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SÓLSTAFIR "Berdreyminn"

Künstler/Band und Albumtitel: 

Erscheinungsdatum: 

05-2017

Label: 

Genre(s): 

Die seit 1.994 aktiven Isländer von Sólstafir erst im letzten Viertel des Jahres 2.015 für sich entdeckt zu haben, mag man selbstkritisch beinahe als Frevelei bezeichnen, doch in meinem Fall genau so geschehen. Möglich, dass ich zuvor irgendwo auch schon ein Stück aus der frühen Black-/Death Metal Phase der Band gehört habe, hängen blieben allerdings erst Stücke ab "Svartir Sandar" (*2.011). Vor allem der Übersong "Fjara" ist bis heute konstanter Teil meines MP3 Players bzw. der heimischen Beschallung. Zwar verstehe ich kein isländisch, aber dank mancher Lyrikvideos und englischer Untertitel versteht man (bei einigen Songs zumindest) auch die Worte hinter all' der Energie, die den Kern des Sólstafir Sounds mittlerweile ausmachen, der heutzutage eher im Epic/Alternative Rock auf Reisen geht. 

Mit "Berdreyminn" erschien kürzlich das Folgealbum nach "Ótta" (*2.014), das Sólstafir hierzulande bis auf Platz 25 der Top 100 Album hatte charten lassen, zurecht. Klar ist es im Schatten eines sogen. "Erfolgsalbums" nie leicht qualitativ auf ähnlicher Höhe nachzulegen, doch Sólstafir nahmen die Challenge an und haben mit "Silfur-Refur" bereits einen ersten Videoclip zum Album nachgeschickt. Man könnte von einer selbstbewusst-offensiven Herangehensweise sprechen.

Eben jenes Stück "Silfur-Refur" (Track 1; Anspieltip I) eröffnet "Berdreyminn" nämlich auch. Die fast vorsichtigen, ersten Töne gehen es behutsam an, um dem/der Hörer/-in den typisch leicht düster-mystischen Schleier der Sólstafir Magie sanftmütig überzuziehen, um dann wie ein Wolkenbruch allen Regen frisch niederprasseln zu lassen. Genau das passiert just in diesen Momenten draußen, als diese ersten Klänge im Finalgang sich in den Raum gießen. Wie von Zauberhand mit den musikalischem Fluß im Einklang. Ein wahrlich magisches Schau- und Hörspiel! Die markant-eindringliche Stimme von Aðalbjörn Tryggvason und das immernoch headbanger-affine Zusammenspiel packt bereits hier alle catchy Elemente aus "schwarzten Sand" (*= "Svartir Sandar") und "Ótta" komprimiert-, clever arrangiert in diesen Opener, der mit Ohrwürmern wie "Fjara" oder "Lágnætti" auf Ohrenhöhe rangiert. Da passt die bandeigene Aussage "Sólstafir is the transcendent sound of absolution." recht gut.

"Ísafold" (Track 2) beginnt dagegen wie in der Weite islänischer Landschaften verloren, was man vom atmosphärischen Hör-Feeling bereits von Sólstafir kennt, aber immer wieder fähig ist, einen zu packen. Gerade die dezent-solide Instrumentierung, zusammen mit den Fills zwischendrin, macht dieses Stück aus, dessen starker Basslauf von Svavar Austman Traustasons auch musikalisch den berechtigten Stand der Band unterstreicht. Natürlich gibt es auch Pop Elemente, die eingewoben wurden, aber warum auch nicht? Wenn man dabei von einer klanglichen Sphäre zu einer Tiefgängerballade wie "Hula" (Track 3; Anspieltip II) getragen wird und sich fast in paradiesischen Klangsphären aus völliger Balance wähnt, ist das schon unglaublich großes Kino! Mit wie viel Feingespür  agieren Sólstafir und ihre Ideen umzusetzen wissen, ist schlichtweg beeindruckend. Aðalbjörn Tryggvason (voc.+git.) läuft schrittsicher mit den Pianoklängen, umrahmt von engelshaft-opernhaften Gesängen zwischendrin. Big Wow! 

