Neuen Kommentar hinzufügen

Bild des Benutzers DannyB

Zwischengedankenschuss, April 2.020

Zwischengedankenschuss aus Berlin 

"Get up, Stand up"

 

April 2.020

Das allseits herrschende Thema, das offenbar vielen wie eine Zwangsjacke vorkommt (natürlich Mundschutz inkl.), malt ein Bild wie aus dem Film "12 Monkeys" - bizarr, abgedreht und nicht so richtig begreifbar, was die Realität und die Gefahr angeht, die uns die Natur in ihrer ganzheitlichen Evolutionsspannbreite zurückgeschossen hat, nachdem wir gern genommen haben und die Raffgier uns kollektiv hat mehr nehmen-, als zurückgeben lassen. Der Mensch hat massenhaft getöt, gerodet und vergiftet.

Dass der Mensch zu oft ein ignorantes, selbstsüchtiges Arschloch ist, zeigt sich auch aktuell in trauriger Wahrheit - in Brasilien stellte man jüngst, im Nebensatz(!) der Conronakrise, die größte Rodung des Urwaldes fest, was rein klimatisch verheerende Folgen haben wird - und das alles "nur" für unseren Instantkonsum, der nichts anderes als Größenwahnsinn ist. Mäuler seien zu stopfen und die Nachfrage sei ganz generell schuld. Ja, klar.... Aber wer fragt denn eigentlich (da)nach? Also danach, dass man Bäume einfach mal bis zu einem Stumpf kürzt, der gerade so noch aus der Erde ragt? Also WELCHER Endverbraucher möchte das? Oder noch klarer nachgefragt: WELCHEM Endverbraucher ist diese Auswirkung seines Konsums wirklich tiefenbewusst??? "Ach, das habe ich ja gar nicht gewusst..., also wenn das so ist..." - JA, so ist das, man redet auf Nachfrage auch gern raus. Die Bäume sind längst gefällt und es wird Jahrzehnte dauern bis sie nachgewachsen sind. Im Regenwald klaffen fußballfeldergroße Wunden auf, die per Satellitenbilder wie von einem überdimensionalen Haartrimmer reinrasiert wirken. 

Und hierzulande jammern und merken die Menschen und ergehen sich in rechthaberischen Meinungsbekundungen nach denen keiner fragt. Angebot und Nachfrage gilt also offenbar ausschließlich für die Konsumwelt. Nach 3-4 Wochen Quarantäne sei es dann jetzt auch mal gut... Menschen sterben weltweit zu Tausenden, aber es sei ja auch mal gut mit dem Wahnsin...! Sind das eigentlich dieselben braven Konsumlemminge, die sich immer alles leisten, weil es ja was hermacht im Ansehen auf fett und reich zu machen, die aktuell so laut nach der Aufhebung der Beschränkungen schreien? 

Sind das vielleicht auch zufällig genau die, die ernsthaft(???) dagegen sind, dass man Flüchtlinge aus Lesbos holt, weil die Zustände dort fern jeglicher Humanität sind? Und wir reden hier u. a. von Kleinkindern, die teilweise bereits krank sind! 

Ich kann in diesen Tagen und Wochen nicht fassen wie die Masken virtuell reihenweise fallen. Wie viele Menschen die einfachsten, empathischen Dinge nicht verstehen/nachvollziehen können und lieber erst einmal losschwallen und sich dabei selbst ein Armuszeugnis bzgl. des Mitgefühls ausstellen. Am Ende heißt es dann man müsse ja auch andere Meinungen tolerieren und diskussionsbereit sein. Wie aber kann/soll man mit Menschen vernünftig, sachlich und auch empathisch diskutieren können, wenn deren Herz im Gefrierfach des Tiefkühlers liegt? 

Krisen polarisierten schon immer und spalteten die Menschen, übrigens weltweit. Diese Krise, so scheint mir, spaltet nicht nur, sonder wird vermutlich eher den Effekt des Absprengens haben. Die Vernunft rückt bei vielen immer mehr in weite Ferne. Zu viele halten es mit sich selbst nicht aus. Wie auch, wenn man immer nur geackert hat, den Urlaubsflug gebucht hat, im Urlaub aber zu viel Zeit damit verbracht hat die Bilder in die Galerien der virtuellen Welt hochzuladen, anstatt das vielleicht später zu Hause zu tun?! 

Mir fallen aktuell aber auch all' die positiven Seiten innerhalb der "Krise" auf. Mir wird von Jahr zu Jahr immer bewusster, dass man sein Leben selbst ausrichtet - schon von den Gedanken her. Sicher, man schenkt auch vielen negativen-, frustrierenden Dingen (zu)viel Aufmerksamkeit, weil man sie nicht ignorieren- und gewähren lassen kann (in vielen Fällen). Ich für meinen Teil richte mich aber nicht mehr daran aus. Ich versuche meine Gedanken auf das zu lenken/zu richten, was mir die jeweilige Situation erträglich macht. Aktuell ist z. B. das Erblühen der Bäume und Pflanzen etwas, das mich jeden Tag auf's Neue fasziniert und mir ein Lächeln (nicht nur ins Gesicht) zaubert. Die Luft erscheint mir klarer denn je und ich fühle mich geruchsmäßig oft zeitzurückversetzt in Kindheit und Jugend als der ganze Feinstaub vielleicht noch nicht so präsent war wie vor der Corankrise. 

