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MARKY RAMONE

MARKY RAMONE
MARKY RAMONE

"Nicht als Roboter enden."

Als ich am Ende des Sommers 2.015 das Buch "Punk Rock Blitzkrieg, Mein Leben mit den Ramones" aus der Feder von Marky Ramone bekam, war ich wirklich gespannt was die amerikanische Geschichte in Sachen Punk Rock Ursprüngen so alles zu erzählen wüsste? Mitten im Lesefluss kam dann per eMail die Frage, ob ich nicht Lust hätte Marky Ramone persönlich zu treffen und dabei zu interviewen? Wow!

Ich müsste schon tot sein, um solch' ein Angebot einen waschechten Hall Of Fame-r und Punk Rock Ikone, wie Marky Ramone es ist, nicht treffen zu wollen. Ich sagte also ohne zu überlegen direkt zu und machte mich am Morgen des 22.09. 2.015 auf den Weg nach Berlin-Mitte in ein kleines Hotel gehobenerer Art, das aber nicht zu abgehoben wirkte, sondern das bestmöglichste Ambiente bot, um sich in Ruhe mit Marky Ramone zu unterhalten. 

Marky selbst entschuldigte sich bereits (ehe ich die Aufnahmetaste drückte), dass er noch nicht so ganz wach sei, da er gerade erst aufgestanden war. Möglicherweise der Jetlag? Erstaunt war ich wie junggeblieben und fit Marky Ramone auf mich wirkte. Und bevor ich so richtig realisieren konnte wer mir da in jenen Momenten direkt gegenüber saß, begannen wir das Interview, das zwar (trotz Zeitlimit für das Gespräch) von Marky Ramone's fast schon stoisch-ruhiger geprägt war, aber am Ende wahnsinnig viel musik- und zeithistorischen Goldstaub unter den Nägeln hatte.

 

Hallo Marky, zuerst einmal herzlich Willkommen bei schafe-schuesse.de!

Als Erstes möchte ich direkten Weges auf dein Buch zu sprechen kommen. Was hat dich bewogen dein Buch gerade jetzt zu schreiben und zu veröffentlichen?

Marky Ramone: Oh es dauerte 5 Jahre es fertigzustellen. Du machst kein Buch und denkst dir, dass es morgen rauskäme. Es dauert 5 Jahre und am Ende, nach diesen 5 Jahren, war ich inhaltlich sehr zufrieden wie umfassend es geworden ist. Und es ist brutal ehrlich im Bezug auf unsere Persönlichkeiten und das, was so geschehen ist. Auch wie Punk '74 im CBGBs anfing, wo ich mit all' meinen Freunden abhing und bezüglich der 5 Alben, die ich machte bevor ich zu den Ramones kam. Auch darüber wie es ist in Brooklyn, New York aufzuwachsen und zur Schule zu gehen, all' der Bullshit, wie- und von welchen Drummern ich beeinflusst wurde und das Abhängen in der Szene im Cinemark, Kansas City, was der Club war in dem wir rumhingen, bevor wir ins CBGBs gingen. 

Mit Johnny Thunders, Geral Renol und meinen guten Freunden, die nicht mehr da sind und auch mit Richard Hell und Debbie Harry (*Blondie). 

(* ein Kuckucksuhr unterbricht unseren Talk, worauf Marky einsteigt) Ich liebe das, das ist genau wie ich mich gerade fühle. (*scherzt Marky trocken) Ich muss ein Foto davon (* Kuckucksuhr) machen!

(zum Thema zurückkehrend, fährt Marky fort) Was zu "Road To Ruin"(*erschien 1.978) führt, das erste Album, das ich mit The Ramones aufnahm. Der erste Song, den ich einspielte/ aufnahm, war "I Wanna Be Sedated". Und dann fragte Richard Hell mich ob ich mit ihm und The Voidoids dieses Punk Ding von "Blank Generation" performen würde. Damit ist eine Menge Stoff, der das volle Spektrum abdeckt, wie wir den Film "Rock 'N' Rock High School" machten, die Rock 'N' Roll Hall Of Fame Aufnahme und die Grammys und dann das Abhängen mit Dee Dee und das Touren mit The Clash, mit Richard Hell auf der Clash Tour und all' das '77 in England. Wir kamen aus der Originalszene von New York und gingen dann rüber nach England und sahen wie hervorstechend deren Punkszene war. War deren Szene wie die amerikanische Punkszene?