Es gibt Albumstellen/Stücke, die so starken Eindruck hinterlassen, dass es schwer fällt direkt zum nächsten Song überzugehen, egal wie stark der Fluß des Albums auch ist. Nicht so einfach auch hier bei "Nárós" (Track 4) anzukommen, das auf einer anderen Ebene der Ruhe Platz genommen hat und einen eher einsamen Raum ausleuchtet, dessen Stimmung dank der Gitarren eine Schwere auf die Brust legt, dass es schon ins Melancholische abdriftet. Gut, dass das Stück sich nicht gänzlich darin verliert, sondern so plötzlich (wie un-erahnbar) wie eine durchgestoßene Eisdecke aus sich heraus in einen catchy Drive kommt, dass man nur Staunen kann. (zumindest beim ersten Durchlauf ein echter Überraschungsmoment!) Sólstafir entwachsen mit diesem Album verdammt stark den alten Wurzeln zu neuen Ufern hin. Der Beginn von "Hvít Sæng" (Track 5) klingt zunächst wie eine Zeitlupenfortführung von "Fjara" - nur mit anderem Text. Sólstafir schaffen es den Faden neu zu klöppeln und bewegen sich (ähnlich wie bei "Nárós") aus der stoischen Ruhe in einen catchy Rocksong hinein. Auch die Gitarrenarbeit klingt hier der von "Nárós" im Drive ähnlich. Der sehnsuchtsschwangere Unterton bleibt Teil und Kern des Sólstafir Gesamtsounds. Kompakt, leicht mystisch/düster, aber packend und mitnehmend. 

Man hat das Gefühl, dass Sólstafir auf diesem Album mehr mit Pianoklängen gearbeitet haben, was auch "Dýrafjörður" (Track 6; Anspieltip III) und die darum herumgebauten Bildersphären unterstreichen. Immer wieder hören sich die Stücke wie ein Freiflug über stille Gebirgsketten/Wolken an. Auch hier haucht Melancholia erneut sanft ins Ohr. Allerdings weniger depressiven Anklangs, sondern eher verträumt bis nostalgisch. Immer mehr komme ich im Gefühl die gedankliche Nähe zu Tiamat's "Wildhoney" Album (rein atmosphärisch!), allerdings ohne die kleinen Death Metal Wurzelfunken. Bereits jetzt kann ich "Berdreyminn" nur als meisterhaft episch beschreiben. Selbst dann noch, wenn es fast hauchdünn den Blues streift, um "Ambátt" (Track 7) einzuläuten. Aðalbjörn Tryggvason haucht hier emotional trocken die ersten Worte ins Mikro und lässt jede/-n Hörer/-in mit Sicherheit auf getragenen Flügeln zuhören. Neben der gekonnten Gitarrenarbeit werden auch hier Pianoklänge eingewoben und sogar zum Kernlauf um das Stück gewickelt. Ganz anders zu Beginn von "Bláfjall" (Track 8; Anspieltip IV), das vom Orgelspiel und eindrücklichem Gesang intoniert wird, um dann Pop-igen Schmiss auf den Saiten zu vollführen und ein regelrecht "tanzbares"(!) Stück zu zocken, obwohl es auch noch schnelle Parts in Richtung Finalekstase obendrauf gibt. Hier würde ich vor allen Schwedens Musikschmieden als großen Einfluß vermuten. (ABBA in weiter Ferne) Die Club DJs/DJanes dürfte sich bereits die Hände reiben.

Regulär ist "Berdreyminn" damit durch. Obendrauf gibt es noch zwei Bonustracks. "Svart Blóð (Bonustrack)" (Track 9; Anspieltip V) macht den Anfang der Bonusabteilung und präsentiert sich tatsächlich etwas abgekapselt vom restlichem Album, was aber deshalb nicht an Qualität und Eingängigkeit missen lässt. Eher leicht spirituell bis noch etwas Pop-näher, um am Ende noch einmal mit ordentlich Drive-Kante aufzumischen. Man kann sich nur wünschen, dass dieser Song ins Liveset findet! Beim zweiten Bonusstück finde ich bereits den Titel "Samband I Berlin (Bonustrack)" (Track 10) von Herzwegen her jut. Sofern der Übersetzer es richtig ausgespuckt hat, bedeutet der Titel "Union Berlin"/"Union mit Berlin"/"Gemeinsamit mit Berlin" - vielleicht auch "Eins mit Berlin"? Das packt mir ein bestimmtes Sólstafir Konzert im Nachhinein noch einmal in besonders intensiven Erinnerungsnachgang. Damit kann dieses Album nicht vollendeter/besser enden. Ein Meisterwerk, das zu den Must Have/Must Buy Empfehlungen gehört, zumal dieses Album glasklar zu den Anwärtern bzgl. "Album des Jahres" gehört.

Schafe Schüsse Hammermarke!

10/10 Schafe Schüsse

 

(Season Of Mist/Soulfood 2.017)

http://www.solstafir.net/

https://www.facebook.com/solstafirice/

Danny B

Schaf Schüsse: 

10
Eigene Bewertung: 10

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