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DANZIG "Sings Elvis"

Künstler/Band und Albumtitel: 

Erscheinungsdatum: 

05-2020

Label: 

Genre(s): 

Glenn Danzig verhält sich quasi so zu den kultigen Misfits wie Marky Ramone zu den Ramones, nur mit dem doch sehr feingradigen Unterschied, dass Glenn Danzig der Ruf vorauseilt etwas "extravaganter" zu sein. Mit anderen-, straighten Worten der wirklich großartigen Stimme eilt der Ruf der Arroganz voraus. Das jedoch soll hierbei nicht unbedingt im Fokus stehen, zumal es zu meinem Credo gehört zwar diverse Nuancen mit zu beachten/einfließen zu lassen, aber am Ende immer die Musik selbst stehen soll, wenngleich das Eine mit dem Anderen letztlich immer auch untrennbar verbunden ist, bzw. zusammenhängt. 

Danzig selbst hat sich spätestens seit "Mother" vom 1.988 erschienen-, nach sich selbst benannten Solodebütalbum, auch als Soloartist etabliert und einen ziemlich amtlichen Backkatalog an Soloreleases geschaffen. Jede/-r, der Danzig's Stimme kennt/schon gehört hat, weiß, dass wohl kaum ein anderer Musiker eine solch' Elvis nahe Stimme zu bieten hat, womit das hier vorlegende Album quasi nur eine Zeitfrage sein konnte. Nicht umsonst hat Glenn Danzig den Beititel "Elvis from Hell" inne. Übrigens hat dieses Album mit Danzig's Debütalbum gemeinsam, dass es ebenfalls im August erschien. 

Der August als Sommerwonnemonat aller Löwen bleibt auch faktisch traurige Brücke zum King Of Rock And Roll himself, denn genau heute (16.08.) vor 43 Jahren verstarb Elvis Aaron Presley mit nur 42 Jahren. Den sogen. "Club 27" hat er damit nur um einige Jahre beinahe doppelt überlebt und Songs hinterlassen, die weltweit Tausende von Wannabes und Imitatoren (weibliche, wie auch männliche) nach sich gezogen haben und noch immer kein Ende in Sicht ist. In sofern stimmt es - "Alles endet, aber nie die Musik.".

Danzig ist selbst bereits 65 und man kann letztlich nur froh sein, dass er noch lebt, wenn man bedenkt, dass in den letzten zwei Dekaden so viele grossartige Musiker/-innen das "Building verlassen haben.". Mit Blick auf Danzigs bisherige Soloalben dürfte dieses Album nicht nur "very special" sein/bleiben, sondern ist es tatsächlich auch, denn hier kann man nicht einfach das "Satanic Boy" Branding Ding durchziehen oder gar in den Fokus stellen, denn egal welches Selbstbild Glenn Danzig von sich auch haben mag, Elvis wird immer unverrückbar wie der Fels in der Brandung (vergleichbar mit dem Sinnbild der amerikanischen Freiheitstatue) über allen im Rock And Roll stehen, abgesehen vielleicht von dessen eigenen Einflussgeber/-innen. Die Einzigen, die es bislang auch nur annähernd auf Augenhöhe mit Elvis schafften, dürften Little Richard (R.I.P.), Jim Morrison (R.I.P.), Janis Joplin (R.I.P.), Jimi Hedrix (R.I.P.), Ian Fraser „Lemmy“ Kilmister (R.I.P.), Johnny Cash (R.I.P.) oder auch Chuck Berry (R.I.P.) z. B. sein. Alles Zeitikonen von denen Glenn Danzig dann faktisch und realistisch betrachtet noch in weiterer Entfernung steht, wenngleich (und das sei ausdrücklich betont!) Danzig mit The Misfits definitiv seinen ebenfalls unverrückbaren Platz in der Musikgeschichte innehat. Saved sozusagen.