In deinem Buch kommen vor allem auch deine musikalischen Einflüsse zur Sprache, was eine Verbindung/ Parallele zu John Lydon (Johnny Rotten) aufkommen lässt, der in diesem Jahr mit "Anger Is An Energy" ebenfalls ein (auto-)biografisches Buch veröffentlicht hat. 

Hast du einen Bezug zur Musik der Sex Pistols, die ja Punk genauso wie die Ramones um die Welt getragen haben?!

Marky Ramone: Nun ja, ich bin gut mit Glen Matlock (*Sex Pistols Bassist bis 1.977) befreundet, allerdings habe ich ihn eine Weile nicht gesehen. Ich war hauptsächlich mit Sid (*Vicious; Sex Pistols Bassist) befreundet als er nach New York, Chelsea (*Borough Mannhattan, New York) gezogen war and wir hingen viel herum - ich und er, Johnny Thunders (* New York Dolls) und Jerry (* Nolan; R. I.P., New York Dolls). Aber du weißt ja, er und Nancy (*Spungen) starben.

Ich lebte in Chelsea, Dee Dee lebte in Chelsea und als Sid nach New York gezogen war, hing er im CBGBs rum und das war die engste Freundschaft, die ich mit einem Sex Pistol hatte. Doch Glen Matlock ist ein wirklich guter Junge. Und weißt du manchmal kreuzen Wege sich, weil ich toure, eine Radioshow und eine Food Company habe, da gibt es so viel zu tun und dann kam auch das Buch raus und ich bin mir sicher, dass er auch gut zu tun hat. Somit wird deine Präsenz überschritten. Es ist hart für mich einfach Debbie Harry mal anzurufen und zu fragen "Debbie, möchtest du was essen gehen und herumhängen?", weil sie on Tour sein könnte. Aber wenn wir uns sehen ist es wie eine Kameradschaft.

Als du dein Buch fertig hattest, fühlte es sich dich so an als ob du dein Leben aufgeräumt hättest?

Marky Ramone: Nun, ich wollte eine Menge Gerüchte im Keim ersticken, die du in all' den Ramones Büchern lesen kannst, die nicht von den Ramones geschrieben wurden. Weißt du, Familienangehörige oder einfach Leute, die sich entschieden ein Buch über die Ramones zu schreiben, die aber nicht in der Band waren. 

Phil Spector (*amerikanischer Musikproduzent) richtete nie eine Pistole auf uns im Studio, das war nur sensationsgemachter Bullshit. Er trug Pistolen bei sich, aber er nahm sie nie, um sie auf uns zu richten. Ich meine du hast eine Genehmigung, um sie haben zu dürfen, das bedeutet aber nicht, dass du sie auf jeden richtest. Sie waren in einem Holster (*Pistolentasche) und wen du gingst waren sie in einem anderem Holster. Nach einer Weile im Studio, nimmst du sie ab, weil sie schwer sind und hängst sie irgendwo auf oder packst sie neben das Pult. Und das tat er. Aber natürlich lief es aus dem (tatsächlichen) Verhältnis, es wurde erzählt Phil hätte die Knarren in unsere Richtung gerichtet, was er aber nicht getan hat. Aber er schoss einige Male mit den Dingern, ich denke da war er mit John Lennon (*The Beatles) und ein, zwei anderen Leuten im Studio, jedoch nicht mit uns. Ich möchte von niemanden die Seifenblasen diesbezüglich platzen lassen, aber das ist ein Gerücht, das ich aufklären und stoppen möchte.

Aber um auf dich und deine Wege zurück zu kommen, würdest du sagen, dass die Musik von Dust z. B. heutzutage besseren Anklang fände? Und vor allem was bedeuten dir all' die Erfahrungen im Hinblick auf dein Werk mit den Ramones?

