Was kann man über eine Band noch schreiben, was in 18 Jahren Bandgeschichte nicht schon geschrieben oder gesagt wurde? Wahrscheinlich wenig?! Deshalb möchte ich auch gar nicht zu viel an Wortschaum vorausschicken, zumal dieses dreizehnte(!) Studioalbum für sich selbst sprechen kann. Fakt ist aber, dass die Letzte Instanz sich in all´ den Jahren einen eigenen Sound erarbeitet haben, doch dazu gleich mehr. 

Mit "Alles anders" (Track 1) geht die Reise ins Sturmzentrum, sprich zum Auge des Sturms hin los. Mit quasi gewohnter Instrumentierung geht diese Reise los, lediglich der Sound bei den gitarrenuntersetzten Parts sticht zu Beginn spürbar hervor. Was mit deutlich mehr Härte rüberkommt, was ich so eher von Metalalben kenne, rein soundmäßig versteht sich. Aber keine Sorge, ich spreche hier nicht(!) von einem metalorientierten Song, sondern von (empfundenen) Klangfarben. Holly Loose`s Stimme und die songdominierende Ausrichtung bleibt, trotz dieser Nuancen vorerst im Pop/ Rock Bereich. Den ersten Ohrwurmverdacht bringt das leichtfüßige "Ganz egal" (Track 2; Anspieltip I) mit sich, das rein musikalisch zwar einfach anmutet, aber doch klasse arrangiert wurde, bei dem man als Nebeneffekt z. B. auch die Klasse von David Pätsch (Drummer) zum Zuge kommen lässt, der hier dem Song selbst erst den schmissigen Pepp gibt, nebst dem Saitenduo Cellini/ Stolz. Wie ein Schiff auf zielstrebigem Kurs setzt sich der frühe, eingängige Faden fort, an dem entlang der Hörer weiterreist - "Traum im Traum" (Track 3). "Traum im Traum" fällt zwar für meinen Geschmack ein wenig zu pop-seichtig aus, ich bin mir aber dennoch sicher, dass gerade dieser Song auch seine Liebhaber finden wird, schliesslich ist der Song selbst ja nicht schlechter, nur weil er nicht mein Zentrum trifft. ;-) Für meine subjektiven Ohren wird es dafür bei "Deuxieme Mouvement" (Track 4) interessanter, einfach, weil ich mich sofort an einst experimentierfreudigere Bands wie Einstürzende Neubauten oder auch Depeche Mode erinnert fühle. Ich mag solche Art rein instrumentaler Zwischenspiele, wenn sie in den Kontext passen. Auf diesem Album dient es als Brücke zu "Das letzte Mal" (Track 5; Anspieltip II). Ein Uptempo Rocker, der auch seine ruhigen Momente hat und sich inhaltlich mit dem unaufhaltsamen Ende einer Beziehung zu befassen scheint, was natürlich Interpretationssache ist, in jedem Fall aber lädt dieser Song sich geradezu selbst ein zukünftig Bestandteil des Livesets zu sein. ;-)

Schon in zurückliegenden Jahren erinnerten mich Letzte Instanz manches Mal ein klein wenig an Subway To Sally, was auf "Im Auge des Sturms" bei "Der Panther" (Track 6) auch ein wenig der Fall ist, allerdings muss ich fairerweise auch sagen, dass Letzte Instanz jede Menge eigener Fädenläufe im musikalischen Stoff eingewebt haben, so dass man es der Natur sich drehender Zeitenräder zuschreiben kann und sich der Gedanke mit zunehmendem Verlauf in beschwingten Weiten wie eine flüchtige Erinnerung verliert. Und ehe man zu lange darüber nachdenkt, ist man "Im Auge des Sturms" (Track 7) angekommen. Umrahmt von ruhigen Gedanken beim Blick auf diese Welt und ihre täglichen Bilderläufe kommen demütige Gänsehautmomente auf. Dieser Song lebt vom Klang von Holly Loose`s Stimme, dessen Worte sich wie Schleier über die Momente legen. Wie ein Flug über dunkle Schauerfelder sucht der Erzähler den Weg zurück als alles noch befriedeter war. Nach einem solchen tiefgehendem Gedankenwecker ist es wahnsinnig schwer den Bogen neu zu spannen bzw. keinen Schnitt entstehen zu lassen. Es braucht mehr als nur ein paar Momente sich von den Eindrücken des Albumtitelsongs zu befreien, weshalb "Koma" (Track 8) auch eher vorbeizieht. Erst mit dem Beginn von "Asche" (Track 9; Anspieltip III) ist man wieder aufnahmefähiger. Auch dieser Song vergegenwärtigt die Endbarkeit aller irdischen Dinge, was aber auf hohem Niveau als Tanz auf des Messer`s Schneide nicht zu kopfschwer verpackt wurde und den heutigen Alltag ziemlich gut auf den Punkt bringt. 

Fragezeichen umkreisten mein Hirn beim Anblick des Songtitels "C3H5" (Track 10; Anspieltip IV), das funkig eine Molekülformel in sich birgt und rein instrumental die Moleküle grooven lässt, um direkt den nächsten Ohrwurm "Nein!" (Track 11; Anspieltip V) in Richtung Liveset-Must Play zu katapultieren. Allein wenn ich daran denke wie viele Musikstile Letzte Instanz hier in nur einem Song gebündelt haben, muss ich ein ganz fettes Ausrufezeichen (mit einem grossem Schild um den Hals auf dem "Respekt!" steht) an die Adresse dieser Band schicken! Es geht nun mit abendlich horizontalem Kurslauf sanft durch das Fahrtwasser gleitend in Richtung des regulären Albumendes zu - "Die Zeit" (Track 13), bei dem einmal mehr eine weiteres, das Gesamtkonstrukt tragendes Element in Form der Soli von Gitarrist Oli aufblitzt. Als kleine Perlen auf dem Meersgrund dieser Wellen überlasse ich "Opus III" (Track 14) und "Welche Wahrheit" (Track 15) Euch auf dem Feld des Selbstentdeckens. ;-) Das malerische Bild von "Zusammen" (Track 16) schliesst den Kreis der Studiosongs auf dieser Albumversion ab und hinterlässt viele Eindrücke.

Bei der mir vorliegenden Limited Digipack Edition Version haben Letzte Instanz noch einige Bonustracks mit dazugepackt, die mit "Blind" (Track 17) und "Winterträne" (Track 18) noch zwei Livetracks (bei dem auch einige Gäste mit dabei sind) als alles abrundenden Hörgenuss bieten. Oder um es mit einem Wort auf den Punkt zu bringen wird hier "Stilformvollendung" zelebriert.

Ein unglaublich abwechslungsreiches Album, das man nicht mit nur einem Durchlauf erfassen kann und das bei jedem Durchlauf mehr entdecken lässt. Ganz grosses Kino in Wort, Musik und Einzelkönnen der Musiker dieser Band. Am Ende dieser Review weiss ich nun auch, dass doch noch nicht alles über diese Band geschrieben wurde, da sich mit jedem weiteren Album auch Neues, noch Unbekanntes aufzeigt. Demnach wünsche ich Letzte Instanz, sowie mir und Euch als Hörer noch viele solcher Alben!

9,0/ 10 Schafe Schüsse

(Drakkar/ Sony Music 2.014)

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Danny B