Kaum kommt man dann online oder gibt sich mal kurz die Nachrichten im TV, um auf dem aktuellsten Stand zu bleiben, hört man wieder die medialen-, auf Breitbandebene verarbeiteten Rufe derer, die ihrem Fernurlaub nachweinen, die Konzerte vermissen (was wohl JEDE/-R tut) etc. pp. - die volle Palette - und das alles wegen ein paar Monaten ohne. Dass in all' dem auch eine große Chance liegt, scheint nur wenigen in den Sinn zu kommen. Wie auch? Schließlich muss man ja fast schon damit rechnen, dass die Menschen im Irgendwann nach der Krise "je oller, je doller" einen ganz neuen Anstrich des Wahnsinns verpassen werden, weil sie ja so viel verpasst haben! Jedoch leider vergessen haben mal nach innen zu reflektieren, ist ja auch unbequem.. dabei könnte die Entschleunigung doch gerade jetzt den Blick nach innen lockerleicht freimachen?! Das innere "Entrümpeln" täte bei vielen wirklich mal not. All' die aufgestauten Dinge mal reflektieren und verarbeiten. Und dabei auch mal riskieren Herz, Seele und Verstand neu zu entdecken und zu ordnen. 

Ich weiß nicht, ob es nur an der Mentalität hierzulande liegt, aber ein solches Risiko-, bzw. Risiken generell geht der deutsche nur ungern ein. Abgesehen vielleicht von all' den Barbetreibern, Clubbesitzern und denen, die sich mit viel Hoffnung in der Unterhaltungsbrache (vom Underground bis hin zum Overground) einst selbstständig gemacht haben. Diese tapferen Freiheitssuchenden, die unser aller Lebensqualität über so viele Jahrzehnte mitgestaltet, ausgeschmückt und verschönert haben, könnten schon zeitnah zu wirtschaftlichen Verlierern werden. Die Meisten von ihnen wären aktuell selbst über Kurzarbeit froh. Da aber Konzerte zunächst nicht in gewohntem Rahmen drin sind, kann der/die Roadie, der/die Messeba(e)uer/-in, der/die Tourbegleiter/-in etc. nur aus dem Wohnzimmer online zusehen wie sich die gesamte Welt neu ausrichtet und dabei vergisst. Das Geld schwindet und damit bei zu vielen die Hoffnung oder auch die Kraft für Hoffnung an sich. 

Wann, wenn nicht jetzt, müsste die Frage in den Sinn kommen, warum eine Gesellschaft so hart der Wirtschaft-, resp. dem Geld unterworfen ist? Die Lücken/Wunden/Verwundbarkeit des Global-Systems liegen offen vor Augen. Ob es wohl Alternativlösungen gäbe zum Wohle aller? Wären diese überhaupt gewollt und realisierbar? Da war doch dieses "Risiko", das so völlig fernab vom Kuscheln mit den eigenen Gewohnheiten liegt... das Denktier innendrin geht in die nächste still verzweifelte Gedankenrunde, aber hey, aktuell haben wir ja zumindest mehr Zeit als sonst hinter den verordneten Masken zum Selbstschutz auch mal verschiedenen Gedankenpfaden zu folgen. Es liegt also auch darin eine nette, kleine, konstruktive Chance. 

Ich werde mich dabei ganz sicher nicht ausnehmen. Ich entrümpel gerade auch fleißig, was ich jedoch von Zeit zu Zeit auch ohne Krise tue. Vor allem löse ich mich von bestimmten Menschen, die immer alles wissen - vor allem über mich und von mir, mein Leben aber weder kennen, geschweige denn meine Wege und inneren Kämpfe kennen, die man im Laufe der Jahrzehnte still ausgefochten hat oder es hier und da noch tut. 

Manche sagen, dass das nie ganz aufhört (was ich in gewisser Hinsicht auch glaube). Ich nutze das, um all' das kreativ zu verarbeiten, was nicht immer schön ist, weil man dabei gnadenlos ehrlich zu sich selbst sein muss, was wiederum sehr befreiend sein kann. Das schönste Resultat daran ist am Ende, dass man sich nicht nur jahr(zehnt)elang extrem die Seele aufreibt/-gerieben hat und permanent das innere Gleichgewicht nicht nur immer wieder neu/täglich auszubalancieren hat(te), sondern auch andere Menschen deine Worte, deine Lieder und Gedanken in den Netzweiten finden und dir unglaublich persönliche-, ergreifende Worte schreiben, die so viel Hoffnung mitschicken, dass man tief ergriffen innehält und weiß wofür man geboren wurde und all' das erträgt. 

In solchen Momenten weiß ich wieder, dass das echte, ungefakte Bedürfnis ehrlichen Herzens die Hoffnung nährt und sie nicht freigibt, wer auch immer sie mit trivialer Negativität ersticken will. Egal wie oft und wie viele Male man auch kleingeredet/-gehalten wurde/wird, die Größe besteht u. a. darin, wie oft man aufstehen kann... ich habe zwar nicht mitgezählt, da ich keine Statistik(en) führe, aber hey here I stand - here I go (on) again.

In diesem Sinne,

Danny B.

Tags: