Mittwoch, 30.04. 2.014
DRITTE WAHL @ F-Haus, Jena
http://www.dritte-wahl.de/mit:
mit: Findus, Nicolas Sturm
http://findusmusik.de/
http://nicolassturm.de/
Am Ende eines jeden Monats merkt man immer wieder auf`s Neue wie man sich von Monat zu Monat durch diese irre Welt durchschlägt. Wie oft dreht man heutzutage die Cent-Münzen um, bevor man sie letztlich ausgibt?! Umso schöner ist das kleine, immer wiederkehrende Hochgefühlsmoment, wenn das eigene Konto wenigstens für einige Tage im Monat im dreistelligen Bereich ist, es aber danach dennoch schnell wieder an Gewicht(ung) verliert, wenn Miete, Strom etc. pp. überwiesen sind. Die gedankliche Decke kam kurz vor diesem April-Finaltag näher an die KopfGrenze, die einen alles tapfer ertragen lässt und so beschloss ich relativ spontan einfach mal einen Kurztrip nach Jena (Thüringen) zu machen, da dort die Dritte Wahl ein Konzert spielen würden und ich mein Beisein im Vorfeld bereits zu (unsicheren) 50% zugesagt hatte.
In Jena selbst hatte ich während meiner Lehrzeit in den '90er Jahren einige Zeit verbracht. Damals war Jena ein wenig trostlos, zumindest unter der Woche, aber das mag vielleicht auch daran gelegen haben, dass ich damals meinem eigenen Selbst ferner als je zuvor oder auch je danach in meinem Leben war, was natürlich auf anderen Seiten meiner Wege steht und längst zu genüge beschrieben wurde und im Hierjetzt nicht weiter Thema sein soll.
Ich war seit den '90er Jahren nicht mehr wirklich in Jena gewesen (außer flüchtigen Durchfahrten etc.), weshalb meine Spannung überwog, die von den kleinen Zweifelteufeln gepiesackt wurde, ob ich so verrückt sein sollte auf güt Dünken per Fernbus in Richtung horizontalem Himmelsblau fahren solle?! Die Antwort ergab sich wie von selbst und so packte ich ein paar Sachen in meinen Rucksack und machte mich am späten Vormittag auf den Weg in Richtung ZOB am Funkturm (Berlin-Charlottenburg), wo ich mir noch ein Ticket für die Überfahrt lösen musste.
Ich liebe diese Momente vor bzw. während einer Reise, wenn man in der S-Bahn sitzt und sich von der Musik auf den Ohren in (vor-)gedankliche Weiten entführen lässt, während man all´ die vom Alltagsgrau eingefärbten Gesichter um sich herum wahrnimmt, die wie eine Reisegruppe alltagsversklavter, unzufriedener Selbstschatten wirken, die sich selbst "Fresse halten und mit dem Strom schwimmen!" verordnet haben und auch noch an das Märchen der momentan gegenwärtigen Minimalfreiheit glauben. Genau diese, kleine Freiheit ist für mich das Reisen, das mir leider viel zu selten (aus rein finanziellen Gründen) möglich ist. Wenn ich könnte, ich würde öfter mal durch`s Land reisen. Dazu braucht es nicht einmal überteuerter Flüge, Cluburlaube o. ä., es braucht nur die kindliche Neugier die wahre Schönheit vor allen Dingen in den kleinen Momenten des Lebens entdecken zu können. Das können Landschaften, Architektur, historische Plätze, die Natur, die Ruhe, die Bewegung (des Fahrtwindes) selbst oder auch Begegnungen sein. Ohne Plan und nur mit kleinstmöglichem Ziel.
