Bild des Benutzers DannyB

MATT GONZO ROEHR - "Die Seele ist wichtig!"

Matt Gonzo Roehr Logo
Matt Gonzo Roehr Logo

Matt Gonzo Roehr

Nach einiger Zeit des Überlegens habe ich mich entschlossen von nun an ab - & zu auch Musiker hier auf schafe-schuesse.de zu interviewen. Den Anfang macht Matt Gonzo Röhr, der 25 Jahre lang Gitarrist der Böhsen Onkelz war. Direkt im Anschluß an seine Karriere mit den Onkelz begann er (fast nahtlos) neues Material aufzunehmen und servierte seither ganze 4 Alben + 5 Singles, sowie sein Buch über seine letzten 48 Stunden mit den Böhsen Onkelz.

Aktuell ist Matt über`s Jahr verteilt wieder auf Deutschland-Tournee. Ich sprach mit Matt beim Auftakt (noch vor dem Konzert) des zweiten Tourteils zum aktuellen Album "Blitz & Donner" am 7.04. (2.012) in Berlin. In diesem Gespräch eröffnete Matt einige Erinnerungen aus seiner frühesten Jugend und auch seine die Sicht auf einige aktuelle Dinge. 

Matt Gonzo RoehrHallo Matt, herzlich Willkommen als allererster Interviewpartner auf schafe-schuesse.de! Ich möchte direkt mit der Frage beginnen wie du aus heutiger Sicht den ersten Teil deiner "Blitz & Donner - Tour" (2.011) erlebt hast?!

Matt: Ja, super! Also das war total entspannt und angenehm. Wir haben gerade eben vor 2 Minuten davon gesprochen. Die Jungs - also die Musiker und die Crew sind auch alle begeistert, daß wir uns alle so gut verstehen. Und das ist eigentlich recht selten. Du hast auf jeder Tour immer jemanden dabei, wo du dann sagst "Mit dem komme ich nicht so aus..." oder "Das ist`n Arschloch..." oder irgendwas. Oder er kommt mit dir nicht aus oder was auch immer...! Und das ist bei uns eigentlich total entspannt. Wir freuen uns, wenn wir uns zu Konzerten wieder treffen.

 

Ich denke mal, daß du da eh `n sogenannter "alter Hase" bist...?!

Matt: Ja, da lege ich auch ehrlich gesagt Wert drauf, daß es so ist, weil ich auch schon die andere Seite kennen gelernt habe. Und ich finde es total ätzend, wenn man zusammen unterwegs ist und arbeitet... das ist wie so `ne Art Koller, der kommt eigentlich immer so nach 2 / 3 Wochen auf und da muß man halt aufpassen, daß man den nicht bekommt. Aber wenn man, wie du`s gerade sagtest, `n alter Hase ist - und meine Musiker sind das übrigens auch alle, dann weiß das jeder, dann achtet jeder auch darauf, wenn einer mal ein bisschen komisch ist, dann läßt man ihn halt mal für 2 Tage in Ruhe und dann geht das.

Jetzt möchte ich mal einen ganz, ganz weiten Sprung in der Zeit zurück wagen, da ich festgestellt habe, daß relativ wenig über die Zeit vor den Onkelz bekannt ist, mal abgesehen von der Onkelz Biographie "Danke für Nichts" - sprich die Zeit, als du bei der Band Antikörper gespielt hast. Welche Erinnerungen hast du an die Zeit mit Antikörper damals?

Matt: Das war eigentlich `ne Band, die nur ganz kurze Zeit bestanden hat. Ja, welche Erinnerungen habe ich daran...?! (überlegt) Das ist eine Zeit gewesen, die ziemlich chaotisch war - aber die auch schön war. Das war so die Zeit gewesen, wo man zum ersten Mal so richtig flügge wurde und auch mal von daheim weg war. Also wo man wirklich in Anführungsstrichen seinen eigenen Rock`n Roll gelebt hat, wie man sich`s immer vorgestellt hat. Nachts im Frankfurter Hauptbahnhof, weil du nicht mehr heim gekommen bist, auf der Bahnhofstoilette gepennt oder so`n Zeug halt... oder irgendwo im Park. Wir haben im Sommer auf Friedhöfen auf den Gräbern geschlafen, wenn du Nachts nicht nach Hause gekommen bist. Da hatteste halt deine Ruhe ... (lacht). Das war halt so diese wilde Zeit einfach. Wild auch für einen selbst, weil das alles neu war.

Die Band Antikörper gab es damals nur recht kurz, die habe ich zusammen gestellt gehabt. Vorher habe ich in anderen Bands gespielt, dann wurde ich Punk...

(ich hake spontan nach) Hast du da eventuell noch Namen von deinen Bands vor Antikörper im Kopf?