Marky Ramone: Nun, Dust waren eine der ersten Heavy Metal Bands in Amerika. Wir waren noch in der High School. Wir waren so um die 17 Jahre alt und das erste Dust Album war geschrieben worden noch bevor das erste Black Sabbath Album die amerikanische Küste erreichte. Sie verkauften sich in den 1970ern an Warner Brothers. Wir schrieben schon unser erstes Album. Was wir in Amerika hatten, war die wirklich erste Single namens (*eventuell auch: "Summertime Rose"?) "Loose Goose"/ "Sorrowing Meadows" (*leider ist der genaue Titel akustisch schwer verständlich; so viele Singles gab es aber von Dust nicht), die sich definitiv wie Metal gestaltete - einer unserer ersten Metalsongs. Und dann hattest du noch Bands wie Mountain. 

War das eine Art Vorstufe zu dem ganzen sogenannten Krautrock Szeneding?

Marky Ramone: Was ist das?

Das ist ein Fachbegriff aus der Musik aus dem '70ern, so ein Stil aus Deutschland. (*vor allem aus Westdeutschland)

Marky Ramone: Aus den 1970ern?

Ja, die Anfänge gehen sogar auf die späten '60er zurück. 

Würdest du sagen, dass ihr (mit Dust) diese Art der Musikszene ein wenig beeinflusst habt?

Marky Ramone: Nein, ich denke nicht. Nun, jetzt, im Informationszeitalter mit dem Internet und all' den Websites und Sachen - die Leute realisieren jetzt wie Dust dem Metal wirklich geholfen haben in die Gänge zu kommen, speziell in Amerika. Es gibt jetzt Bands, die Dust Songs spielen, somit hatten wir offensichtlich irgendetwas. Damals 1970/ '71 hörtest du im Radio Popsongs wie "Yummy I Got Love In My Tommy" (* aus "Yummy Yummy Yummy" von Ohio Express; 1.968 als Single erschienen) und Soft Rock kam und Folk Rock, wie Carly Simon und James Taylor. Es gab keine Heavy Music - es war zu einfach...

Hattest bzw. hast du irgendeine Verbindung zu The Doors als musikalischen Einfluss?

Marky Ramone: Nein, die waren keine Heavy Band, sie waren mehr Psychedelic Rock.

Ich frage just auf deren letztes, reguläres Studioalbum "L.A. Woman" mit Jim Morrison bezugnehmend, das denke ich etwas härter ausfiel.

Marky Ramone: Nein, wir haben sie nie als Heavy Metal Band gesehen oder auch als eine Heavy Band.

Nein, ich meinte auch nicht, dass sie eine Heavy Metal Band wären, ich denke jedoch, dass sie manchmal eine härtere Seite des Rock präsentiert haben.

Marky Ramone: Nun, sie verglichen sich mit dem was zu der Zeit so los war. Led Zeppelin war eine wirkliche Blues Band, von Blues Kollegen aus Amerika mit lauterer Verstärkung beeinflusst. The Who hatten offensichtlich schon in den '60ern Heavy Metal Elemente, du weißt schon Keith Moon trommelte und Pete Townshend, grossartig! Für mich waren die ersten zwei, drei Heavy Metal- und Punk Songs "All Day And All Of The Night" von den Kinks, ein Punk Song. "7 And 7 Is" von Love und der Song "Talk Talk" von The Music Machine. 

Aber für mich war der wirklich erste Punksong "Surfin' Bird" von The Trashmen, das war glaube ich '63 oder '64. (*kam 1.963 raus) Doch wieder einmal wurden einige Sachen softer. 

Wir waren Kids, die in Brooklyn, New York aufwuchsen, zehnmal so wie in Liverpool war, deshalb brauchten wir etwas heavy-artiges. Und so gründeten wir Dust, das war es. Wir veröffentlichten zwei Alben. Wir waren sehr jung und die vom Management wussten nicht was sie mit uns machen sollten, weil es nicht so viele Bands gab, die man mit uns vergleichen konnte. Gelegentlich brachen wir auf und Kenny (*Aaronson; Dust Bassist) spielte Geschichten und Richie Wise, unser (Dust-)Gitarrist produzierte die ersten beiden Kiss Alben. Ich begann in der Punkszene abzuhängen. 

Ich habe den Namen von Dust defintiv schon in einigen Metal Magazinen gelesen, deshalb kannte ich die Band dem Namen nach bereits, aber um ehrlich zu sein, habe ich nie wirklich irgendeinen Dust Song bewusst gehört. Aber die Geschichte um die Band ist unglaublich interessant, man kann sie in deinem Buch ebenfalls nachlesen.