Dafür nimmt man dann auch mal die Orte in kauf, die man sonst eher meidet. Orte, die von Touristen beseelt zu Plätzen werden, die an Geduldsgrenzen bringen. Und so fand ich mich gegen 12:30 Uhr in einer Menschenschlange vor dem Ticketschalter für Fernbusse eines bestimmten Busunternehmens wieder. Der Kunde, der gerade eben besagte Geduld auf die Probe stellte, ließ sich schön Zeit und fragte gefühlte tausend Kleinigkeiten ab und das tat der Typ immer dann, wenn man gerade glaubte, dass er endlich fertig sei. Unschön. Man bewahrt die Ruhe, weil man immer den Weg als Ziel vor Augen hat. Gute 20 Minuten später durfte ich dann auch mein Ticket für erschwinglich günstige 24,-€ in den Händen halten.
Wenig später saß ich im Bus in Richtung Jena. Im hinteren Busteil hatte eine etwas seltsame junge Kleinfamilie Platz genommen, die wie ein Musterbeispiel aus dem RTL-Bilderbuch (in Sachen Hartz IV TV) rüberkam und den Bus unterhielt. Der Typ hielt seiner Auserwählten Monologe über die (Fabrikats-)Marken verschiedener Bustypen und schwadronierte wohin welcher Bus fahren würde etc., was ungefähr so interessant war wie ein Sandkorn, das auf dem Meeresgrund liegt. Beim Versuch diese Monologe und das Gequäke derer Kinder und das eher sinnleere Geschwall zu überhören, drehte ich den Volume-Pegel meines MP3 Players ein wenig höher. Dank meiner gut abgedämmten Kopfhörer stört sich um mich herum auch niemand daran. Es konnte also losgehen.
Busblinker an und ab, raus aus Berlin. Nachdem mein Ticket vom Buspersonal kontrolliert worden war, hieß es Augen zu und sich dem Ziel entgegenträumen. Zwischendrin immer wieder einmal kurze Wachmomente mit Bildfetzen der vorbeiziehenden Landschaft(en). Bevor wir später Jena erreichten, war Halle/ Saale erste Haltestation. Ich staunte nicht schlecht, dass Halle/ Saale sich rein optisch schon so weit im Umbruch befand, was sicher auch dem regen Studentenandrang zu verdanken ist?! Vor allem im Zentrum wirkte Halle/ Saale mittlerweile modern und kaum so, wie man es vom Klischee her wusste. Der Bus leerte sich etwas.
Etwas mehr als eine Stunde später fuhren wir in Jena ein. Als ich die Jena umgebenden Berglandschaften sah, kamen Erinnerungen Stuttgart im letzten Jahr zurück, das eine ähnliche Beschaffenheit von der umgebenden Landschaft aufzuweisen hat. Leichte Gedankenschwere kam auf, die ich aber der Gelassenheit übergab, zumal ich Vergangenes nicht ändern kann oder gar ändern wöllte.
Am Rande dieser Wege fiel mir ein seltsames Haus auf, auf dessen großflächem Blickfang etwas von "Germania" zu lesen war. Wer sich geschichtlich ein wenig auskennt, denkt unweigerlich an Hitler`s krankhaft-größenwahnsinnige "Germania" Vision, die er seinem Architekten Albert Speer in Auftrag gegeben hatte. In diesem Haus sitzt offenbart eine Burschenschaft, wie sich nach späterer Rechercher herausstellte. Ich für meinen Fall mag den Anstrich sogenannter Burschenschaften so gar nicht, schon gar nicht unter einem Namen wie diesem, zumal Jena ja leider auch vom NSA Skandal gebrandmarkt ist. Einmal mehr kam ein weiterer, guter Grund hinzu, warum der Song "Germania" von Die Zusamm-Rottung für mich persönlich noch mehr an Bedeutung innehat, zumal der Song die krankhafte, zugrundeliegende Perversität des Größenwahnsinns unter Hitler und den ewig nachhallenden Schatten und Auswirkungen sehr gut umschreibt.
Am Busbahnhof Jena Paradies, Steig 1 hieß es für mich dann Endstation. Von den Temperaturen her herrschte Frühlingsatmosphäre und auch die Sonne schien guten Willens ihr Bestes dazutun zu wollen. Zu Fuß machte ich mich in Richtung Zentrum auf, nachdem ich zwei Jungpunks nach dem Weg zum F-Haus gefragt hatte. Die Beiden wussten den genauen Weg auch nicht so richtig aus dem Kopf, überlegten aber am Abend auch zu Dritte Wahl Konzert zu gehen. Ich setzte meinen Weg in Richtung Zentrum eine Weile mit den Beiden fort. Die sogenannte "Keksrolle" diente mir danach als Orientierung und ließ mich ein paar Seitenstrassen entdecken, deren Architektur mir von der Erinnerung her nicht bekannt vorkamen. Für einen Mittwoch herrschte recht reges Marktreiben am Rande des Platzes in der Nähe der "Keksrolle".
Ich gebot mir irgendwo einen Kaffee und etwas leichte Magenkost zu gönnen, am Besten via Internetcafè, nach dem ich mich durchfragend auf die Suche begab und schliesslich zur Goethe Galerie kam, die man in Tagen meiner Lehrzeit in den '90ern gerade erbaut oder zumindest neu eröffnet hatte. Oft waren wir Hochbaufacharbeiter-Lehrlinge dort, um ein wenig post-pubertär in der Gruppe nach Frauen Ausschau zu halten, was letztlich aber damit endete, dass wir erfolglos einen Pott Kaffee tranken oder ein wenig durch die Geschäfte schlenderten. Zeiten waren das...! Nun war ich zurück und die Goethe Galerie war längst zum etablierten Kosumtempel im Stadtbild Jena`s geworden, was mit den Einkaufscentern in Berlin vergleichbar ist. Konsumiert wird nun einmal überall.
Direkt am Infopoint fragte ich, ob es ein Internetcafè im Hause gäbe? Gab es aber leider nicht. Die freundliche Dame am Infopoint kannte sich sonst leider auch nicht weiter in Jena aus, weshhalb ich die Goethe Galerie folglich wieder verließ und ein paar Schritte weiter ein Cafè erspähte in dem Computer standen und auch Internet angeboten wurde. Etwas zu vorfreudig glaubte ich gefunden zu haben, die Zettel "Ausser Betrieb!" (oder so ähnlichem Wortlautes) sprachen aber vom Glück im Unglück. Die Bedienung bestätigte meine vorherige Vermutung und wusste auch kein Internetcafè in der Nähe. Offenbar bin ich wohl doch noch einer der letzten Mohikaner, die sich der Internetnutzung per Handy noch verwehren?! Ich mag es einfach nicht, wenn man z. B. mit Menschen im Gespräch und diese ständig Facebook oder auch WhatsApp etc. checken, ob sie neue Nachrichten haben. Man kann so vieles in seiner Umgebung sehen und entdecken, anstatt ständig mit den Augen auf dem Handy-/ I-Phonedisplay zu kleben!
Ich gab meine Suche dann letztlich auf und widmete mich lieber einem Kleineinkauf in einem Supermarkt, wo ich mir ein paar Schrippen, etwas Belag, Capuccino To Go und Mineralwasser erstand. Draußen hielt ich dann mein kleines, köstlich mundendes Dinner ab und störte mich auch nicht an den Blicken der Leute, die teilweise etwas seltsam gafften. Nach dem Schnelldinner lief ich noch ein wenig umher, um es mir dann in der Fußgängerzone auf einer Bank gemütlich in der Sonne liegend bequem zu machen und einfach mal den Moment zu genießen, während die Musik meines MP3 Players butterweich in mein Ohr lief. Direkt links neben mir türmte die Keksrolle 'gen Himmel, während zu meiner rechten die Menschen im Graualltagsfluß vorbeiliefen. Ich hätte Stunden dortliegen können, einfach um des friedlichen Momentes Willen, der etwas Erfüllendes hatte und mich froh sein ließ, dass ich den kleinen Zweifeln zum Trotz nach Jena gefahren war.