Matt: Ja, witzigerweise erinnere ich mich noch einen - bzw. zwei Namen. Eine Band hieß glaube ich "Headliner" oder irgend sowas und eine hieß "Sinner" - das muß man sich mal vorstellen, genauso wie die Band, die es dann später gab! Das waren natürlich alles so semi-professionelle Hobby-Bands, aber wir haben das schon ernst gemeint. Es gab da schon auch in der Stadt, wo ich zur Schule gegangen- und mehr- oder weniger auch aufgewachsen bin, in Kelkheim (Taunus), schon eine sehr große Musikszene. Das ging sogar so weit, daß meine Vorbilder, also die Musiker, die damals schon so 18-20 waren, wir waren so 14 / 15, ich hatte gerade angefangen Gitarre zu spielen... jedenfalls ging das dann schon so weit, daß die schon so professionell waren, daß die mit Emerson, Lake And Palmer auf Tour waren und der Manager von denen extra gekommen ist, um sich die anzuhören u. s. w., also das war schon `ne Musikszene, die wirklich schon fast professionell war, muß man ganz ehrlich sagen. Und da sind wir halt so als der Nachwuchs reingewachsen. Das war halt schon `ne Musikerszene, da haste aufgeschaut zu denen - die haben viel erlebt, sind in der Welt rumgekommen... und so ging das damals halt los. Und du hast dir die als Vorbilder genommen, hast die oft live gesehen - natürlich hast du auch gesehen was die drauf haben, was du dir draufschaffen mußt, das war schon spannend! Und dann kam natürlich auch irgendwann der Knack, dann hast du halt gesagt okay, dann kam die Punk Zeit, dann war alles anders, dann war`s scheißegal, ob du spielen konntest oder nicht, auch im Bezug jetzt auf die Onkelz oder andere Bands, die es damals gab, da war es völlig egal, da hat der Spaß im Vordergrund gestanden.

Aber bei Antikörper - das war schon so `ne Band da haben wir am Anfang Lieder von den Sex Pistols nachgespielt u. s. w. - da mußte man schon spielen können, zumal wir ja nur zu dritt waren - Bass, Schlagzeug und Gitarre.

Gedanklich warst du jetzt genau in der richtigen Ecke, ohne, daß ich das jetzt bewußt fokussiert habe...

Matt hakt ein: ...ich habe da auch schon lange nicht mehr drüber nachgedacht!

...welchen Stellenwert hatten denn gerade die Sex Pistols für deine menschliche - sowie musikalische Entwicklung?

Matt: Ja ich fand die Sex Pistols halt gut, weil die noch irgendwie so `ne Band waren... gut die haben ihr Studioalbum natürlich nicht selber eingespielt, wie man heute weiß... das war halt so `ne Band, die kam irgendwie aus dieser Musik raus, die ich gemocht habe. Die waren eigentlich mehr- oder weniger `ne härtere Rock`n Roll Band, während sich andere Bands schon so `n Bisschen davon weg entwickelt hatten. Teilweise gut, teilweise schlecht, aber die Sex Pistols haben mir damals aus diesem Grund am Besten gefallen.

Gefallen dir denn die Sex Pistols - bzw. Johnny Rotten heute noch?

Matt: Ja, hin- und wieder hört man`s. Ich sag´ mal auflegen würde ich`s mir daheim jetzt nicht, aber hin- und wieder hört man`s ja irgendwo, dann finde ich`s immer noch gut. Also die Musik hat auf jeden Fall die Zeit gut überstanden, finde ich. Es gibt ja so Musik, wo du nach 20 / 30 Jahren sagst, daß sie die Zeit eigentlich überhaupt nicht überstanden hat - kannste nicht mehr anhören, so ungefähr, aber das ist bei den Sex Pistols nicht der Fall.

Kannst du denn auch mit Johnny Rotten`s Folgeprojekt P.I.L. etwas anfangen?

Matt: Nee, das war nicht so mein Ding.

Das war dann wahrscheinlich auch schon ein bisschen zu popig...?

Matt: Ja, das war so... ich weiß nicht, das war nicht so die Musik, aus der ich gekommen bin. Das war teilweise dann auch experimentell, das ging auch schon ein bisschen in die Reggae Richtung und sowas. Das finde ich ja eigentlich ganz gut, z.B. mag ich ja die Rolling Stones unheimlich gerne - die haben das ja auch sehr viel auf verschiedenen Platten übernommen gehabt, aber der John Lydon (= Johnny Rotten; Sex Pistols / P.I.L.) hat`s dann irgendwie nicht mehr so gerissen.

Und welchen Stellenwert hatten dem gegenüber Black Sabbath, die ja aktuell auch eine Reunion anstreben?!

