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BÖHSE ONKELZ "Memento - Gegen die Zeit + Live in Berlin" [3DVD]

Künstler/Band und Albumtitel: 

Erscheinungsdatum: 

12-2017

Label: 

Genre(s): 

Vergegenwärtigt man sich immer mal wieder im Erdungsprozeß mit den umgebenden Dingen im Leben, dass es eine ganze Weile von knapp 10 Jahren(?) so schien als gäbe es die Onkelz "nie wieder" (unfreiwillige Gedankenbrücke; die aber genau genommen auch Teil der damaligen Pause/Gegebenheiten war, Stichwort Kevin) zusammen auf den Brettern dieser Welt, die sie selbst seit mehr als drei Dekaden mit den Werkzeugen ihrer Charaktere/ihrer gemeinsamen Wege immer wieder auf jeweiliger Zeit-Voraus-Ebene nahe an den Fan gebaut, gezimmert haben, dann erkennt man auch leichteren Herzens, die Nägel und Nieten, die da im Frankfurter-Main-Holz stecken. Auf "Floß-Niveau" sind die "fantastischen Vier" losgeschippert, um die Musikindustrie in ihre damals arroganten, überheblichen Schranken zu verweisen. Man erkannte die Chance des realen Beispiels der Onkelz in Sachen Entwicklung und der Wirkung über Jahrzehnte nicht, bzw. wollte offenbar nicht erkennen/wahrhaben und verpasste damit wichtige Chancen der Gesellschaft eben auch die positive Abkehr von Oberflächlichkeit, Wut, Hass aufzuzeigen. Es erscheint aus heutiger Sicht fast abstrakt bis leicht ironisch, dass genau das die Onkelz selbst erkannten und versuchten sich den eher unverrückbar scheinenden Urteilen selbsternannter Richter aus den Medien und diverser Bands dennoch offen zu stellen. Von deren Pionierarbeit von deren Atem in Überlänge profitieren mittlerweile andere Bands, die nicht einmal ein Viertel dessen an Arbeit geleistet haben, um sich diversen Vorwürfen zu stellen.
Man kennt die Gerüchte, Mythen und Sach-/Faktverdrehungen bzgl. der Onkelz und ihrer Geschichte (die sie selbst nie verleugnet-, aber eben auch hinter sich gelassen haben), die von den Medien und Konzernen der Musikindustrie gesteuert wurden und zu einer in der Musikgeschichte beispiellosen Hetzjagd führten. Auch heute noch klebt der Dreck politischen Versagens in Sachen Nähe zur Unter-/Mittelschicht, den man den Onkelz zuschob/auf sie warf, am Name dieser Band, die seltsamerweise im Ausland in der Oberliga der Rock- & Metalmusiker längst den verdienten Respekt, Achtung und Anerkennung erhalten hat. Mit "Gegen die Zeit" legen die Frankfurter nun ein Zeitdokument vor, das bei den Fans direkt zum Must Have gekürt wurde, was nicht zuletzt der On Top Einstieg in den Charts mit fettem Ausrufezeichen untermauerte. Vor allem "Das Wunder der Persönlichkeit" eines Kevin Richard Russell (voc.) steht mit breiteren Beinen im Zentrum dieser Doku, zumindest empfindet man das im Vergleich diverser früherer Video-/DVD Produktionen der Onkelz so. Wer nun aber glaubt, dass Kevin Russell hier nur mit der Steinmiene hinter einer Sonnenbrille versteckt in die Kamera abjobt, der wird enttäuscht, denn "Gegen die Zeit" schafft es die neue, bandinterne Lockerheit einzufangen und lässt den lockeren-, manchmal eigensinnigen (da charakterlich bedingt), lebensgeistig-gegenwärtigen Humor auf Bauchmuskelfühlung gehen. Ob das Drummer Pe ist, der sich der Champus-Versuchung im Hotelzimmer ausgesetzt sieht, mal eben dem dreisten Fan ins Netz geht oder ein Kevin Russell, der grinsend in die Kamera fragt, ob er wieder schimpfen muss? Es sind diese situationshumorigen Momente, die einen nicht unbedeutenden Teil dieses Dokufilms ausmachen.

Schade nur, dass z. B. die Aufnahme des Livealbums in Dortmund, das mit dem 36. Bandjubiläum auf den Tag genau zusammenfiel und auch per Ansage gewürdigt wurde, sowie das erste Livealbum in Dortmund 20. Jahres-Jubiläum feierte, nicht Teil des Films wurde. Hier hätten sicher viele Fans etwas mehr erwartet. Es gibt bei solch' großen Produktionen natürlich immer viel Für und Wider, verständlich. Die Schnitte wurden dafür recht modern zeitgemäß auf ein High-End-Standard-Level gebracht, was man im Vergleich mit sämtlichen Onkelz Live Produktionen bemerken wird.

