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ALLES MIT STIL "Gegen jede Vernunft"

Künstler/Band und Albumtitel: 

Erscheinungsdatum: 

04-2019

Label: 

Genre(s): 

An die österreichische Band Alles Mit Stil kann ich mich noch gut erinnern, zumal ihr 2.016er Debütalbum "Chaos" stellenweise durchaus bei mir punkten konnte, zumal man mit dem "Rapcore" Crossover 'ne schöne Brise frischen Windes durch die Musiklandschaft wehen ließ. Ich meine mich sogar zu erinnern, dass man kurzfristig öffentlich das Aus der Band verlauten lassen hatte(?), was möglicherweise im Zuge des Ausstiegs von Leadgitarrist Patrick "Rick" Tschurtschenthaler (*2.016) zunächst auch so zu sein schien. Diese Position fiel Johannes "Jak" Jakober zu, der lt. Internet bereits 2.015 Teil des Lineups ist. 

Der Erfolg des Vorgängeralbums, der bis auf Rang 58 der österreichischen Charts- und 2.017 sogar bis zur Nominierung in der Kategorie "Hard 'N' Heavy" bei den Amadeus Austrian Music Awards führte, setzte dementsprechend hohen Erwartungsdruck an die Band, die nun ihr brandneues Album "Gegen jede Vernunft" (inkl. Labelwechsel) vorlegen, das vorab visuell per Coverartwork mit zeitgemäßen Mexican Gangster Style mehr Rap/Hip Hop Nähe suggeriert. "Gangster" Style, bzw. wortwörtlich "Die Gang" (Track 1) setzt das erste Zeichen auf diesem Album. Vom Stil her bleibt man sich selbst treu, besonders das letzte Songviertel lässt dabei (abgesehen von den Rap-typischen Shout-Chören) etwas mehr Raffinesse zu. Die Vorabsingle "Keine Zeit" (Track 2) setzt rein musikalisch sogar mit (Heavy) Metal beeinflussten Gitarrenintrodingläufen Akzente. Ob diese eine Art Reaktion auf die eingangs erwähnte Kategorie-Nominierung sind, kann nur die Band selbst beantworten. Was mir insgesamt fehlt ist etwas mehr Dreck/Kante, wie man das seinerzeit von genreführenden Bands wie Such A Surge oder Phase V hören konnte. Vielleicht liegt das am heutigen High Quality Produktionsstandard, was die Gefahr erhört zu glatt zu klingen. So ein wenig Swiss + Die Andern Nähe kommt mit "Bipolar" (Track 3; Anspieltip I) auf. Vor allem textlich kommt hier auch die Message gut, jedoch schießt man im Kontext mit dem Songtitel auch leicht quer, da eine bipolare Störung durchaus ein ernstzunehmendes Krankheitsheitsbild ist. Da kann man natürlich darüber diskutieren wollen, um den Zusammenhang aus der Sicht des (der?) Songtextschreibers zu verstehen. 

Indische ausgelebter Gangnam Style macht aus dem folgenden "A.M.S." (Track 4; Anspieltip II) feat. Evil Jared (*Bloodhound Gang) schon im ersten Anlauf einen Sofortzünder. Ziemlich fette Rhythmik lässt den Riffs schön fließenden Schubraum, der kurz-, aber knackig effektiv das Brett rockt. "Verrat an der Wirklichkeit" (Track 5) wirkt im direkten Vergleich dazu etwas dünner. Gesanglich versucht man etwas mehr vom Sprechgesang wegzugehen, was dann leider den Effekt hat zu sehr an eine der zu gleich klingenden "deutsch Rock" Bands zu klingen. Kein schlechtes Stück, aber auch kein wirklicher "vom Hocker Reißer". Zwar bietet "Deine Entscheidung" (Track 6) insgesamt deutlich mehr Flow an, kann den Arsch aber letztlich auch nicht noch nicht gänzlich hochwuchten. Die Ansätze mancher Momente sind es, die das Potenzial dieser Band durchschimmern lassen, was jedoch insgesamt zu wenig genutzt wird. Dann eher "Spiegelwelt" (Track 7; Anspieltip II) anchecken, das mit dezenteren Wegen die Stärken hörbar besser hervorzustellen versteht. Es muss eben nicht immer krampfhaft auf many Skills gebürstet werden, sondern einfach intelligent aufgeteilt/arrangiert sein. ;-)