Matt: Natürlich einen hohen Stellenwert, muß ich ganz ehrlich sagen! In den '70ern, wo ich Schüler war, bin ich ja mit der Musik aufgewachsen. Black Sabbath, Led Zeppelin und was es halt so alles gab. Das hatte einen hohen Stellenwert und das ist ja heutzutage auch noch Musik, wo man sagt, daß sie zeitlos geblieben ist. Die kann man sich Heute auch noch anhören.

Matt Gonzo Roehr

Heutzutage gibt es ja viele, viele Bands, die von Black Sabbath beeinflusst worden sind. Es gibt ja so eine Art neuer Entwicklung von Rock Bands, die sehr spirituell beeinflusst sind und sich ganz oft auf Black Sabbath berufen. Es gab ja damals z.B. auch Gerüchte, wenn man Black Sabbath Platten rückwärts spielen würde u. s. w. ... hat dich das damals auf irgendeine Weise beschäftigt, ob die spirituell sind oder war das damals eher "nur die Musik", die angesagt war?

Matt: .Witzig ja ... (schmunzelt Matt sich erinnernd vor sich hin). Es gab bestimmt so`n paar Verrückte, die das dann ausprobiert haben?! Man hat zwar in den einschlägigen Magazinen davon gelesen, und wenn ich von damals einschlägigen Magazinen rede, war das die BRAVO oder die Pop/Rocky, was anderes gab`s ja damals nicht. Dann haste halt irgendwann mal Glück gehabt, daß dann mal `n Bericht über Black Sabbath drin war oder über Slade, Led Zeppelin oder irgend sowas und du hast das natürlich schon irgendwo gehört oder gelesen, aber ehrlich gesagt habe ich mich damals nicht damit beschäftigt. Wir haben uns damit beschäftigt die Instrumente zu lernen und haben halt auch viele andere Musik gehört, deswegen war das jetzt nicht so das Ding, daß wir uns mit den Texten, mit der Aussage und sowas beschäftigt haben, das hat mich eigentlich nicht so sehr interessiert. Heute würde mich das schon eher interessieren! Aber heutzutage bin damit schon durch.

Ich habe immer gesagt, wenn ich nicht Musiker geworden wäre, wäre ich gern Archäologe geworden. Ich interessiere mich sowieso für viele von diesen Sachen. Jetzt aktuell gerade für die Kelten, Germanen, Megalithkultur u. s. w. - das ist schon interessant! Und die ganzen Religionen und der Glaube, den die damals hatten - alles, was damit zusammenhängt.

Also bist du mit anderen Worten jetzt gerade, um es mal so auszudrücken, an dem Punkt angelangt, daß du `ne Art Hobby-Forscher bist?! Im Sinne von...

Matt (wirft ein): Ich lese halt sehr viel und bin da eigentlich auch immer up to date, also nicht nur was den Buchmarkt betrifft, sondern das Meiste, was in dieser Richtung heutzutage paßiert, läuft ja über das Internet. Bevor ein Buch rauskommt, hast du es. Und wenn du diesbezüglich in`s Internet gehst, kannst du in 3 Jahren mal ein Buch darüber lesen.

Das interessiert mich schon, ich habe auch das Gefühl, daß es jetzt viele gibt, die sich wieder dafür interessieren. Vielleicht auch gerade jetzt in dieser Zeit, wo ja die ganzen Werte verloren gehen, wo die Leute von eigentlich mehr materiellen Religionen - wie dem Christentum u. s. w., vielleicht wieder zu wirklich spirituellen - naturverbundenen Religionen übergehen?! Es gab mal eine Zeit in den frühen '90ern da sind alle Leute auf die nord-amerikanischen Ureinwohner abgefahren, gängig genannt: die Indianer. Und das fanden die alle gut, weil es auch so eine gewisse Spiritualität hat. Ein guter Freund von mir DJ Dark, der ist da z.B. sehr tief eingetaucht in die ganze Sache. Er war lange Zeit drüben in den Staaten, hat mit Indianern gelebt und auch spirituell haben die da was veranstaltet u. s. w.. Er hat mir viel darüber erzählt. Aber ich glaube auch gerade heutzutage in der Zeit, wo es nur noch um Materialismus geht, wo es... (ein Mitglied der Support-Band Enorm kommt überraschend mit einem Autogrammwunsch herein. Matt bleibt locker und gibt ihm zu verstehen, er möge es einfach hinlegen, da er gerade mitten im Interview ist - und sich später darum kümmern würde. Matt nimmt den Faden wieder auf...) ...wo es viel um den Materialismus geht, gerade jetzt, wo wir auch mitten in der Wirtschaftskrise stecken, die garantiert noch viel schlimmer werden wird, als wir das jetzt alle glauben. Und da habe ich schon so das Gefühl, daß viele Leute sich auch wieder auf die alten - oder auf die originalen Religionen zurückbesinnen, die ja eigentlich durch die Christianisierung mehr- oder weniger fast zerstört wurden. Das paßt gerade, wir haben ja jetzt Ostern - gerade das Osterfest ist ein gutes Beispiel dafür, das ist ja ein rein heidnisch-germanisches Fest gewesen damals.