Zwar hatte ich im Vorfeld an das einst erwähnte Filmprojekt bzgl. der Onkelz Geschichte gedacht, wurde aber von dieser Doku nicht enttäuscht. Im Gegenteil, erstmals überhaupt darf man den Onkelz im Studio über die Schulter schauen, dabei kam nur Drummer Pe dürftig weg. Man merkt recht schnell wie jeder Einzel-Onkel gereift ist. Die Charaktere der vier wurden meines Erachtens nie zuvor so greifbar lebensnah real eingefangen. Aus den (wie sie es selbst einräumen) "nichtskönnenden Großfressen" (*bzgl. Können mal Gonzo klar ausgeklammert; schließlich brachte sein Gitarrenspiel die Onkelz zu ersten Erfolgen/mehr Beachtung in der Bandgeschichte; mit einem schlechteren Gitarristen wären die Onkelz heute gewiss nicht da, wo sie sind) sind professionelle Musiker geworden, die allesamt weitesgehend sie selbst geblieben sind. Der individuelle Entfaltungsraum hat sich bandintern sichtlich, spürbar geöffnet, was den Onkelz auch viele neue Möglichkeiten bietet, die so vorher nicht im Spiel waren. Wenngleich die Vergangenheit manchmal noch durchkommt. Die Trump'sche Regierung lässt einen wie Kevin nicht ins Land, was der wiederum mit Humor trägt. Vermutlich würden aus den einstigen "Kneipenerroristen" anno 2.018 auch "Weiß(e)HausTerrorristen" haha. Ein Kevin Russell würde vermutlich dem Trump mal die Fönwelle neu stylen, wenn er ins Mikro brüllt, während Pe vermutlich Trump den Imageberater geben würde und aus dessen everyday Bad-Hair-Style mal eben 'n Psycho Flat hervorzaubern würde - mit Drumsticks könnte man locker 'ne Tolle hinkriegen. XD

Doch zurück zum edel verpackten Hochwertprodukt aus dem Hause Böhse Onkelz. Mit der Doppel-Live-DVD "Live in Berlin" geht es nach knapp 2 Stunden Filmdoku noch zur Liveschau ins volle Set der letzten Tour über. Das Zeitmagma fließt hier auf natürliche Weise in technisch gewohnt hoher Erwartung, nur eben showtechnisch auf einer neuen Ebene in Sache High-End-Standard. "Der ganz normale Wahnsinn" im Hause Onkelz. ;-)
Die neue Spielfreude und die deutlich erweiterten Bewegungskreise on Stage (insbesondere bei Kevin Russell) machen direkt Bock, zumal der Sound selbst dann noch ordentlich Druckwellen vor sich herschiebt, selbst wenn man die Live DVDs via Computer und schnöden Standardboxen in den Raum laufen lässt. Zeitlose Kracher wie "10 Jahre" kommen auch anno 2.017/2.018 noch mit fettem Drive um die Kurve. Selbst das tausendfach gehörte "Nur die Besten sterben jung" schafft es nichts an original-intimer Gänsehautatmosphäre einzubüßen, im Gegenteil. Wie gesagt hat der Sound großflächig bestechenden Anteil daran, denn der knallt konstant und ballert ordentlich, trotz konstant-simpler Regler(ein)stellung(en).

Schade nur, dass sich die Ansagen heutzutage noch zu selten geteilt werden. Es könnte dem Gesamten noch etwas mehr Esprit geben, schließlich haben auch Gonzo und Kevin früher (Ende der '80er/'Anfang der '90er Jahre) öfter mal zwischendurch das Wort an die Fans gerichtet bzw. Songs angesagt. Natürlich sind Stephan Weidners Ansagen nicht wegzudenken, das ist damit auch gar nicht gemeint. Es hätte just etwas mehr Vielfalt/Abwechslung inne und würde der neuen Spielfreude auch individuell noch mehr Ausdruck zuverleihen. Oder sehe ich das falsch?
Von der Songauswahl her, auch bzgl. der zweiten DVD, haben die Onkelz einen typisch bunten Strauß gewählt, der von Must Plays bis zu neueren Songs vom "Memento" Album das Rundumpaket bietet. Wer also wirklich Bock auf Musikgeschichte hat und sie hautnah miterleben will, der/die sollte sich dieses Gigantenwerk unbedingt ordern. Ich muss kein Prophet sein, um voraussagen zu können, dass diese 3er DVD zukünftig ein Klassiker werden wird, an den wohl hierzulande maximal (vom Kultstatus her) Rammstein rankommen dürften. Man kann nur hoffen, dass man hierzulande originellen Originalen -und damit meine ich vor allem die Onkelz- endlich offen zugesteht, dass sie Großes geleistet haben. Man muss die Onkelz nicht mögen, aber achten und respektieren kann man sie, wenn man denn nicht gerade eine/-r derer ist, die ihr Feindbild einer Gewohnheitsverbitterung wegen pflegen. In diesem Sinne mal nicht "gegen", sondern auch mal FÜR die Zeit. ;-)

Schafe Schüsse Hammermarke!

10/10 Schafe Schüsse
(Matapaloz 2.017)

http://www.onkelz.de/
https://www.facebook.com/boehseonkelzoffiziell/

Danny B

Schaf Schüsse: 

10
Eigene Bewertung: 10

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