Marky Ramone: Ja, Ihr solltet das mal anchecken. Was Metal Bands an dem Dust Song "Suicide" mögen. 

Welche Unterschiede siehst du zwischen amerikanischen- und britischen Punkbands?

Marky Ramone: Nun, die amerikanische Punkszene zu dieser Zeit, '74/ '75 sah sich mit dem Ende des Vietnam Krieges konfrontiert und der Wirtschaft ging es wirklich schlecht, es gab obdachlose Menschen, es gab überall Gangs, es gab Streiks der Müllabfuhr, du konntest keine Jobs kriegen - es war dasselbe wie in England. 

Politisch gesehen hatten wir einen schrecklichen Präsidenten namens Richard Nixon (*1.969-1.974) und er war wirklich eine Nuss mit seiner Kriegsüberwachung, somit ist es derselbe Scheiß...

Würdest du sagen, dass die Atmosphäre ein wenig wie die in den frühen '90ern war als Nirvana durchstarteten und dein Land harte Zeiten hatte, auch bezüglich des Irakkrieges?

Marky Ramone: Vietnam ging länger. Wirtschaftlich war unser Land in einer besseren Verfassung in den '90ern als es in Mitte der '70er der Fall war. Der Vietnamkrieg umfasste 9 Jahre, was eine Menge Geld aus der Wirtschaft kostete. 

In England brachte Malcom (*McLaren; selbsternannter Sex Pistols Manager) die Sex Pistols zusammen, nahm Richard Hell's (*The Heartbreakers; The Voidoids) Werk und brachte es nach England zurück. And alle sahen wie Heavies aus, du weisst schon die langen Haare, Malcom sagte ihnen aber sie sollten sich die Haare schneiden lassen, sich wie Richard Hell aufstellen und Sicherheitsnadeln tragen. Bei den Voidoids war das keine Modesache, weil wir uns schlichtweg nicht leisten konnten alles zu kaufen. Du hattest Sicherheitsnadeln, um deine Klamotten zusammenzuhalten und effektives schwarzes Tape. Wir mussten das tun. In England aber wurde es Mode. Das war durch Malcolm so. Malcolm McLaren war der Mann, er hatte die Pistols an den Fäden. 

Zudem gab es da ja auch noch Vivienne Westwood...  (werfe ich ein; 

Vivienne Westwood ist eine erfolgreiche, englische Modedesignerin, die mit Malcolm McLaren liiert war)

Marky Ramone: Richtig. Und sie sagten ihnen was zu tun sei. Über was sie singen sollten, eine Puppe (*im Sinne einer Marionette) zu sein... Politik, Anarchie - in Ordnung, es ist grossartig darüber zu singen, aber wenn du nicht so da drinsteckst, wie kommt es dann, dass du nicht mit all' den Zeichen (*Symbolen) auf die Strassen gehst, um es zu stoppen(*mit fragendem Ton), wie es die MC5 machten und all' diese Leute in Amerika, die zum Weißen Haus gingen. Ich meine du kannst lyrisch darüber singen und hoffentlich auch Leute beeinflussen, doch das ist nicht dasselbe wie auf der Strasse zu sein und es zu tun! Da gibt es einen Unterschied.

Das ist auch das, was ich an deinem Buch so mag. Wenn man es liest, spürt man, dass du es lebst. Und für mich persönlich ist das etwas sehr Wichtiges!

Marky Ramone (2) Marky Ramone: Oh ja, ich ging zu all' diesen Aufmärschen. Die Civil Rights Bewegung, die eine um '65/ '64 rum, wo ich als kleiner Junge mit meinem Vater mitlief. Wir wurden rumgeschubst, einige Rednecks (Dummköpfe) schrieen uns an. Weisst du schwarzfarbige Menschen durften nicht mal auf die Toilette in einem Restaurant gehen und sie durften auch nicht im selben Restaurant essen. Und das ist nur 50 Jahre her...!

(*Die African-American Civil Rights Bewegung war von 1.954-1.968 aktiv in Amerika aktiv)

Wahnsinn! Ich erinnere mich an diese Story aus deiner Schulzeit als du wie Scheisse behandelt wurdest...