Wird Ostern eigentlich in deiner Wahlheimat Uruguay auch in irgendeiner Form begangen?

Matt: Ja natürlich, da ist man ja super katholisch.

Auf die gedankliche Brücke wäre ich zwar erst später gekommen, aber bezüglich der geschichtliche Interessen fällt mir gerade spontan Kevin Russell ein...

Matt: Gut sein Spezialgebiet waren ja immer die Römer. Alles, was damit zutun hat, konnte er - oder kann er wahrscheinlich noch Heute aus dem FF aufsagen.

Ich nehme mal an, daß du update bist, was die offizielle Onkelz Homepage betrifft?! Da gab es ja zuletzt Postings von Fotos (vom 20.03. 2.012) mit Stephan, Pe und Kevin zusammen. Ich habe z.B. speziell einen Kommentar eines Fans in Erinnerung, der besagte, daß auf den Fotos nur einer fehlt. Beschäftigt dich das Thema noch? Ich weiß, du hast dich immer rausgehalten aus den ganzen Statements über den Unfall von Kevin und was es da nicht alles gab...

Matt nickt zustimmend: Eben!

...das fand ich, aus meiner subjektiven Sicht, ehrlich gesagt auch richtig so, da ich finde, daß man, wenn jemand am Boden liegt, nicht nachtreten sollte!

Matt: Genau. Aus dem Grund kommt mir das jetzt natürlich so `n bisschen merkwürdig vor. Erst, wie du es gerade sagst, das Nachtreten und die Kommentare und Schuldzuweisungen und was da nicht alles war - und jetzt auf einmal wieder...

(ich hake nach) ...meinst du von den Fans jetzt?

Matt: Ja nicht nur von den Fans, sondern auch von Stephan und Pe was da war. Das fand ich auch... - also ich habe auch gesagt ich hätte jetzt z.B. den Kommentar - das war ja damals mitten im Prozeß, als `n Kommentar veröffentlicht wurde auf der Onkelz Seite, der doch recht einseitig war, wie ich fand. Also sprich die Schuldzuweisung an Kevin u. s. w. - das hätte ich damals z.B. nicht gemacht. Deswegen. Also ich habe das erzählt bekommen, ich hab`s nicht persönlich gelesen, was auf der Onkelz Website steht, aber es ist... - ich hab´ mich schon ein bisschen gewundert, um es mal so zu sagen.

Ich habe mich gefreut - wenn es denn so ist, wie es da steht - dann freue ich mich, daß es ihm wieder gut geht. Ich meine es war aus meiner subjektiv-menschlichen Sicht, als Außenstehender, schon ein gefühlter Tiefpunkt - ein sehr, sehr tiefer Punkt und ich glaube wenn ein Mensch so weit ist, dann kann ich eigentlich nur einen Songtitel von dir zitieren, dann gibt es "Kein zurück" mehr. Und dann kannst du nur noch nach vorne schauen und neu anfangen.

Matt: Und ich hoffe auch, daß das funktioniert! Das Problem ist, daß man es bei Kevin einfach nicht wissen kann. Es gab jahrelang diese Auf - & Ab`s. Und ich drücke ihm auf jeden Fall auch ganz fest die Daumen, daß es endlich mal klappt. Daß er sein Leben, vor allen Dingen auch so wie er sich`s vorstellt, weiterleben kann, weil er ein sehr intelligenter Bursche ist! Weißt du was ihn kaputt gemacht hat, sind halt ganz einfach die Drogen! (in Matt`s Stimme schwingt tiefes - ehrliches Mitgefühl für einen Freund mit)

Nicht zuletzt ist er ja auch ein guter Tättoowierer.

Matt: Ja klar - logisch. Aber ich sage er ist auch wirklich intelligent. Er beschäftigt sich mit vielen Dingen und die Drogen haben ihn da einfach zerstört. Und ich hoffe, daß er es jetzt wieder so auf die Reihe kriegt, daß er seine ganze Kraft wieder in sein Leben stecken kann, in ein normales Leben - bzw. was heißt schon normal (?), in Anführungsstrichen normal!

Ich denke mal für einen ehemaligen Onkel(z), gerade für ihn, ist sicherlich nichts normal?! Gerade das Leben in einer gewissen Öffentlichkeit.