Nachdem etwa 1½ Stunden vergangen waren, zog ich in Richtung F-Haus los, um mir noch ein wenig die Gegend anzusehen. Am F-Haus vorbei, vor dem der Dritte Wahl Tourbus bereits stand, kreuzte Stefan (Bass & Gesang, Dritte Wahl) kurz meinen Weg. Ich gab ihm ein kurzes Hallo im Vorbeigehen mit auf seinen Weg und lief weiter. Irgendwie kam ich zwei Strassen weiter an der Rückseite der Goethe Galerie an, wo eine Art Miniinsel liegt, auf der sich im Mittzentrum ein Rundbau befindet, der etwas von einem Denkmal hatte. Dessen kleine türähnlichen Nischen luden zum Sitzen ein. Ich folgte der Einladung und passte einen halbwegs guten Moment ab, den ich zum Umziehen in Sachen Shirt und Hose nutzte, um mich für den Abend halbwegs ausgehfein zu machen. Mir gegenüber saß ein älterer Typ, der wortlos an seiner Flasche Bier nippte. Für ihn war es in der Kleinstadtidylle jener Momente sicher ein kleiner Sichtschock, als ich z. B. mal eben die Hosen wechselnd kurzzeitig in der Unterbuchse in seiner Sichtweite stand. Mir konnte es egal sein, Punkmodus. ;-)
Dann hieß es zurück in Richtung F-Haus, in dessen unmittelbarer Nachbarschaft eine kleine, feine Kneipe liegt und bereits offen hatte. Da bis 20:00 Uhr noch etwas Zeit war, kehrte ich dort ein und fand mich in einem leicht rustikal-gehaltenem Innern wieder, das mit viel Liebe zum Detail ausgestattet war. Diverse alte, geschichteerzählenden Instrumente hingen herum, u. a. dienten z. B. eingerissene Schlagzeugbecken als Lampenschirme, was ich von der Idee her klasse fand! Recycling mal ökonomie-stylisch. Und auch sonst war es von der Atmosphäre her genau richtig, die kleine Ruhe vor dem Sturm und die richtige Zeit einfach mal die Gedanken baumeln zu lassen, als seien sie eine imaginär-symbolische Schaukel, deren Seile um einen starken Baumast geschwungen wären und in jenen Momenten vom Wind der freiheitlich, losgelösten Zeit bewegt wurden. Durch ein offenes Fenster zur Strasse hin, konnte ich den Dritte Wahl Tourbus sehen, in den von Zeit zu Zeit Band- & Crewmember ein- und wieder ausstiegen.
Als ich mit meinem erfrischen Radler fertig war, bezahlte ich und ging rüber zum Einlass am F-Haus, wo zufällig gerade Gunnar (Gesang/ Gitarre, Dritte Wahl) stand. Ich reichte ihm die Hand zur Begrüßung, während ich Gunnar`s leicht fragenden Blick entnehmen konnte, dass er kurz überlegte wer ich sei?! Ich erinnerte ihn kurz an unsere Mails und mein Buch für das ich ihn einst interviewt hatte. Man sah imaginär auf einen Schlag das Licht in Gunnar`s Erinnerungszentrum angehen. Ein kurzes, beidseitiges Schmunzeln und das Versprechen später in Ruhe miteinander zu erzählen, da sie gerade noch im Konzertsaal zutun hatten.
Vor dem F-Haus standen auch schon einige andere Leute und es wurden in nur 15 Minuten einige mehr. Die Begeisterung und die Pünktlichkeit was Konzerte angeht, konnte man in Jena noch mit der alter Jugendtage in den '90er Jahren vergleichen. Nicht etwa wie heutzutage bei uns in Berlin, wo die Leute oftmals verwöhnt und übersättigt von Konzerten aller Genres schnell gelangweilt sind. Ebenfalls weit vorn stand ein wirklich süß anzusehendes, stylisches Punk-Pärchen - Anna und Silvio. Silvio hatte bereits gut mit dem Wellengang in Sachen Alkohol zutun, was seine (Aus-)Wirkung(en) später nicht verfehlen sollte. Die Mischung der Leute war echt bunt, ob der langhaarige Metalhead, der Punk, der Oi Skin... Jena sollte ein Musterbeispiel für den "If The Kids Are United" Spirit werden.
Kurz nach 20:00 Uhr hieß es dann Einlass. Ich war gespannt wie das Innere des F-Haus aussehen würde, da ich vorher (auch früher nicht) noch nie Gast war. Man kannte das F-Haus aber von diversen Livedate-Plattformen im Internet. Nachdem ich den Einlass hinter mir hatte, kam ich in einen echt amtlichen Saal, der mich ein wenig an ein eigenes Konzert im Frühjahr 1.997 in der Aula des Schleizer Gymnasiums erinnerte, dessen Saal allerings mindestens um ein Viertel kleiner war. Der F-Haus-Saal war ein wirklich schöner, platzbietender Saal von dem ich gespannt war, ob er wirklich voll würde? Klar haben Dritte Wahl jede Menge Fans hierzulande, nur hatte ich so gar keine Idee/ Info wie es um die Thüringer Subkultur in Sachen Punk bestellt ist, zumal ich mich vor 15 Jahren den Lebenskapiteln Thüringens entrissen hatte und sie im Herzen mit mir in meine Zukunft nahm.
Zunächst blieb mir nur erst einmal nach kurzer Auffrischung mein Gepäck an der Garderobe abzugeben und mir ein Bier zu bestellen, zumal mittlerweile klar geworden war, dass ich die Thüringer, die ich zu wiederzutreffen erhofft hatte nicht treffen würde. Lediglich mit einem derer hatte ich iom Vorfeld lose vereinbart mit ihm am Mittag des nächsten Tages per Auto mit nach Berlin zurückfahren zu können. Ein Nachtlager fehlte mir allerdings, deshalb wollte ich mir aber den Abend aber trotzdem nicht verderben lassen, sondern es wie in alten Tagen angehen und mich der guten Zeit anvertrauen und diese auch genießen. Es dauerte etwas bis sich der Saal so weit gefüllt hatte, dass er nicht mehr so leer wirkte. Ich vertrieb mir die Zeit indem ich mir die Merchandise Stände ansah und aus dem Seitenwinkel aller Dinge zusah wie die Thüringer heutzutage so miteinander umgehen. Natürlich hoffte ich vielleicht doch noch irgendwen aus alten Tagen zu treffen.
In jenen Momenten fiel auch etwas Zeit ab, so dass Gunnar (DW) etwas Zeit fand sich mit mir zu unterhalten. Wir unterhielten uns über ganz unterschiedliche Themen, wofür wir endlich einmal etwas Zeit fanden, denn bei unserem letzten Treffen, das beim Spirit Festival 2.012 gewesen sein muss, reichte die Zeit gerade so für etwas Smalltalk.
Kurz darauf begann die erste Band Nicolas Sturm, die mir auf Anhieb recht gut gefielen. Ich müsste jetzt lügen, um sagen zu können welche Lieder sie spielten, aber ich denke es werden mit Sicherheit einige ihrer EP "Manhattan" dabei gewesen sein?! Das Publikum verhielt sich genauso wie in Berlin. Sie applaudierten höflich, ließen sich aber noch nicht so richtig mitreißen, was leider oft das schwere Los eines opening Acts ist. Doch das Duo Nicolas Sturm schlug sich wirklich professionell tapfer. Leider weiß ich bislang nicht, ob Nicolas Sturm aus der Region des Saale-Holzland-Kreises kommen?