Wenn man vorab die Auswahl der Elvis Songs auf diesem Tribute Album durchgehend liest, wird schnell klar, dass da auch einige Stücke dabei sind, die es vielleicht nicht unbedingt auf eine der unzähligen-, kommerziell ausgelegten Best Of Elvis Compilations schaffen würden. Die Gründe dafür sind wie immer ganz klar subjektiver Natur. Somit hat Danzig hier seine ganz eigene Auswahl getroffen, ob mit- oder ohne Kalkül, spielt dabei eine eher nebensächliche Rolle. "Is It So Strange" (Track 1) eröffnet dieses Album mit nostalgischer Atmosphäre. Verglichen mit der Originalversion von Elvis, klingt Danzig stellenweise leider nicht so angenehm warm und vollrund wie Elvis selbst. Vermutlich ist das aber leider auch den zeitlich unterschiedlichen Aufnahme- und Soundmöglichkeiten geschuldet. Leider weiß ich nicht welcher Produktionsmethoden sich Danzig bei diesem Album bedient hat, der Schluss, dass es heutzutage wohl kaum noch funktionierende Aufnahmetechnik aus den '50er Jahren in den diversen Studios gibt, bzw. diese genutzt werden, dürfte aber eine durchaus größere Rolle bei diesem Album spielen. Letztlich vermag Danzigs Version von "Is It So Strange" dennoch zu berühren und macht sich bestens zur Einstimmung. Trotz des Midtempo, der coolen Hüftschwung/Mitwippatmosphäre und der teils etwas dreckigeren Rock 'N' Roll Attitude des Originals von "One Night" (Track 2) kommt Danzig selbst eher glatter davon, hat das Defizit jedoch clever gelöst, indem er einen eher trockenen Halleffekt nutzt(e), um etwas mehr erdigere Atmosphäre als Brücke zum Original herzustellen. Mir persönlich fehlt dabei leider der zündene Kick insgesamt. :/ 

Bzgl. des nächsten Stückes "Lonely Blue Boy" (Track 3; Anspieltip I) entdeckte ich in Sachen Hintergrundrecherche, dass nicht wenige Songtexte für Elvis geschrieben wurden (zugegeben mein Wissen über Elvis's Songs selbst ist eher dünner Grundnatur), schliesslich hatte der den originalbetitelten Song "Danny" von Ben Weisman und Fred Wise geschrieben bekommen und ihn performed. Gerade an diesem Stück versuchten sich auch eine Menge andere bekannte Musiker wie z. B. Cliff Richard And The Drifters/Mike Sammes Singers (*im selben Jahr der Originalveröffentlichung), Vince Eager, Billy Hancock with The Tennessee Rockets, Shakin' Stevens, Elvis Castello And The Attractions, sowie auch Dale Watson vor einigen Jahren. Somit muss sich Danzig an der Geschichte und der Eigendynamik dieses Stückes messen lassen, was dieser überraschend stark meistert und endlich etwas unverkrampfter klingt und sich stimmlich auch stärker in Richtung Elvis entfaltet. Freilich insgesamt gesehen erneut ein eher ruhigeres Stück, das im Fahrtwasser von Ballade und Filmschnulzenmucke der damaligen Filmindustrie wie auch das Original eher an die schnulzeliebenden Herzen voller Sehnsucht andockt. Musikalisch trotzdem- oder vielleicht auch gerade deshalb so grosses Kino. 