Matt: Genau. Und gerade für ihn ist es natürlich besonders schwer, weil er der Frontmann war und sozusagen immer auf`m Tablett gestanden hat und das macht es natürlich nicht einfacher. Ich hoffe er findet seine Ruhe und findet seinen Weg! Und das sage ich auch völlig un-eigennützig! Ich hoffe es wirklich! Ich habe da auch nichts im Sinn, im Sinne von: "Okay, da mache ich mal `ne Platte mit dem" - oder sonst irgendwas, wie es vielleicht manch´ Anderer denkt, sondern ich möchte einfach nur, daß es ihm gut geht und daß er sein Leben einfach leben kann.

Das finde ich eine sehr, sehr ehrenwerte Einstellung!

Matt: Naja ich meine er ist ein Mensch! Weißt du, man darf das nicht vergessen! Er ist nicht der Kevin Russell, sondern er ist ein ganz normaler Mensch. Und was er da zu tragen hat, wie du es gerade vorher gesagt hast, ist manchmal nicht leicht. Wenn man seine Ruhe haben will und hat sie dann aber nicht und so. Wenn man privat sein will, geht irgendwohin und ist dann auf einmal nicht mehr privat. Und sowas ist für viele Leute - und gerade für Kevin - nicht einfach und nie einfach gewesen.

Vielleicht ist es dann, auch wenn es vielleicht ein wenig makaber klingen mag, gerade auch eine Chance, daß er jetzt aktuell noch im Gefängnis ist?!

Matt: Ich hoffe, daß er da Kraft kriegt, also in der Rehabilitation, wo er jetzt aktuell ist. Und da hoffe ich, daß sie ihm dort Kraft geben können, sein Leben weiter durchzustehen!

Matt Gonzo RoehrKommen wir zurück zu dir und deiner Musik. Ist das Thema "Rock Musik mit englischen Texten" für dich jetzt momentan durch oder sagst du `Okay, das mache ich mal, wenn ich mal irgendwann wieder Bock drauf habe´?

Matt: Na, da hast du mich jetzt gerade gut erwischt! Jetzt gerade Gestern oder Vorgestern hat ein Bekannter von mir, Stephan auch, in Facebook gepostet, daß ich doch mal kucken soll, daß der Song, der letztes Jahr im Juni rausgekommen ist, daß der noch immer in den Independent Charts auf Platz 6 steht. Also seit damals in den Top Ten sozusagen.

 "For What It`s Worth" oder...?

Matt: Nee, das ist "Rock Your Liberty". Und dann habe ich natürlich auch nachgekuckt. Ich habe mich da auch schon lange nicht mehr darum gekümmert, muß ich ganz ehrlich sagen. Dann habe ich nachgekuckt und habe wieder richtig Lust gekriegt eine englische Single zu machen. Das werde ich jetzt auch als Nächstes in Angriff nehmen.

Mich persönlich freut das wirklich sehr. Deine deutschsprachigen Sachen finden natürlich viele gut, die sind ja qualitativ auch gut - keine Frage! Dennoch fand ich persönlich z.B. die "Out of the Great Depression" unheimlich interessant! Auch im Kontext mit dem Booklet-Buch.

Matt: Genau sowas schwebt mir auch für das nächste Album vor. Also für das nächste deutschsprachige Album. Mal beide Welten miteinander zu verbinden. Das eine ist halt ein richtig heftigeres Album gewesen. Aber ich habe jetzt mal wieder Lust auch mal wieder ein bisschen experimenteller zu werden. Ich habe die Musiker dafür am Start, es macht Spaß und warum auch nicht?! Die Jungs warten auch drauf, daß es in die Richtung abgeht.

Ich bin ja sehr gespannt, ob du die ambientischen Flairs wieder mit einbinden kannst, da sich das ja durch deine gesamte Karriere zieht. Du hast ja immer so einen Touch südamerikanischen Flairs, was ja bei "Baja", bei dem Instrumental "A.D.I.O.Z." und nicht zuletzt auch auf dem "Barra Da Tijuca" Album mitschwang. Zudem glaube ich, daß du, wenn du Gitarre spielst, immer wahnsinnig viel Seele mit einbringst.

Matt: Das ist das Wichtigste beim Gitarrespielen. Die Technik ist nicht so wichtig, aber das Andere - die Seele ist wichtig! Ich meine ich sage immer, daß jeder ein guter Techniker werden kann. Man kann jeden Affen dressieren. Aber du mußt dich halt selbst einbringen und das ist das Schwierige an der ganzen Sache. Das Schwierige und das Einfache. Viele Leute trauen sich halt einfach nicht und verstecken sich hinter der Technik.

Auf der letzten Tour sprachen wir darüber, daß du ein paar technische Herausforderungen hattest. Du erzähltest mir von 12er Saiten. Bist du damit mittlerweile ein bisschen wärmer mit den 12er Saiten geworden?