Marky Ramone: Ja. Ich spielte taub und sie steckten dir immer Drogen zu und die Cops fischten dich als Einzeln raus. Ich sage nicht, dass alle Cops schlecht sind, es gibt gute- und schlechte Cops und es gibt grossartige Lehrer und schlechte. Damals war es ihnen erlaubt dich zu schlagen und ich schlug zurück. Und nach einer Weile musste mein Vater zur Schule kommen, um mit dem Schulleiter zu sprechen und er warnte ihn "Wenn sie je wieder meinen Sohn schlagen, werde ich draussen auf sie warten und die Scheisse aus ihnen herausprügeln." Vielleicht half das, vielleicht aber auch nicht?! Zumindest tat mein Vater etwas, indem er den Lehrer davor warnte mich wieder anzurühren. Aber das ist wie ich damals aufgewachsen bin, das waren andere Zeiten. Es ging um einiges roher als heute zu, das kannst du mir glauben.

Ich fand diese Stelle in deinem Buch sehr interessant als du dich selbst fragtest was passiert wäre, wenn deine Lehrer dich nie so behandelt hätten.

Marky Ramone: Vielleicht hätten sie mich mehr in der Richtung erziehen sollen, dass ich es zu würdigen wüsste, dass ich Schlagzeug spiele und vielleicht zu würdigen, dass ich so sogar besser spielen könnte als ich es jetzt kann. Aber das taten sie nicht. Sie wollten dass du ein Roboter wirst und mit dem System mitgehst und allem folgst, das sie dich lehren. 

In diesen (heutigen) Tagen sehen eine Menge Lehrer etwas in einem Studenten, nach dem Motto "Oh, ich werde ihm oder ihr helfen sich  in die Richtung zu entwickeln...", die er in ihnen sieht, sofern es etwas Positives ist. 

Aber weisst du, damals wollten sie, dass du wie jede/ -r Andere geformt wirst. Hoffentlich haben sich da viele Dinge geändert?!

Mein Eindruck beim Lesen und Hören war, dass es dir half deine Energie in dein Drumming zu stecken, deinen Stil zu (weiter) zu entwickeln... zumindest war das mein Eindruck. 

Marky Ramone: Ja, vielleicht physikalisch, weil ich, wenn ich hinter dem Schlagzeug sitze, an all' die Scheisse denke durch die ich gegangen bin und du hast etwas zu schlagen...

Ja, vielleicht deshalb der Punch oder irgendwas...?!

Marky Ramone: Nun, ich mag keine Gewalt, doch vielleicht macht es das? Ich weiss es nicht. Aber das ist eine gute Frage!

In deinem Buch hast du immer wieder den Rock 'N Roll Spirit thematisiert. Du selbst warst alkoholabhängig. Irgendwie hatten viele grosse Rock 'N Roll Legenden Probleme mit Alkohol oder auch Drogen. Einige von ihnen, wie z. B. Jimi Hendrix und Jim Morrison hast du bereits in jungen Jahren getroffen. 

An welchem Punkt deines Lebens siehst du im Rückblick den Zeitpunkt an dem dein Kosum ausser Kontrolle geriet? Und vor allem ab wann wurde dir bewusst, dass du ein ernsthaftes Alkoholproblem hattest?

Marky Ramone: Nun ich war periodisch (veranlagt). Ich mochte es Bier zu trinken, was eine Menge Spass mit meinen Freunden mit sich brachte. Aber es gab da eine Begebenheit als ich das Album "Subterranean Jungle" (*erschien 1.983) aufnahm, das ich hasste. Es war '82 als wir es aufnahmen. Der Produzent wollte dass das Schlagzeug  wie ein Drumcomputer klingt, weil zu dieser Zeit der Sound sehr populär war, was von den englischen Bands her kam - die New Wave mit abscheulichem Drumsound, einfach gefakte Scheisse. Er wandte den Sound an bei dem was ich einspielte. Und ich sagte ihm "Ich mag das nicht, was du da tust!". Er sagte "Nun ja, ich spüre, dass das den Sound modernisieren wird." und ich erwiderte: "Nein, wir brauchen das bei den Ramones nicht. Wir mögen unseren Sound. Das ist warum wir sind wer wir sind.", (er daraufhin) "Wir machen es aber genau so.", (Marky wieder) "Das kannst du verdammt noch mal nicht so machen!". - wir schrieen uns angepisst an und ich wollte ihn dafür umbringen, aber so etwas kann ich nun mal nicht tun, aber ich hatte eine kleine Flasche auf der Toilette versteckt. Ich trank nie zuvor bevor ich spielte, danach trank ich zuvor erst einige Drinks bevor ich Shows spielte oder Studioarbeit in Angriff nahm. Das war halbwegs erlaubt. Jedoch fand Dee Dee (*Ramone) die Flasche. Dee Dee war mein bester Freund, aber er ließ es rauskommen. 