Den ersten Song, den Weisman einst im Jahr 1.956 für Elvis schrieb, schiebt der Elvis-Kenner Danzig im direkten Anschluss mit "First In Line" (Track 4) nach. Hört man die Originalaufnahme davon, wird die Nähe von Danzigs Stimme zum King selbst noch tiefer bewusst. Danzig war im Vorfeld der Albumplanung clever genug, um sich diese Nähe zunutze zu machen. Effektiv bedeutet das, dass der/die Hörer/-in Danzig unweigerlich noch näher an Elvis empfindet und damit der Beititel "Elvis from Hell" spätestens damit für alle Zeiten zementiert und konserviert ist. Die sehnsuchtschwangere Wehmut eines Elvis'schen Sonnenuntergangs schwingt auch wieder voll mit und erinnert an eigene Kindertage als Filme mit Elvis in der Hauptrolle zum Wochendstandard der wenigen TV Sender gehörten. Fühlt sich irgendwie gut an und eint in Sachen frühprägender Erfahrungen lockeren Raumes Europas Generationen mit den amerikanischen. Und genauso zielsicher wie diese Art Songs chronisch immer weiter in der Zeit zurückreisen lassen, geht es Danzig mit dem Title-Setting an und befördert den/die Hörer/-in mit "Baby, Let's Play House" (Track 5; Anspieltip II) bis ins Ursprungsjahr 1.955 zurück. Zu Beginn erinnert mich Danzig ganz kurz an Sid Vicious (R.I.P.), der sich ja auch an einigen Rock And Roll Klassikern versuchte, jedoch von den Skills allenfalls ein okayes Mittelmaß erreichte. Mit zunehmen Verlauf entwächst Danzig diesem Vicious-ousem Spontaneindruck schnell wieder. Schade ist hier lediglich, dass Gitarre und Bass soundmäßig zu wenig Druck abbekommen haben und so der Flow des Originals fehlt. Dennoch erfreulich, dass insgesamt deutlich mehr Rock ins Rollen kommt. Schade, dass das bereits mit "Love Me" (Track 6; Anspieltip III) direkt wieder zurück ins Balladenfahrtwasser übergeht, was möglicherweise auch der besseren Vermarktung zuträglich ist. Erstaunlicherweise hat man stellenweise dabei aber den Eindruck der King himself wäre von den Toten auferstanden und würde hier ins Mikro atmen. Unglaublich mit welcher Intensität Danzig hier performed. Als Sidefact sei mitgegeben, dass dieses Stück u. a. auch beim legendären "Aloha From Hawaii" Teil des Livesets war. 

"Pocket Full Of Rainbows" (Track 7; Anspieltip IV) hingegen war nicht nur Teil der Filmperformances von Elvis (* "G. I. Blues"; 1.960), sondern selbstredend auch aus dem mittleren Teil der Karriere von Elvis Presley. Glenn Danzig hat bei seiner Version von "Pocket Full Of Rainbows" die Kurve mit einer fast schon beängstigenden Leichtigkeit genommen. Weder schickte er sich an das Experiment einer weiblichen Duettpartnerin (wie in "G. I. Blues") zu wagen, noch zu sehr das Original zu kopieren. Danzig schafft es hier eine wirklich starke eigene Version zu kreieren. 

Einen quasi "doppelten" Covereffekt hat "Fever" (Track 8) inne. Elvis nahm einst den Faden der Originalversion von Little Willie John auf und interpretierte das Stück auf seine Weise. Man weiß ja, dass man Elvis "den weißen Jungen mit der schwarzen Stimme" nannte, mit Bezug auf seine Version jedoch, spielt diese Etikettierung keine Rolle, zumal das Ur-Original schon stimmlich ganz anders klang. Demnach hatte es Danzig hierbei auch leicht in Sachen Interpretation. Natürlich hielt Danzig sich hier eher an Elvis, denn an  Little Willie John. Insgesamt geht das in Ordnung. Eine Mischversion aus beiden Versionen hätte hier vielleicht für etwas mehr Überraschung sorgen können?

Ebenfalls um eine Doppelcoverversion handelt es sich auch bei "When It Rains It Really Pours" (Track 9; Anspieltip V).  Billy "The Kid" Emerson veröffentlichte seine Version 1.954. Elvis Presley nahm seine (Cover-)Version zwar nur drei Jahre später auf, veröffentlichte sie aber erst im August 1.965. Danzig wiederum hielt sich auch hier eher locker an die Elvis Version und lässt damit erneut deutlich Rock 'N' Roll orientere Töne hören, die auch etwas Flair des Originalstückes in Sachen Blues Rock/R&B zulassen. Bislang eines meiner subjektiven Favoriten auf diesem zuerst recht wagemütig empfundenen Album, das mit "Always On My Mind" (Track 10; Anspieltip VI) eine weitere doppelt gecoverte Version zum Zuge kommen lässt. Leute meiner Generation werden das Stück entweder von der Ur-Originalversion von Brenda Lee kennen oder von Elvis selbst, der das Stück als Erster überhaupt coverte. 1.987 gesellte sich eine weitere, sehr erfolgreiche Coverversion der Pet Shop Boys hinzu, die damals die Charts hierzulande aus dem Stand eroberte. Danzigs Version kann ich letztlich nur als meisterlich bezeichnen. Danzig schafft es tiefe Emotionen aus einer fast schon stoischen Ruhe heraus zur Entfaltung zu bringen. Dabei schafft er es Nostalgie, Sehnsucht und Nachdenklichkeit auf einer Ebene verschmelzen zu lassen, dass man geneigt ist diese Version als "Hall Of Fame" wertig zu bezeichnen. 

Seltsamerweise funktioniert hier auch das Soundgewand im Direktvergleich mit der Elvis Version. Demnach kann sich dieses Album vermutlich besser entfalten, wenn man sich nicht zu sehr an den Elvis (oder den Ur-Originalversionen) Versionen orientiert. 

Genauso klar(er) wird einem, wie viele Stücke Elvis letztlich gecovert hat, was auch "Loving Arms" (Track 11) einschließt, das im Ur-Original von Kris Kristofferson und Rita Coolidge im Jahr 1.973 erstveröffentlicht wurde. Nur einige Monate später nahm Elvis seine Version davon auf, veröffentlichte dieses Cover aber nicht zu Lebzeiten. Es wurde posthum 1.981 veröffentlicht. Wenn man genauer hinhört, fällt auf, dass hier sowohl bei Danzigs Version, wie auch bei der Elvis Version, leichte Country/Blues Untertöne mitmischen. Danzig schafft es im Vergleich zu Elvis dem Geruch von Schlageratmosphäre zu entgehen. Es ist stark zu vermuten, dass Danzig dieses Risiko nicht eingehen wollte, sich so weit an Elvis's Version heranzuwagen. Vielleicht hat Danzig es auch bewusst mit Vorausblick auf "Like A Baby" (Track 12) an diese Albumstelle gesetzt, das die Doppelcoversionskette an dieser Albumstelle unterbricht. Wenn Danzig hier seine "Wohoooohohohoooo" Parts singt, klingt er fast ein wenig heiser, anstatt kraftvoll bei Stimme wie einst auf seinem Solodebütalbum. Mit anderen Worten eine heikle-, bzw. sehr mutige Entscheidung sich so roh-erdig zu präsentieren, was einem Grundrespekt abringt. Nicht erst bei Kurt Cobain hat man die Überbeanspruchuung der Stimmbänder nach zu vielen energiegeladenen Takes als finales Stilmittel genutzt, um Akzente zu setzen. 

Ebenfalls Akzente setzte Elvis einst mit der Coverversion "The Girl Of My Best Friend" (Track 13). Das Ur-Original von Charlie Blackwell wurde 1.959 als B-Seite verbraten und wurde erst durch das Elvis Cover bekannter. Bei dem Ohrwurmpotenzial kein Wunder, dass Danzig's Wahl hier vermutlich extrem leicht fiel, wenngleich sich der Flow der Elvis Version hier nicht so schön lockerleicht ausbreitet, zumindest empfinde ich das so. 

Den Schlusspunkt setzt Danzig mit "Young And Beautiful" (Track 14), der von Elvis 1.957 in "Jailhouse Rock" ebenfalls am Filmende gesetzt wurde. Hier finde ich die Performance von Danzig mindestens nahezu auf Augenhöhe mit Elvis vom Feeling her. Danzig haucht hier butterweich ins Mikro. Ein versöhnlicher, würdiger Schlusspunkt hinter ein Tribute Album, das zwar nicht gänzlich sofort überzeugt, sondern definitiv mehrere Durchläufe braucht, es am Ende jedoch besonders bei Elvis und Danzig Fans im Regal nicht fehlen darf.

7,75/10 Schafe Schüsse

(Cleopatra Records/Membran 2.020)

http://www.danzig-verotik.com/danzig/danzig2.html

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Danny B

Schaf Schüsse: 

7
Eigene Bewertung: 7

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