Matt: Da habe ich mich dran gewöhnt. Am Anfang war es schwer, aber jetzt ist es okay. Es paßt halt einfach zu dem Stil, den ich spiele. Wenn du einen fetten Ton hast - und mit den dicken Saiten hast du `nen fetten Ton - das macht es zwar schwieriger, aber es macht es einfach auch intensiver.

Und es ist von der Technik zu greifen schwerer oder? (da fragt der Gitarrenlaie in mir!)

Matt: Also du mußt halt fester zugreifen. Es ist anstrengender.

Ich habe es als Kid mal mit der Gitarre versucht, habe sie aber schnell wieder in die Ecke gestellt...!

Matt: Ja, da muß man sich am Anfang ganz schön durchbeissen. (lacht)

Beim letzten Mal nannte ich dir Gitarristen, von denen du dir einen rauspicken konntest, der dir persönlich gefällt. Heute möchte ich es mal umdrehen. Heute möchte ich, daß du mir mal ein- oder zwei, von mir aus auch drei Bassisten nennst, bei denen du sagst, daß du die "fett" findest!

Matt fragt leicht ungläubig: Bassisten???

Genau. Bassisten. Ein Klischee besagt ja Bassisten seien einfach nur faule Gitarristen?!

Matt: Nee, das stimmt nicht, auf gar keinen Fall! Du das Problem ist einfach... wie heißt`n der? (grübelt) Also wenn, dann sind`s Jazz - Bassisten. Z.B. der Marcello (Linhares) mit dem ich auf der "Barra Da Tijuca" und auf der "Out of the Great Depression" musiziert habe, also das war ein unheimlich guter Bassist! Bei dem hast du einfach immer den Eindruck gehabt, wenn er spielt, spielt er komplett mit Seele und für den existieren die Bünde überhaupt nicht?! Er hat sich da überhaupt nicht drum gekümmert. Das war z.B. ein unheimlich guter Bassist. Ansonsten ist natürlich klar die Bass - Ikonen Jaco Pastorius, was er mit Pat Metheny gespielt hat finde ich total klasse. Und was ich auch bewundere, was auch unheimlich schwierig ist, sind Rockabilly - Bassisten und dementsprechend auch die Jazz - Bassisten, also die wirklich auch diesen Kontrabass spielen. Das bewundere ich total, weil das eines meiner Lieblingsinstrumente ist, wenn z.B. Songs schreibe und die am Computer aufnehme, dann spiele ich sozusagen den Bass mit Gitarre über Midi ein, nehme mir dann aber immer einen Kontrabass - Sound, weil der mir am Besten gefällt. Das kannst du natürlich nachher auf der Produktion nicht machen, das paßt einfach nicht zu Rock Musik.

Hast du jemals selbst einen Kontrabass in echt ausprobiert?

Matt: Würde ich gerne mal machen, aber `n Kontrabass ist auch nicht gerade ein billiges Instrument. Einfach mal einen zu kaufen, um es mal auszuprobieren geht ja auch nicht. (lacht)

Was mir in diesem Kontext auch in den Sinn kommt, da du ja auch im positiven Sinne ein "eigensinniger" Mensch bist, hat dich der Sound von Johnny Cash z.B. je inspiriert?

Matt: Total! Also meine Lieblingsmusiker kommen witzigerweise sowieso aus der Richtung. Ich muß dir ganz ehrlich sagen die Musiker, die mir am Meisten geben sind: Bob Dylan, Johnny Cash... solche Musiker, die auch noch in dieser ur-amerikanischen Musik verwurzelt sind. Das heißt also wirklich Songs aus den '20er Jahren oder Songs von 1910 bis 1930, so diese `Out of the Great Depression´- Songs. Ich finde die saustark! Ich habe gerade letztens zufälligerweise im Fernsehen rumgezappt und da gab`s `ne Reportage über Kentucky und da haben so Bluegrass - Bands gespielt... saustark! Das finde ich total gut!

Da wir ja thematisch gerade so `n bisschen fast in der Zeit sind, Johnny Cash wurde ja mehr- oder minder in den '60ern...

Matt hakt ein: Gut '60er war ja dann schon spät, aber sagen wir mal so vor den '50ern - das, was er da gemacht hat, dieses Rauhe, dieses Ursprüngliche, das find´ ich total geil!

Diesen Slap Bass Sound. Das machen ja viele Rockabilly - bzw. Psychobilly Bands heutzutage. Da gibt`s mittlerweile auch eine unheimlich große Szene hierzulande.

Matt wirft ein: Gerade auch hier in Berlin stimmt`s?!