Dass Alles Mit Stil durchaus wissen wie "es" geht, unterstreicht auch "Untrennbar" (Track 8) in ähnlicher Auslage. Besonders die Metal Einflüsse diverser Gitarrenläufe, die zwar noch lange nicht so stark fett vom Stapel gehen, wie die diverser Genrekönigen wie z. B. Stuck Mojo, Clawfinger, Neurotic November oder auch Dog Eat Dog, aber vielleicht ist das auch genau der Spielraum, der für die Zukunft von Alles Mit Stil noch Entwicklung zulässt? Es geht ja letztlich just um Verfeinerungen-, ein breiteres Spektrum in Sachen Sound. Vom Kernsound haben diese Jungs ja defintiv etwas für sich, das kann man offen zugeben. Dass man mit dem richtigen Gespür für Gesangparts mehr reißen kann, gibt z. B. "1000 Zeichen" (Track 9; Anspieltip III) mit. Sehr schade auf jeden Fall (aus meiner Sicht auch ein Minus insgesamt), dass man die kompletten Lyrics nicht ins Booklet integriert hat. 

Eine musikalische Überraschung hat man mit "Schwarz/Weiss" (Track 10; Anspieltip IV) im Gepäck, dass mit im Country angedeuteten Slideguitar Style beginnt und in einen Mitgeh-Lauf fließt. Auf diesem Album defintiv eines der "Gute Laune Stücke" - zumindest dem Hörgefühl nach, zudem shaked hier der Ohrwurm höchstselbst die Backen. An diesem Stück gibt es definitiv nichts auszusetzen - im Gegenteil, genau hier zeigt sich das Machbare dieser Band am Deutlichsten. 

Über das okaye "Ewigkeit" (Track 11) geht es zum Uptempo Driver "Schweigen ist Gold" (Track 12) über. Mit dicker Hose verspricht man "auf die Fresse", obwohl man vorab in einem anderen Stück dieses Albums meinte, dass man die Fresse aufmachen sollte, um eine Revolution zu starten. Hier aber sagt man "Schweigen ist Gold", bzw. besser. Für mich (subjektiv!) tut sich hier ein Widerspruch auf, zumal "auf die Fresse" sowas von schwachsinnig und out ist. (damit leider auch deutliche Sympathieeinbußen einhergehen; zumindest bei mir) Entweder hält man die Fresse oder man macht sie auf - ein Zwischendrin klingt mir in diesem thematischen Kontext letztlich wie eine halbe-, inkonsequente Sache. Da Alles Mit Stil mit einem Bein im Hip Hop Metier stehen, mögen polarisierende Abschwallungen wie diese quasi dazugehören. Trotz typischer Posen kann/darf man die Realness insgesamt (nicht zuletzt dieser Kontroverse wegen) dennoch kritisch hinterfragen. "Freier Fall" (Track 13; Anspieltip V) macht im Finalgang noch einmal musikalisch vertrauten Boden gut. Von der Melodieführung fühlt man sich unweigerlich an eines der starken Stücke von "Chaos" erinnert, doch das darf der interessierte Antester/Auschecker selbst herausfinden. 

Ingesamt finalbetrachtet tendiere ich zu einem sehr ähnlichen Feeling wie nach  "Chaos", zwar hat man die musikalischen Stile klarer definiert und teilweise ausgebaut, aber insgesamt packt mich zu wenig von dem, was dabei rüberkommt. Überwiegend spürt man zu wenig von dem, was vom Inhalt her über die Theke gehen soll. 

V.Ö.: 12.04.19

 

6,15/10 Schafe Schüsse

(Rookies & Kings/Soulfood 2.019)

http://www.allesmitstil.at/

https://www.facebook.com/AllesmitStil/

Danny B

Schaf Schüsse: 

6
Eigene Bewertung: 6

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