblich, geht es auch deutlich weniger krach-rumpelig zu. Der sehr angenehme Gesamtsound verschmilzt zu butterweicher Ohrenkost, die dank ihrer Melodiedynamik ebenso angenehm durch die Gehörgänge fließt. Alles im Fluss also. :) Sängerin/Gitarristin Akiko Sampson sagt über den Inhalt des Stückes: "In 'Moth'“ geht es um Metamorphose. Manchmal besteht die einzige Möglichkeit, sich selbst treu zu bleiben, darin, Veränderungen von innen heraus zu bewirken. Es geht darum, mit Unsicherheit Frieden zu schließen und zu wissen, dass diese Veränderungen sowohl notwendig als auch natürlich sind.", was von der Aussage her selbstredend mitgibt, dass es hier insgesamt auf jeden Fall tiefer unter die thematischen Oberflächen geht. 

Fast noch melodiöser empfiehtlt sich auch "Hold Still" (Track 2) zum Beflügeln zukünftiger Clubtanzflächen und Eintauchen der lockeren Art, trotz- oder gerade wegen des angenehmen Dark Touch. Dass Ötzi ganz sicher auch The Cure kennen, schimmert hier und da immer wieder mal durch - "Tunnels" (Track 3). Aber auch Basics von Shock Therapy kommen mir ebenso in den Sinn, ohne diesen zu freaky abgedrehten Dreh innezuhaben. Der starke, ausdrucksstarke, selbstbewusste Gesang gefällt mir hier echt gut und dürfte sichern, dass ich dieses Album nicht so schnell aus der greifbaren Nähe verbanne, denn umso öfter ich die Stücke höre, umso mehr bleiben sie auch hängen - "Scorpio" (Track 4; Anspieltip I). Nicht nur, dass mal etwas mehr Tempo in Richtung leichter Pogoaffinität aufkommt (dennoch auch tanzbar bleibt), sondern sogar dank einer vierten Musikerin namens Winter Zora (vermutlich ein Gastbeitrag) auf diesem Album, Saxophonklänge auftauchen, die so überraschend wie passend wirken, was in diesem Genre ja nicht gerade typisch ist, wenn man mal von Dog Eat Dog und Pan.Thy.Monium absieht, die mir spontan generell als einzige Bands in den Weiten meiner Musikwelt einfallen, die das Saxophon überhaupt mit Gitarren zusammengebracht haben. (abgesehen natürlich vom Jazz- und Blues Genre) 

Dank des Flows insgesamt, wirkt die Stücke selbst eher im Gesamteindruck, ohne dass man sich direkt die Texte hernimmt, die im Booklet komplett (sogar extra komplett noch einmal mit spanischer Übersetzung) abgedruckt sind. Erst bei "Ballad Of Oiwa" (Track 5; Anspieltip II), die vom ausdruckssstark umgesetzten Text lebt, hört/liest man genauer hin. Ich möchte zwar keinen (späten) Spoiler wagen, aber Ötzi werden vermutlich Europa spielend für sich begeistern können, zumindest in Punk-, Batcave- und Gothic Undergroundweiten. Selbst eher kurze Stücke wie "Contagious" (Track 6; Anspieltip III) zünden direkt und machen Bock auf eine Rückkehr in die Clubnächte und den damit verbunden Tiefen vernebelter Dancefloors, die von spärlich passenden Spotlights durchzogen werden. Ich staun(t)e vor allem bei nahezu jedem Stück mit welcher Leichtigkeit Ötzi ihre Texte in die unglaubig eingängigen Songs gegossen haben?! -"Eight Cups" (Track 7)- Gewiss, das Rad wird nicht neu erfunden, dafür aber umso mehr auf konstanter Drehzahl gehalten. Selbst klasse Punkeinflüsse wie Angelic Upstarts (man vergleiche hier mal den Gitarrenlauf mit "Police Oppression")  überraschen und lassen (zumindest beim Erstdurchlauf) staunen und freudig lächeln - "Outer Bounds" (Track 8; Anspieltip IV). Mich haben Ötzi spätestens damit drangekriegt. :) Bei diesem Stück bleibt der Refrainteil "Souls dance free in the underworld, set me free in the underworld, wait for me in the underworld, I Am free in the underworld" definitiv hängen. 

Es kommt nicht mehr allzu oft vor, dass mich Goth-nahe Bands noch so überraschen/drankriegen können, wenn man aber einen solch' starken Sound auffährt, der mit Sicherheit auch den Einfluss von Bands wie Christian Death mitbekommen hat, dann hat man (zumindest bei mir) leichtes Spiel, wenn man denn auch die Stimmung dafür hat - "15 Stars" (Track 9). Das etwas stärker Gothic durchzogene Albumtitelstück "Storm" (Track 10; Anspieltip V) entführt im Albumfinale noch einmal in die Zentrumtiefen der '90er Jahre Schule in Sachen Gothic Clubbeschallung. Wer hätte gedacht, dass ich mich je wieder so krass zeitversetzt fühlen würde und so wahnsinnige viele Clubnächte vor dem inneren Auge noch einmal ablaufen, während mir "Storm" der Soundtrack dazu ist. Man möchte so manch' alte Zillo, Orkus, Sonic Seducer, Gothic oder auch dem Astan Magazin Compilation wieder rauskramen und noch einmal die alten-, oft im Nebel verbliebenen Zeiten bereisen, die in jenen Momenten als sie stattfanden, so zeitlos schienen. Chapeau Ötzi! Sehr, sehr empfehlenswertes Album!

9,5/10 Schafe Schüsse

(Artoffact Records 2.020)

https://www.facebook.com/Otziband/

https://otzi.bandcamp.com/

Danny B

Schaf Schüsse: 

9
Eigene Bewertung: 9

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