Ja eben! Da gibt`s Bands, die echt unglaublich interessante Sachen machen! Ich habe z.B. auch mal eine Band aus Wien getroffen, die bei Alice Cooper im Vorprogramm waren... und das einfach nur, weil sie thematisch gepaßt haben, also vom HorrorPunk Outfit her.

Matt: Naja, also diese Roots - Musik, egal von was sie kommt, finde ich persönlich am Besten. Mir persönlich sind viele Alben, was an der heutigen Studiotechnik liegt, viel zu überproduziert. Weißte was ich am Liebsten machen würde ist: mono aufnehmen und fertig. Live mit der Band - das würde mir am Besten gefallen, aber das geht natürlich nicht, weil du dann wieder die ganzen Leute hast, die dann sagen "Was ist das denn?", "Wie klingt das denn?". Z.B. der... wie heißt er denn jetzt?!? Der ist auch früher in den '60ern viel unterwegs gewesen... ist Produzent, hat eines der letzten B.B. King Alben produziert... naja jedenfalls auch so`n relativ durchgeknallter Typ, der macht die Alben noch so wie sie damals geklungen haben. Und was liest du dann natürlich...? Wenn ich irgendwo `ne Albumkritik lese und ich meine jetzt nicht nur das B.B. King Album, der hat noch mehr gemacht, und dann steht da drin "Wieso hat die Platte so `nen scheiß Sound?!" und dann sag´ ich mir immer "Man Leute Ihr habt`s einfach nicht kapiert!". Das muß sich so anhören - sonst klingt es scheiße, wenn`s zu geleckt ist!

Matt Gonzo RoehrIch habe z.B. bemerkt, daß man z.B. in den '90ern (ich bin ja eher im Rock / Metal und auch im Punk Bereich zu Hause) - da hat man viel beim Schlagzeug getriggert. Und der '80er Schlagzeug-Sound war meistens wärmer. Es geht jetzt momentan gerade wieder los, daß die Bands wieder dahin zurück gehen.

Matt: Ja, finde ich auch. Du mußt halt spielen können. Weißte die Meisten haben natürlich Probleme im Studio - oder auch live und deswegen wird dann auch getriggert.

Nun die letzten 2 Fragen. Weil wir gerade musikalisch bei den '50ern, '60ern, '70ern waren, möchte ich noch mal auf die '60er / '70er eingehen. Haben dich auch Bands, die damals beim legendären "Woodstock" gespielt haben irgendwie geprägt?

Matt: Da waren unheimlich viele dabei. Ich fand viele scheiße, aber ich muß auch ganz ehrlich sagen, daß der "Woodstock" Aufritt...

Hendrix wahrscheinlich?!

Matt: Ja, Hendrix war ganz gut, aber der hat mich jetzt da nicht so beeindruckt. Santana fand ich sensationell bei Woodstock! Johnny Winter ist natürlich auf der normalen DVD nicht mit drauf, aber da gibt`s auch gute Sachen - Ten Years After! Und wer war denn noch dabei (überlegt kurz) - sogar Joe Cocker. Da waren unheimlich gute, aber auch viele unheimlich schlechte-, Sachen dabei.

The Doors sollten ja "eigentlich" ursprünglich auch dabei sein, aber das war damals `ne ganz große Story mit denen.

Matt: Ja auch Clapton sollte damals mit Dings dabei sein - wie hießen die damals? Als er mit Ginger Baker spielte...?! (grübelt intensiv)

Auch ich komme gerade nicht drauf. (ich ärgere mich, daß es mir nicht einfallen will, finde aber später raus, daß wir die Band "Blind Faith" meinten)

Matt: Also die sollten damals jedenfalls auch spielen. Viele sind nicht hin, aber das ist so der Startpunkt von der Musik. Sagen wir mal von den Gunswoods-Dingern um 1910 bis '30, dann die '50er, die '60er - da gab`s unheimlich viele gute Sachen, dann die '70er. Die '80er haben mich persönlich dann schon gar nicht mehr interessiert, muß ich ganz ehrlich sagen.

Kommen wir jetzt zur letzten Frage. Da du ja Gitarrist bist, dürftest du ja mitbekommen haben, daß Jim Marshall (R.I.P.) am 5.04. 2.012 verstorben ist. Daß Jim Marshall ein Pionier war, dürfte klar sein. Was kannst du zu Jim Marshall sagen?

Matt: Unbestritten war er ein Pionier! Die ganzen Sounds sind ja von ihm geprägt worden - durch seine Amps. Bei mir ist es so: ich liebe - und hasse Marshall Amps. Das ist immer tagesformabhängig. Aber im Grunde genommen ist es wirklich traurig, daß er gegangen ist. Seine frühen Amp-Entwicklungen, ich meine damals, als er angefangen hat, da hat er ja eigentlich nur `ne stärkere Version vom Fender Bassman gebaut, aber nichts desto trotz die Sounds sind natürlich prägend gewesen! Gerade für die '60er / '70er Jahre. Ohne Jim Marshall hätten die Bands nicht so geklungen, wie sie damals geklungen haben. Das ist `ne andere Farbe gewesen, die dazugekommen ist.

