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UNHOLD "Here Is The Blood"

Künstler/Band und Albumtitel: 

Erscheinungsdatum: 

11-2018

Label: 

Genre(s): 

Da flattert mir erneut eine Band aus der Schweiz, genauer gesagt aus Bern, in den Player/auf den Tisch und man stellt fest, dass es diese bereits seit August 1.992(!), also seit satten 26 Jahren gibt. Wow! Das hat Seltenheitswert im Underground der Schweiz. Solange (und länger) sind allenfalls deren Schweizer Kollegen von Samael und Celtic Frost aktiv. Ein zusätzlicher Krassfakt ist, dass man aktuell drei Vokalisten in der fünfköpfigen Besetzung hat. Luxeriöse Basisbedingungen. Was allerdings die Stilumschreibung "Alphine Distortion" angeht, so war das stilbegriffliches Neuland für mich. Warum "Here Is The Blood" erst die vierte Veröffentlichung ist (sofern die Discography auf der Bandcamp Site komplett ist), kann nur die Band selbst beantworten. 

Bevor ich mich jedoch noch mehr in den Vorabdetails verliere, lege ich lieber erneut die Scheibe ein und gehe in Richtung Finaldurchlauf über, der mit "Attaining The Light" (Track 1; Anspieltip I) seinen Anfang nimmt und direkt das längste Stück des Albums mit 8:28 Minuten herannahen lässt, um via gitarrenintonieretem Erwachen diesem Werk Leben einzuhauchen. Spontan denkt man bei den ersten Tönen an Alcest oder auch an Sólstafir, dieser Eindruck ändert sich mit dem einsetzendem Gesang von Miriam Wolf (piano/voc.), der epische Weiten hervorzaubert, wie man sie z. B. von Dead Can Dance dem Ursprung nach kennt. In etwa in Höhe der knapp überschrittenen 3:00 Minutenmarke setzt mehr Rock/Metal ein und bringt auch härteren, männlichen Gesang mit, der kraftvoll daherkommt und die Gesamtatmosphäre noch mehr vertieft. Unweigerlich kommen einem Tiamat zu "Clouds" Zeiten ein wenig in den Sinn. Beim Erstanlauf war ich schwer überrascht von der hohen Intensität und der Tiefe, die Unhold zu entfesseln imstande sind. Mit solch' einem starken Einstieg, stehen die Vorzeichen definitiv hörbar gut im Sinne der Zukunftsweichen für die Schweizer/-in. Im Gesamtgemisch schwelt auch etwas Neurosis mit, das aber just als komplettierende Randnotiz. Mit "Convoy" (Track 2) geht man eine Spur noisiger zu Werke und lässt die Mucke tieferen Einschnitt nehmen. Vom eben noch spirituellen Anstrich geht es zu schmerz-vertonten Gedanken über, die auch von der Suche nach tieferen Sinnesgebungen leben. Ich bin noch etwas zwiegespalten, ob man angehörs der Mucke schon von "okkultem Charakter" sprechen kann? Wahrscheinlich empfindet das jede/-r Hörer/-in anders. Fakt ist, dass die Mucke ziemlich kraftvollen Intensionsschub mitbringt, dem man sich kaum zu entziehen vermag. Etwas verwirrend sind just die emotionalen Wechselstimmungen in der chronologischen Abfolge, zumal es zu Beginn von "Deeper In" (Track 3; Anspieltip II) dank des erneuten Gesangseinsatzes von Miriam Wolf wieder etwas sanft-epischer zugeht. Sludge Einflüsse treffen auf die epischen Wellenschläge, die einst Bathory ein ganzes Genre neu sub-prägen ließ. Das alles mit frischer Eigenmarke angereichert, ergibt letztlich ein Stück, das mitzureißen weiß und ganz großes Kino mitführt. Fernweh verschmilzt mit Tagträumerei und Sinnessuche/-wahrnehmung(en).  Aus meiner Sicht schon an dieser Stelle ein Album, das ganz weit vorn in Sachen "Album des Jahres" mitspielt. Man tat gut daran der Atmosphäre den nötigen Raum zu lassen, wie es auch bei "Curse Of The Dime" (Track 4) in bestechenden, mehrstimminigen Gesängen ausgeweitet wird. Wie eine Welle, die einen erfasst, umspült und schließlich davonträgt, trotz der leichten Sludge Screaming Ansätze, die brutaler als manches Death Metal Growling klingen. Mittlerweile ist man auch über die Albumhälfte hinweg. Ich persönlich kann nur von der Gratwanderung zwischen (positiver) Verwunderung und Dankbarkeit bzgl. der Mucke sprechen. Es ist schon eine Weile her, dass ein Album so viel tonale Farbgebungen aufgefahren hat, die vom Gemisch aus Sludge, kleinen Doom Momenten und Epic Metal/Rock Stilmitteln leben. Auch "Hunter" (Track 5) macht da keine Ausnahme, ganz im Gegenteil etwas Old School Wave fließt hier sogar stilerweiternd mit und erweist sich als fast schon avantgardistisch im Geiste von Christian Death und erneuten Dead Can Dance Anleihen. Wirklich schier unbeschreiblich was Unhold hier servieren. Hut ab!

Unhold sind übrigens nur deshalb so gut, weil sie wie aus einem Guss klingen. Die harmonisch ausbrechende Fusion der Instrumentalisten machen dieses Album erst zum Volltreffer, wenn man denn offen für diese Art Mucke ist. Gerade auch in den ruhigeren Momenten wie zu Beginn von "Pale" (Track 6), was erneut an Alcest erinnert, spielt die umgebende Zeit kaum eine Rolle. Erst mit dem einsetzenden-, alles zerfetzenden Vocals wird man mit aller brutalen Sogkraft in die dieseitige Realität zurückgeholt. Das Ganze hört sich in einem Wort umschrieben nach purem Schmerz/Zerissenheit an. Die emotionale Wucht erwischt dabei unausweichlich und hat 'ne Menge Finsternis im Innern. Das einleitende Sample, das der Dokumentation "Titicut Follies" von Frederick Wiseman entliehen wurde, läutet mit "Altar" (Track 7) schließlich den Teil spirutuell-okkulter Tiefe ein. Wenn man die Lyrics ein wenig intensiver liest, könnte man sie auch auf die Gesellschaft heutzutage übertragen, was im Umkehrschluss die musikalische Umsetzung verstehen lässt. Mit "The Chronic Return" (Track 8) geht es ins Finale dieses fast 49 minütigen Albums. Es geht versöhnlich ruhiger zu und man kehrt (zumindest aus meiner Sicht) zu den Stärken von Unhold zurück. Klar, der Bombast-, die Wucht der härter ausgelegten Stücke hat auch seine Berechtigung auf diesem Album. Ich finde Unhold dennoch deutlich intensiver, wenn sie sich atmosphärisch ausleben, was nicht selten auch gerade mit den Gesängen von Miriam Wolf noch mehr Anziehungskraft zu entfalten weiß. Mehr muss man abschließend auch gar nicht sagen, außer dass dieses Album ein wirklich verdammt stark-stimmiges Meisterwerk ist, das wahnsinnig viele Facetten mitbringt. 

V.O.: 09.11.18

 

9,5/10 Schafe Schüsse

(Czar Of Bullets/Czar Of Revelations 2.018)

http://www.unholdmusic.ch/

https://www.facebook.com/unholdmusic/

https://unhold.bandcamp.com/

Danny B

Schaf Schüsse: 

9
Eigene Bewertung: 9

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