Der Saal füllte sich tendenziell wachsend und ich meine es war gegen Ende des Sets von Nicolas Sturm als ich plötzlich ein mir bekanntes Gesicht sah. Es war Carsten, seines Zeichens Sänger der Leipziger Band Saitenfeuer, der mich total verdutzt ansah und leicht stammelnd "Was machst Du denn hier???" fragte. Mit Carsten hätte ich selbst gerade in Jena so gar nicht gerechnet, aber unverhofft kommt eben nicht selten, sondern oft. ;-) Nachdem Carsten mit seiner Begrüßungsrunde durch war, tranken wir gemeinsam ein Bier und unterhielten uns ein wenig über die jeweiligen Lebensstände in Sachen Musik etc.. Hinter unserem Stehtisch befand sich der Raucherbalkon, der auch ab und zu Carsten`s Ziel war. Ich glaube ich habe nicht einmal in Berlin je so viele Leute auf einem Balkon gesehen?! Ich war ehrlich gesagt einmal mehr froh seit gut 4½ Jahren kein Raucher mehr zu sein, denn entweder hätte mich die Bewegungsenge auf dem Balkon gestört oder aber ich hätte mir Sorgen um die Statik selbigens gemacht?!
Nun fing die zweite Band Findus, die aus Hamburg kamen, ihr Set an. Rein musikalisch waren Findus nicht schlecht, lediglich der Gesang wollte meinen Hörnerv nicht so richtig treffen, zumindest in der ersten Sethälfte. Findus gingen selbstbewusst in die Offensive und konnten den ein- oder Anderen dazu bringen sich zu bewegen, Respektapplaus inklusive. Ich denke ich muss mir Findus noch einmal in Ruhe zu Gemüte führen, denn vielleicht war es einfach nicht der Tag, an dem sie bei mir punkten konnten, zumal Findus doch recht weit vom Punk Rock entfernt sind.
Circa 45 Minuten später folgte eine schnelle Umbaupause für die Dritte Wahl. Anfangs war ich etwas überrascht, dass sie sogar einen Live-Pianisten/ Keyboarder dabei hatten, der eine dermaßen augenscheinliche Ähnlichkeit zu Kommunenguru Rainer Langhans innehat, dass man ihn für dessen Bruder hätte halten könnte, bzw. halten muss. ;-) Am Rande dieser Ähnlichkeiten hatte Punk Silvio bereits zu Beginn des Dritte Wahl Sets mit ordentlich Wellengang und dazugehörigem Schlagseitenwind alkoholischer Auswirkungen die Bühne zu entern versucht und landete (zumindest aus der Ferne meines Blickwinkels) höchstwahrscheinlich unsanft auf dem Hallenboden? Seine Freundin Anna bemühte sich mit liebenden Herz auch in diesen Momenten an dessen Seite zu sein. DAS nenne ich WAHRE Liebe!
Ich muss zugeben, ich bin jetzt nicht der Die Hard Fan, der jedes Album von DW auswendig kennt, aber ich habe mich längst intensivtief mit ihnen auseinandergesetzt und empfinde ehrlichen Respekt für ihr bisheriges Lebenswerk. "Sonne & Meer", "Ich hab da diesen Tick", "Und jetzt? liefen in den gefüllten Saal und ließ die Leute direkt steilgehen. Wieder einmal war ich positiv überrascht mit wie viel Freude die Fans auch heutzutage noch Spaß bei Konzerten haben. Erinnerungen an den zurückliegenden Gig in Greifswald wurden wach in mir, nur mit dem Unterschied, dass ich mich nun im Südosten der Republik befand und von der Anzahl der Leute vier- fünf Mal so viel Leute da waren. Beeindruckend! "Kein Wort".
Gesanglich wechselten sich Stefan und Gunnar je nach Song ab. Stefan lief mit seinem Bass schweißtreibende Kilometer ab und stachelte das Publikum immer wieder an mit ihm die Energie hin- und herzuspielen, als sei es ein Tennismatch. Da konnte man nicht nur noch etwas lernen, sondern es machte selbst beim Zusehen Spaß! Die DW Maschine jedenfalls lief bestens geschmiert flüssig ins Saal(e)rund. Mir persönlich hatte es vor allem der Song "Zeit bleib stehen!" echt angetan, umso schöner, wenn man dann auch live in den Genuss kommen darf. Bereits zu diesem Zeitpunkt hatte sich der Spontantrip schon mehr als gelohnt, denn gerade solche Momente sind es, an die man sich gern zurückerinnert, egal wie viele Konzerte man im Laufe der Jahre auch schon gesehen/ erlebt hat?!