Er war auf Heroin und Pillen. Er tat das, um die Aufmerksamkeit von sich abzulenken - "Marky trinkt!". Naja, er fand den Wodka. 

(Jerry) Nolan, die Crew und The Heartbreakers waren im Studio und tranken. Ich hatte genug. Ich sagte "Scheiss' auf diesen Typen. Wer hat diesen Prodzenten geholt? Er stinkt!" 

Und was er tat... dieser Drumcomputersound, nun, ich schätze das ist es warum er dabei war?! Aber das erklärt warum ich "Time Has Come Today" auf dem Album nicht spielte. Irgendein anderer Drummer spielte ihn und ich weiss nicht einmal wer zur Hölle es ist. Aber das war der Punkt als ich realisierte, dass ich ein Problem hatte. Joey (*Ramone) rief mich an und teilte mich mir mit "Marky du bist raus.". "Ja, du hast recht." Das war als das Album fertig war, ein paar Wochen später. Ich nahm die erste Reha und weisst du, es fühlt sich wie eine Art Country Club Ding an. Ich machte es, aber ich war nicht wirklich dabei es wirklich hinzukriegen. Dann kam ich raus und fing wieder zu trinken an, weil ich dachte, dass ich so ein guter Kerl wäre. 

Dann war ich wieder eine Weile weg und da hatte ich den Punkt des wirklich ersten Stops. Das war dort wie in Armeebaracken mit Leuten an der Tür, die dir Befehle gaben. Mein Berater sagte "Sieh' mal, du hast viele verschiedene Dinge zu verarbeiten.". 

Ich hatte Geld. Ich konnte für gute 5 Jahre nichts als Mist machen, ich hatte nichts zu tun. Ich nahm mir einen physischen Job als (Fahrrad-)Kurier, ich errichte (Strom-)Anlagen, ich arbeitete in Crackhäusern und solche Sachen. Der Grund warum ich das tat, war, weil es mich körperlich fit hielt. Nach einigen Jahren realisierte ich "Ok, es ist vorbei.", es brauchte 4 Jahre - zurück ins Business. 

Richard Reinhardt (*den meisten besser als Richy Ramone bekannt) veranlasste eine Gruppe, ich hatte genug davon die Tage zu verschlafen und sagte scheiss auf ihn... auch auf die Dämonen. Sie (*The Ramones) versuchten sich mit Clem Burke anzufreunden, den ich bei Blondie mochte, allerdings ist er kein Ramones Drummer. Für ihn dauerte es zwei Shows und dann riefen sie mich zurück. Ich war etwas widerwillig und zögerte etwas, denn es da gab immer noch die Spannungen zwischen Johnny (*Ramone) und Joey (*Ramone) und das mochte ich nicht. Ich dachte immer, dass Leute in einer Band wie Brüder sein müssten. Aber Brüder (be-)kämpfen (sich), Familien (be-)kämpfen (sich) und Bands (be-)kämpfen (sich). Wir setzten eine Probe an und es fühlte sich an als sei ich nie weg gewesen. 

Nebenbei half ich ihnen um eine Klage herumzukommen, weil sie 17 Shows zu spielen hatten für die die Leute bereits Tickets gekauft hatten. Und sie hatten niemanden, da gab es niemanden, der diesen Stil spielen konnte. Somit war ich zurück in der Band und der erste Song, den wir spielten als ich zurück kam, war "Pet Cemetary". Ich blieb für weitere 9 Jahre bei ihnen. Insgesamt war ich für 15 Jahre in der Band. 1.700 Shows...

Unglaublich! (entfährt es mir)

Marky Ramone: Ja. (nickt er zustimmend und fährt fort) Das war die Geschichte darüber, das Trinken war zwar mit einer Menge Spass verbunden, aber wenn ich nicht damit aufgehört hätte, hätte ich möglicherweise noch jemanden umgelegt... wer weiss was noch passiert wäre...?

Ja, ich weiss, es kostet eine Menge... ich kenne das nur zu gut, ich habe selbst zwei wichtige Menschen durch Alkohol verloren, die ich geliebt habe, nebst eigener Erfahrungen. Das ist auch ein Grund, warum ich immer wieder ein grösseres, öffentliches Bewusstsein bezüglich dieser Thematik schaffen möchte, wie du es mit deiner persönlichen Geschichte tust. Drogen sind die eine Sache, jedoch ist Alkohol eben auch eine sehr gefährliche Droge.

Marky Ramone: Wenn es jemanden hilft zu realisieren, dass man ein Problem hat - grossartig! Ich gebe nichts darauf ob jemand weiss, dass ich ein Problem hatte. What the fuck, es ist mir egal. Macht es eine schlechte Person aus dir? Niemals. 

Das ist genau der Grund, warum ich vorhin sagte, dass man spüren kann, dass du durch eine Menge Scheisse gegangen bist, die dich aber stärker gemacht hat... doch zu anderen Themen, da die Zeit etwas drängt. 

Im Buch selbst findet u. a. auch David Bowie Erwähnung. Bowie hat gerade hier in Berlin einiges an Werken kreiert, du selbst bist sehr New York beeinflusst, wie wohl fühlst du dich in einer Stadt wie Berlin, in der derzeit allmählich der Rock 'N Roll Spirit dem Profitwahn der Bauindustrie weicht?!

Marky Ramone: Nun ja, raffgierig waren sie immer - die Musikindistrie. Die Leute werden immer Wege finden, um Andere auszustechen, du weisst schon - Manager, Anwälte, Buchhalter. Wir aber hatten gute Leute, die mit uns gearbeitet haben. Aber es geht ja noch weiter. Ich warte darauf zu sehen wie die Musik neu beginnt, kein computerisierter Bullshit. Das ist nur was für beknackte Leute. Wirklich es ist so! Ich warte darauf reale Musiker spielen zu sehen. Leute die wissen wie es geht... wie eine ganze, neue Szene, nicht blß ein Typ am Computer, der einen auf "Hü, ich bin ein Rockstar." macht.

Danny B Helm und Marky Ramone, 22.09. 2.015, Berlin Und was sind deine Pläne für die nähere Zukunft?

Marky Ramone: Ich mache die Buchtour und dann fahre ich fort damit mit meinem Set aus 35 Jahren Ramones zu spielen. Und ich mache weiter mit meinen Food Companies, von denen ein Teil des Erlöses an Charity Projekte geht. Das ist im Moment eine Menge. Aber auch meine Radioshow in Amerika möchte ich weiterhin machen. 

Meine "Punk Rock Blitzkrieg" Show läuft in allen 50 Staaten, somit erreicht es eine Menge Leute. Und alles was wir tun, ist Punk, was gut ist.

Das hört sich in der Tat grossartig an, zumal ich selbst auch längst zu meinen Punk Wurzeln zurückgekehrt bin. Ich denke, umso älter man wird, desto mehr erinnert man sich daran woher man kommt und geht zurück zu den Wurzeln. Ich für meinen Teil war zwar auch viele Jahre in der Metal- & Gothic Szene unterwegs, aber ich vermisste immer etwas, dieses "dirty thing", das nur Punk bietet.

Marky Ramone: Ja, ich hoffe nur, dass all' diejenigen, die jeden Tag den gesamten Tag über bei Facebook und bei ihren Handys sind, sich wieder mehr mit anderen Menschen sozialisieren, weil sie sonst nur wie ein Haufen Roboter enden, du weisst, so wird es sein. 

Nicht nur ein gutes-, sondern ein nahezu perfektes Schlusswort! Vielen Dank Marky, dass du dir Zeit genommen hast!

Marky Ramone: Ich danke dir auch!

 

Interview: Danny B Helm, schafe-schuesse.de ©

Fotos: Danny B Helm ©

 

Discographie, Marky Ramone: http://www.markyramone.com/music/

Website Marky Ramone: http://www.markyramone.com/

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