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DIE SKEPTIKER "Kein Weg zu weit"

Künstler/Band und Albumtitel: 

Erscheinungsdatum: 

01-2018

Label: 

Genre(s): 

Ist es tatsächlich schon wieder 5 Jahre her (immerhin eine Halbdekade!), seit dem letzten Album der Berliner Die Skeptiker? Man muss sich immer wieder neu justierend vergegenwärtigen, dass der Zeitenlauf so ungnädig wie auch schnell voranrädert. Immer schneller, intensiver und weiter, aber eben auch scheinbar austauschbarer, zumal man heutzutage oft und gern schnell Verdrängung und Vergessen in der Relativierung sucht. 

Kaum eine Band hat so viele politische Diskursfärbungen miterlebt (abgesehen von OHL, Slime oder auch Dritte Wahl vielleicht) und auf eigensinnige Weise dokumentiert. Genau davon lebt der Schmelztiegel (namens Die Skeptiker) der musikalischen Mitschreiberlinge der Punkgeschichte hierzulande, fernab von der Ost-West-Klischeekategorisierung. 

Mit "Kein Weg zu weit" schlagen Die Skeptiker wieder einen spürbar kritischeren Weg zurück zu den Ursprüngen ein, was man schon vorab beim Blick auf die Artworks bemerkt. War "Aufsteh'n" noch von der Freude an eigenwilliger Kunst und Farbfrohsinn geprägt, herrscht hier eher wieder Signalwirkung innerhalb zeitgemäßen Stils von Chris W. Jany. 

"Entschuldigung" (Track 1) öffnet die Tür inmitten kritikwürdiger Zeiten mit dem Rückblick in geerdetem Stand. Rein musikalisch klingen Die Skeptiker wieder nüchterner bzw. ernüchterter und schließen an Ursprünge, die zuletzt nicht ganz so breit aufgestellt erfühlt werden konnten. Auch die Einblicke in privatere Resümees -"Immerfort" (Track 2) weiß, nicht zuletzt dank der vertrauten Eigenphrasierung in Sachen Gesang, die Ohren auf Empfang zu halten. Vor allem bzgl. der Gitarrenläufe klingen Die Skeptiker anno 2.017 wieder um einiges kerniger. Wenn es dann noch mit Tempoanzug in Richtung Pogo geht, weiß man direkt zu zünden/zu gefallen - "Kein Weg zu weit" (Track 3; Anspieltip I). Zwischen Völkerflucht und Waffengeschäften zeichnen Die Skeptiker ein selbsttönend scharfkantiges, explosives Bild. Freilich wird ein recht bekanntes Zitat im Text (*von Normahl) hierbei auffallen, passt aber einfach perfekt in den Kontext.

Was ich für meinen Teil immer schon am Eigencharme der Skeptiker mochte, war das Gespür für die lyrische Note mit der Eugen Balanskat die Feder führt und diese letztlich gesanglich umzusetzen weiß. "Wenn ich..." (Track 4; Anspieltip II). Das hat Klasse und sollte wieder öfter im gesamten Genre zum Bedürfnis gehören. Musikalisch entfaltet sich immer mehr die Blüte der vergangenen 5 Jahre. Manchmal wirkt der Gesang sogar etwas Heavy (geschult) Metal affin, zumindest wenn Eugen Balanskat in die langgezogenen Töne geht, wie es z. T. bei "Abgrund" (Track 5) der Fall ist. 

Düsteres Kriegsdunkel kommt im Kopf auf -"Gas 14/18" (Track 6; Anspieltip III) und zeichnet bedrückende Szenarien, die allerdings leider immer noch sehr real sind. Die Realität selbst ist selbstredender Horror, das haben Die Skeptiker hier mit sehr viel Feingespür im Detail transportiert und gebannt. Da bietet das fast hymnische "1918" (Track 7) zunächst etwas Kontrast, wird allerdings vom Lauf selbst in den Fadenknoten eingebunden, der letztlich aufgeht. Hier wurde Geschichte so vertont, dass selbst Geschichtsfan Lemmy (R.I.P.) mit Verzückung reagiert hätte. (trotz des realen Bitter-Beigeschmacks)

Zuweilen staunt man über das hohe Tempo, das Die Skeptiker wieder offensiver mit sich führen - "Lebensreise" (Track 8; Anspieltip IV) und sogar versteckten Singalong anbieten. Die Skeptiker schaffen es hierbei eine ganz entscheidende Zeitkomponente festzuhalten, nämlich die der Relativierung, die wohl den Jahresläufen inneliegt?! Der Rundumblick lebt auch von berlininternen Beobachtungen/Erlebnissen -"Gegen die Wand" (Track 9)- einer Stadt im Wandel, der diese leicht ausgelaugt-verkaterte Dauerstromstimmung eines je verregneten Hangover Sonntags inneliegt. 

Dagegen weiß "Ich weiß nicht" (Track 10) den Blick zu einer Generation wandern zu lassen, die entscheidende Dinge verlernt zu haben scheint? Die "einfach mal machen"-Mentalität in den letzten Atemzügen? Da kommt man schon schwer ins Grübeln, bevor "Schlußakkord" (Track 11) selbigen setzt. 

Für mein Gefühl ist "Kein Weg zu weit" facettenreicher als "Aufsteh'n" und lebt genau von dieser Vielfalt, vor allem auf lange Sicht. Ein echt starkes Album!

9,0/10 Schafe Schüsse

(Destiny Records/ Broken Silence Distribution/Finetunes 2.017)

http://www.dieskeptiker.com/

https://www.facebook.com/pages/Die-Skeptiker/121965827874842?fref=ts

Danny B

Schaf Schüsse: 

9
Eigene Bewertung: 9

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