Leider erinnere ich mich nicht mehr genau daran bei welchem Song es war, aber ein Highlight (was glaube ich in etwa auf Halbzeit des DW Sets war) war der Gastauftritt des Sohnes von DW Drummer Krel, der an der Gitarre für einen Song mitspielte, was er für sein junges Alter schon echt gut über die Bretter brachte. Ein weiteres Highlight war der Song "Danke", vom aktuellen Album "Gib Acht!", den ich als sehr eingängigen Ohrwurm mitgenommen habe. Und als "Mainzer Strasse" sich in Richtung Setende streckte, war auch klein wenig Berlin in der schweißdurchtränkten Luft. Doch mit normalen Set konnten DW in Jena nicht so einfach Feierabend machen, es gab zwei Zugabenblocks obendrauf, was das Publikum auch zu honorieren wusste, indem es weiterhin textfest mitsingend pogte und tanzte. Der abschließende Zweitohrwurm hat (sofern ich mich richtig entsinne) mit "Schreie hinter Glas" den Zenit zum Highlight werden lassen und echte Gänsehaut bei mir aufkommen lassen, vor allem als das Stück längst zu Ende war und das Publikum einfach so lange weitersang bis die DW Jungs noch einmal auf die Bühne kamen und den Song weiterspielten, um dann absolut verdient den Feierabend einzuläuten. Megarespekt an Dritte Wahl für dieses Hammerkonzert!
Es ergab sich irgendwie dass ich, kaum war die Musik verstummt, einen Mitfahrplatz nach Berlin hatte. Im Gespräch hatte sich zufällig herausgestellt, dass die DW Jungs mit ihrem Nightliner nach Berlin fahren würde, spontan und ein deutlich wärmeres Übernachtungslager ersehnend fragte ich spontan, ob ich eventuell mitfahren könnte? Ansprüche hatte ich keine, hauptsache ich käme nach Berlin zurück und müsste nicht noch ca. 12 Stunden Zeit in Jena totschlagen. Gunnar war so lieb und klärte das fix ab. Tausend Dank noch einmal für diese Ausnahme! Nachdem bzw. während dann auch alle Backlinesachen von DW verstaut wurden/ waren, unterhielt ich mich noch etwas mit Stefan (DW), Krel (DW) und dessen Sohn, der in Jena studiert. Nicht ganz nebenher, aber in jenen Momenten lernte ich auch Silke und die Wahlleipzigerin Sti Bee kennen, deren usprüngliche Herkunftstadt mich an eigene familiäre Wurzeln erinnerte. Schön war es in Jena und ich war mehr als froh dieses Konzert erlebt zu haben!
Netterweise hatten die DW'ler sogar noch eine Schlafbank im Nightliner frei, die ich nach ein wenig Plauderei im losfahrenden Nightlinerinnern mit Stefan, Krel und Gunnar dann dankend annahm und erst kurz vor Berlin wieder aufwachte. Stefan, der sehr ländlich aufgewachsen ist, war längst wach und saß schon in der Lounge vor dem Schlafberech, der mit einer Tür abgetrennt war.
In Berlin half ich dann noch mit die Backline etc. mit auszuladen, was das Mindeste an Dank sein konnte, bevor sich dann nach freundlichem Abschied und dem Versprechen in Kontakt zu bleiben unser aller Wege trennten und ich gegen Mittag zu Hause war, so dass ich mich noch einmal hinlegen konnte, bevor ich zum MyFest nach Kreuzberg fuhr, das aber lest Ihr demnächst.
Tausend Dank an Dritte Wahl und Crew, Anna und Silvio, Sti Bee, Silke und die freundlichen Jenenser! Einmal mehr war es eine besondere B-Road-Meile.
Danny B.
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