Auf jeden Fall ja.

Matt Gonzo Roehr and Danny B

So das war`s auch schon für dieses Mal. Vielen Dank für das ausführliche Interview Matt!

Danny B.

Tourdaten 2.012

 

07.04. Berlin, C Club

20.05. Chemnitz, Rock n‘ Ink Festival

26.05. Epfendorf, „Rock am Neckar“ (Open Air)

10.08. Kist, Kister Rock Open Air (Open Air)

24.08. Bad Homburg, Sommerkonzert (Open Air) (KOSTENLOSES Konzert !)

01.09. Bad Lauchstädt, „Die Goethestadt Rockt“ (Open Air)

29.09. Sursee (CH), Kulturwerk 118

06.10. Geiselwind, Deutschrock Monster Festival

30.11. Ingolstadt, Eventhalle Westpark

07.12. Berlin, K17 (! verschoben auf April 2.013 !)

14.12. Hannover, Musikzentrum

LINKS:

Matt Gonzo Roehr (Facebook Offical Site)

Gonzo Music

Discografie

Alben - Böhse Onkelz

* 1982 Soundtracks zum Untergang 2 (Sampler)
* 1984 Der nette Mann
* 1985 Böse Menschen – Böse Lieder
* 1985 Mexico (Mini LP)
* 1987 Onkelz wie wir…
* 1988 Kneipenterroristen
* 1989 Lügenmarsch (Picture Disc)
* 1990 Es ist soweit
* 1991 Wir ham’ noch lange nicht genug
* 1992 Heilige Lieder
* 1993 Weiß Schwarz (Doppelalbum)
* 1994 Gehasst, verdammt, vergöttert …die letzten Jahre (Best of)
* 1995 Hier sind die Onkelz
* 1996 E.I.N.S.
* 1997 Live in Dortmund (Live 2 CD Album)
* 1997 Danke für Nichts (EP zur Bandbiographie der Böhsen Onkelz)
* 1998 Viva los tioz
* 1998 Shape CD (limitierte Eintrittskarte - CD zur Böhse Onkelz Tour '98)
* 2000 Ein böses Märchen… …aus tausend finsteren Nächten
* 2001 Gestern war heute noch morgen (Triple Box - 3 CD - Best of)
* 2002 Dopamin
* 2004 Adios
* 2005 Live in Hamburg (Live 2 CD Album

* 2011 Lieder wie Orkane (4-CD Box mit teils unreleastem Live-Material)


Singles - Böhse Onkelz

* 1995 Finde die Wahrheit
* 1998 Terpentin
* 2000 Dunkler Ort (inkl. erster, offizieller Videoclip der Böhsen Onkelz)
* 2002 Keine Amnestie für MTV
* 2004 Onkelz vs. Jesus

MATT ROEHR

* 2007 Barra Da Tijuca
* 2008 UHAD2BTHERE! Live Bootleg Vol.1 (inklusive 3 Videoclips auf DVD)
* 2010 Out Of The Great Depression
* 2010 Matt feat. Lovies - Fire and Gasoline (Single; offizieller Song der Deutschen Rallyemeisterschaft 2010)
* 2010 For What It`s Worth (Single US - Markt/ Free Download Single)
* 2011 Freiheit (Single)
* 2011 Blitz & Donner
* 2012 Alles ändert sich (Single)
* 2013 Zuflucht vor dem Sturm

VHS / DVD

Böhse Onkelz

* 1985 Böse Menschen - böse Lieder (VHS)
* 1987 Onkelz wie wir (VHS)
* 1992 Live in Vienna (VHS/ DVD)
* 1994 B.O.S.C. Fanvideo (VHS)
* 1997 Live in Dortmund (VHS/ DVD)
* 2001 Tourfilm 2000 (2 DVD; inkl. Audio CD)
* 2001 20 Jahre - Live in Frankfurt (CD/ DVD)
* 2005 La Ultima, Live in Berlin (Doppel DVD)
* 2007 Vaya Con Tioz (4 DVD Box)

Bücher

* 1997 Danke für Nichts (Autor: Edmund Hartsch)
* 2006 Meine letzten 48 Stunden mit den Böhsen Onkelz (Matthias "Gonzo" Roehr)
* 2010 Out Of The Great Depression

Anderes (Matt Gonzo Roehr als Gast)

* 2012 WILDE FLAMME - 1000 Meilen, 1000 Worte (Single)

Tags: