20.01. 18 "Live im Gefahrengebiet", Berlin-Friedrichshain mit:
ES WAR MORD
https://www.facebook.com/eswarmord.official/
TOO TOUGH TO DIE
https://www.facebook.com/TooToughToDieBand/
Es ist schon einige Zeit her, dass die Gegebenheiten passten, um ein gutes Punkkonzi in Berlin zu besuchen. Zufällig bekam ich dank des Too Tough To Die "Mikroständers" Dirk von diesem doch recht speziellen Konzi inmitten von Berlin F'Hain Anfang Januar mit. Den Namen der Location... kann/sollte/darf man den erwähnen in Zeiten von staatlicher Räumung, Bauboomprofit und subkultureller Szeneverteibung im einst so espritreichen, bunten Szeneviertel Berlin-Friedrichshain? Ich entschied mich dagegen (deshalb auch keine Fotos), einfach, um diese Location und ihre Macher nicht sinnlos zu gefährden, denn gerade dieser Charme dort ist es, der Berlin zu dem Berlin macht, das man lieben gelernt hat. Diejenigen, die an diesem Abend da waren, werden wissen wovon ich rede.
Für mich stellten sich gleich drei nette Gegebenheiten: feierfreundliche Bierpreise, (vermutlich) keine Hipster-Touris (zumindest konnte ich keine ausmachen) und zwei Bands, die ich unbedingt mal Live erleben wollte. Gute Gründe also.
Einst hatte ich den sympathischen Karl Nagel dort gesehen und die Atmosphäre nicht nur als authentisch, sondern sich selbst gegenüber mit Betonästhethik als ehrlich und rauh empfunden - genau mein Ding, wenn es um den Punk Spirit geht. Rauh natürlich nicht(!) im Sinne von "prollig" oder ähnlichem Scheiß, sondern rauh im Wohnzimmercharme zu Hause. Als Rahmengebung feierte auch eine Nadine Geburtstag, die ich just vom Sehen und flüchtigen Smalltalk vom "Resist To Exist" Besuch her kenne - nachträglich noch Alles Gute!
Mittlerweile trinke ich auch öfter auch mal ein Sterni beim Ausgehen - das ist preiswert und erfüllt den Zweck der Gaumenbefeuchtung, zumindest zunächst. ;-) Anfangs, nach der Orderung eines solchen, war es noch überschaubar gefüllt, so dass sich etwas Smalltalk mit eingangs erwähnten Dirk und Patricia (späterer Bühnengast von TTTD). Beide hatte ich zwischen anderthalb bis mindest. zwei Jahren (mindestens) nicht gesehen, da ist die Wiedersehensfreude natürlich cool, aber doch im Herzen groß(art-ick).
TOO TOUGH TO DIE werkelten bereits auf der Bühne rum, stöpselten schon einmal die Gitarren ein und soundcheckten schon vor. Dirk (*auch "Q-Ring" oder "Kaiser von Neukölln" genannt), der seine Stimme für die Toughen hergibt, hatte so gar keine Eile die Bretter zu entern - im Gegenteil, hier herrschte Arschruhe, anstatt Arschwasser. ;-) Der zuständige am Mischpult legte indes den Pendelgang im Jojo-Stil zwischen Bühne und Mischpult ein. An sich konnte man es im überschaubaren Raum hinkriegen, wahrscheinlich aber hatte man gerade so die Penunzen für das Equipment gehabt, das da am Start war? D.I.Y. und erdiger Underground(ab-)staub(er) halt. Das hat manchmal auch Eigencharme für sich, fernab von HighEnd Sound und glattgebügelten Mainstream-Egos.
Als Too Tough To Die schließlich loslegten, ich meine mit dem Ärzte Cover "Schrei nach Liebe"(?), hatte es sich bereits weiter gefüllt, was aber "noch" im Bereich des Angenehmen war, was sich zunehmend ändern sollte.
Die Skeptiker Gitarrist Tom Schwoll, der auch gleichzeitig Gitarrist von Es War Mord ist, war auch bereits anwesend und hob sich schon kleidungstechnisch im schicken Hauch von Billy-Style optisch vom Rest der Besucher ab. Hier durfte auch geraucht werden, was seinen Anblick noch zusätzlich unterstrich. Sehr sympathisch, dass der "Co-Headliner" sich die Vorband aus Interesse gibt. Das ist heutzutage bei vielen Bands (zumindest in Punk/PunkRock/Ska/Oi Kreisen) Gott sei Punk wieder vermehrt der Fall, was gut so ist. Und während Too Tough To Die auch mal leicht holperten, ging das Publikum mehr und mehr mit, wenn auch etwas verhalten, was für Berliner Verhältnisse kein seltenes Bild ist. Ob das Ramones Cover "Pet Sematary" oder das leicht schräg dargebotene Nirvana Cover "Rape Me" - hier ging was, zumindest, wenn man das Maß des Beifalls wahrnahm. Mich als Nirvana Hörer ärgerte das leicht sangesschräge Cover zwar etwas, allerdings machten Too Tough To Die das mit einer Special Art Einlage wett, die eine Message mitgab. Patricia sprang zum TTTD Gitarristen auf die Bühne und riß ihm (mit etwas Anstrengung) das Shirt entzwei. Klasse Aktion! Man muss in diesem Kontext erwähnen, dass es einige Spinner gibt, die es als "sexistisch" empfinden, wenn Musiker auf der Bühne ihr Shirt ausziehen. Totaler Blödsinn sowas! Das sollten sie mal Kassierer Fronter Wolfgang Wendland versuchen als Stempel aufzudrücken. Wahrer Sexismus findet beim Entledigen des Shirts jedenfalls meines Erachtens nicht statt. Dafür bräuchte es auch mehr eindeutige Aktion(en). Kurt Cobain (R.I.P.) hätte das mit Sicherheit von der Message her zugesagt, die TTTD hier auf einfache Weise mitgaben. Schließlich hatte eine Frau diese Aktion gestartet. ;-) Too Tough To Die eben. :-)
Eben jene Patricia schmetterte dann später einen Song lautstark am Mikro mit TTTD und hatte sichtlich Spaß dabei. Insgesamt muss ich TTTD auf jeden Fall noch mal erleben und checken, was sie noch so an Songs zocken?! Als Opener gingen sie auf jeden Fall klar.
Mittlerweile war die Location deutlich menschenbefüllter, nahe an der Überfüllungsgrenze quasi, leider. Zu meinem Leidwesen waren es auch noch viele Raucher, was die Luft im Raum spürbar dicker/stickiger machte. Und während die kurze Umbaupause für ein neues Bier und den Toilettengang genutzt wurde, fragte ich mich ernsthaft, warum dieselbe Szene, die die Grenzen des Sexismus genaustens ausgelotet wissen möchte, um etwas mehr Respekt vor dem menschlichen Individuum zu schaffen (der Grundgedanke dahinter ist tatsächlich von ehrbarer Natur!), sind es oft dieselben Diskussionsbefacher/Wortführer, die ihre Kippe ungeniert in den Raum abdampfen, vielleicht sogar direkt neben einem Asthmatiker?! Klar, ich bin da normalerweise recht entspannt und habe echt weite Toleranzrahmen, zumal ich das einst auch so kennenlernte und pflegte - Punk, Metal, Rock 'N' Roll, Bier und Kippe. Es gehört zum Charme in gewisser Weise. Dennoch dürfte auch dieses egoistische Verhalten mal diskutiert werden, ohne jetzt zu pingelich sein zu wollen. Respekt ist keine Sache von Themengebieten, sondern sollte insgesamt stattfinden - überall. Wenn der Artist/Musiker auf der Bühne raucht, kein Ding, aber jeder vierte Konzibesucher geht mir persönlich auf Dauer echt zu weit, zumal mir niemand die Qualität der Gesundheit streitig machen darf, geschweige denn ggf. wiedergeben könnte. Auch nicht aus Sucht- oder Coolness-Gründen. "RESPEKT" ist einfacher als gedacht.
ES WAR MORD hatten sich derweil in (Bühnen-)Stellung gebracht, um ihr Set zeitnah zu beginnen. Ich nahm mit einem Platz an der Bühne vorlieb, auch um wenigstens etwas Platz zu haben und den lau-leichten Frischluftzug, der glaube ich vom Backstageraum herkam, abzubekommen. Am Bühnenboden konnte man einen "Crime Scene" Kreideumriss einer fiktiven Leiche sehen - ein cleveres Trademark. ;-)
Was dann losbrach war Punk in seiner Reinform. Gitarrist Tom Schwoll vollzog den ultimativen Saiten-Prüfstand, während Es War Mord Frontmann "Stunk" mich stellenweise an keinen Geringeren als den jungen Johnny Rotten erinnerte, während Tom gelegentlich die Wand vollrotzte. Sid Style?
Zu meinem Leidwesen war die Luft nun nicht nur zigarettenstickig, sondern wurde auch deutlich siedepunktgefälliger. Pogo, über einen schwappendes Bier und Zigarettenqualm satt. Das, was ich vom Gesang mitbekam, waren noisige Fetzen, die verzerrt klangen, dennoch kam der Charme der Mucke dabei nicht zu kurz, im Gegenteil, das war echtes Kino in Sachen Wurzelgang und erinnerte mich an erste Betontod Konzerte z. B., die ich im SO36 z. B. erlebt hatte. Ob "Das Blut an den Fahnen", "Rosige Gesichter", "Freitag der 13te" oder "Der Hobel", was Es War Mord ins Rund rockten war etwas, das mit diesen Jungs rechnen lässt, denn Live on Stage kommen die Songs mit einer ganzen Ecke mehr dreckiger Dynamik um die Ecke als auf dem Album "Unter Kannibalen". Das ca. 60-80 minütige Liveset hat jedenfalls absolut gePUNKtet.
Die Kiss Cover Band Fox Devils Wild, die zuletzt spielte, gab ich mir aufgrund der leider zu derben Stickluft nicht mehr und setzte zum Wegessprung ins "Freibeuter" über, um von dort aus noch in einem Club abzutauchen.
Danny B.
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