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ILLUMENIUM "Towards Endless 8"

Künstler/Band und Albumtitel: 

Erscheinungsdatum: 

04-2016

Label: 

Genre(s): 

Vor nicht allzu langer Zeit begegneten mir bei einer Allabendrunde durch Aachen in Zentrumnähe zwei jüngere Typen, die scheinbar wahllos Menschen mit dem Satz "Do you speak english?" ansprachen. Ich musste erst mal meine Kopfhörer abnehmen, um zu verstehen was man von mir wollte. Hielt ich sie anfangs noch für eine dieser unsäglichen Drückerkollonnentypen, die auf Zeitungsabo o. ä. oder gar einer dieser Raub-Banden auf leichtgläubige Touris spekulieren, so stellte sich schnell heraus, dass diese beiden verrückten zu der aus Estland stammenden Band Illumenium gehören, von denen ich zuvor noch nie gehört hatte. Diese beiden vertickten ihre CDs in der Fußgängerzone, leider ohne selbst akustisch zu spielen o. ä., lediglich einen kurzen Hör-Happen gab es via Smartphone vorab. 

Ich bot spontan an eine Review zu schreiben, bekräftigte aber, dass ich dafür nicht bezahlen werde - will heißen, wenn ich jedes zunächst interessante Album kaufen würde, würde ich arm, zumal es bzgl. Review immer genügend Anfragen gibt. Logisch, dass man da mittlerweile auswählt und auf physische Bemusterung umgestiegen ist - auf Augenhöhe soll es sein, schließlich bekomme bei keiner verfassten Review finanziell etwas raus (anders als manche Magazinschreiber vllt.). So viel dazu, wie ich zu diesem nicht mehr ganz so neuen Album kam. 

Mir imponierte der Einsatz dieser Jungs, die (lt. eigenen Aussagen) quer durch diverse Städte Europas reisen, um ihre Mucke zu promoten. Seltsam nur, dass sie die nächstgrößere Stadt Köln nicht auf ihrer Route hatten. Auf meine Frage wer das Album produziert hat und wie sie das mit den enormen Reisekosten (Sprit, Essen, Trinken, Übernachtung etc.) machen würden, hieß es, dass man sich komplett selbst trägt. Klingt eher nach 'nem reichen Gönner, als nach einer Underground Band, die zu Teilen aus der ebenfalls estnischen Alternative Metal Band Defrage (*2.007-2.014) hervorging und auch älteres Material bei dem hier vorliegenden Album mit genutzt haben. Bislang hat man neben einer Promo (*2.015) und dem gleichnamigen Album "Towards Endless 8" (*2.015), nun auch mit diesem -ebenso betiteltem- Album eine Art Re-Release bzw. komplettierte Albumfassung seit 2.016 am Start. Für Mix und Mastering blieben Illumenium in ihrer Republik.

Während Kari Kärner bei Defrage just die Rhythmus Gitarre (+ Background Voc.) spielte, ist er bei Illumenium nun zum Sängerposten gewechselt, wobei André Kaldas bei den Scream/Growling Parts geblieben ist. Defrage Schlagzeuger Kevin Presmann hingegen ist an die Lead Gitarre gewechselt. Lediglich Romy Leis (Bass) scheint mittlerweile von Bord zu sein, zumal sich einer der Typen in der Fußgängerzone als der neue Bassist der Band vorgestellt hat. Ziemlicher Wellengang in dieser Band. So viel den Vorabfakten der im Oktober 2.014 gegründeten Band, deren Zukunftspläne nicht gerade kleine Brötchen im Sinne haben.

Bereits das Coverartwork kündigt eine gewisse Tiefe an, die mit "For My Old Friend" (Track 1; Anspieltip I) ihren unverhofft hochqualitativen Anfang nimmt und wirklich gut reingeht. Irgendwas mit Dark Rock und kleinen Metal-affinen Parts im Gesamtgeschehen, wobei es eher eingängig popig zugeht. Es ist vor allem der himmelweiten Atmosphäre zu verdanken, dass man sich direkt in der Musik fallen lassen kann, auch wenn manche Screamo Parts (teils etwas unglücklich platziert) sind. Bei 18 Stücken kann das eine lange Reise werden (*Gesamtspielzeit 1 h + 19 Minuten). "Dream Made Of Stone" (Track 2) bleibt dem Faden zugeneigt und bringt ein Pop-Rock-iges Stück zu Ohren, das mich an Tiefgängerbands wie z. B. Emergency Gate, Evanescence (in diesem Fall natürlich mit männlichen Vocals; inkl. Metalcore Einschüben in Sachen Vocals), Alcest erinnert  - nur eben mit dem Unterschied, dass Illumenium von allen etwas mit in ihrem Sound gepackt haben, dabei aber ausschließlich nach sich selbst klingen, was schon allein ordentlich Bock macht. 

Es bleibt im Emotional Alternative Pop Rock, ohne dass es zu Emo ist. Es ist letztlich, was es ist: auf Pop basierende Rockmusik, die auch ab & zu ein paar Funken Metal zulässt - "Jackal" (Track 3). Die Arrangements sind clever und ausbalanciert, selbst die Gitarrensoli haben ihren Charme. Besonders aber ist es Kari Kärners Stimme, die einem vertraut vorkommt. (ich denke seltsamerweise öfter an Jacoby Shaddix [*Papa Roach]) Selbst Gothics dürften angehörs so Blutengel/Scream Silence ähnlicher Songs wie z. B. "My Last Cocaine" (Track 4; Anspieltip II) angenehm reinlaufen. Die Keyboardflächen jedenfalls bereichern den Illumenium Sound ungemein. So langsam versteht man auch die großen Träume dieser Band. Man muss ihnen lassen, dass diese Mucke das Zeug hat international stattfzufinden. 

Dennoch gut, dass es auch mal temporeicher zugeht - "La Bruja" (Track 5) und trotzdem noch atmosphärisch hochwertrig bleibt, ohne die Eingängigkeit zu verlieren. Thematisch bleibt es im Querschnitt allgemein oft gebrachter Zeitthemen. Aber es gibt auch (gerade in Estland) kritische Themen wie in "Save Us From Religion" (Track 6), das in bedächtiger Balladenform untergebracht wurde und die Eingängigkeit noch immer konstant auf Höchstlevel hält. Beeindruckend!

Da mutet ein Song wie "We Are Metal" (Track 7) leider etwas deplatziert an, weil ich bislang eher Rock als Metal gehört habe. Dennoch pflichtet man dem Song tatsächlich Metal bei. Irgendwo zwischen Melodic Metal und Metalcore.   

Das Albumtitelstück "Towards Endless 8" (Track 8) markiert eine Art gefühltem Kapitelpunkt auf diesem Opulentwerk. Das Konstrukt bzw. die Zutaten bleiben zwar dieselben wie bislang, werden aber erstaunlicherweise immer wieder so inszene gesetzt, dass es alles ist, nur eben nicht langweilig, wenngleich die Befürchtung der Monotonie zuzufallen mit jedem Song steigt. Da kommt das etwas seltsam anmutende "The Sick Letter" (Track 9; Anspieltip III) bestens in den Lauf, zumal zu Beginn super eingängig. Die Stilvielfalt wird genau an der richtigen Albumstelle als Priorität herangezogen, da darf es auch mal lockerer (fast akustisch) tönen - "My Own Way" (Track 10; Anspieltip IV). 

Compilationcharakter hat "Towards Endless 8" mittlerweile ein wenig inne, fällt dann aber wieder in den eigenen Sound zurück - "Bulgaria" (Track 11), womit das songmäßige Überangebot ein wenig Last mit sich zieht, trotz der eingeschobenen Metalcore-zugetönten Parts. Paradise Lost fallen mir ein, zu Zeiten ihrer eher popigen Phase, die zwischen 1.997-1.999 ihren Raum hatte. "Save Us From Religion 2" (Track 12) hingegen erinnert an die Rückkehr zu den Metal Wurzeln, was auch "Hotel Breakers" (Track 13; Anspieltip V) unterstreicht, der zwischen Punk Rock Anleihen auch vertrautes Pophymnenarrangement mitbringt. Ich staune über die immer (noch/-wiederkehrende) Catchiness mit der Illumenium ihre Songs zocken. Da kann man nur den Hut ziehen!

Ob "Shot Locker" (Track 14) als Persiflage auf "Foot Locker" durchgeht? Auf jeden Fall macht das lockere Zusammenspiel absolut an. Schon seltsam, Illumenium erinnern mich total an irgendeine Band, schaffen es aber als eigenständig für sich wahrgenommen zu werden, selbst dann, wenn sie stark Pop affine semi-Balladen zocken - "Incomplete" (Track 15), letztlich kriegen sie eine/-n trotzdem. Damn! ;-)

Titel wie "The Facebook" (Track 16; Anspieltip V) hingegen wirken vom Titel her eher too simple, bringen dann aber aber starken Metalcore mit, der auch etwas Space Weite mitbringt. Schade nur, dass Illumenium nicht mehr von diesen Songs am Start haben. Diese Jungs haben auf jede Fall den Schneid einen eigenen Titel nach ein Klassiker zu benennen "Stairway To Heaven" (Track 17) und ihn dann auch noch gut klingen zu lassen. Zumindest dem Text nach scheint es sich hier allerdings nicht um ein Cover des Led Zeppelin Klassikers zu handeln.

"We Never Die" (Track 18) bringt zum Ende noch einmal Singlequalitäten mit und lässt den/die Hörer/-in(nen) angefixt zurück. Ich habe selten ein Album auf dem Tisch gehabt, dass 18 Songs Spielfutter hat und trotzdem weder monoton, noch langweilig wurde. Verdammt stark, wenn auch hier und da manchmal mit zähem Atem. 

9,0/10 Schafe Schüsse

(Illumenium 2.016)

https://www.illumenium.com/

https://www.facebook.com/illumenium/

Danny B

Schaf Schüsse: 

9
Eigene Bewertung: 9

Review No.: 

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