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DRITTE WAHL, Geblitzdingst

Künstler/Band und Albumtitel: 

Erscheinungsdatum: 

01-2015

Label: 

Genre(s): 

Abgesehen von einigen Re-Releases in remasterter Form ließen sich die "Wahle" (wie sie sich liebevoll selbst bezeichnen) offenbar bewusst(?) Zeit, um nach "Gib Acht!" (2.010 erschienen) nach einem halben Jahrzehnt fast schon leicht beiläufig mal eben einen würdiges Folgealbum rauszuhauen. Warum beiläufig? Weil Dritte Wahl in den letzten Jahren irgendwie omnipräsent unterwegs zu sein schienen und die Bühnen im ganzen Land auf links gedreht haben. Egal wo es die Technik, die Saalgröße (oder auch das Open Air Areal), die Bühne hergab, Dritte Wahl fuhren stilecht mit Bus und Trailer vor und zogen den Ort fast schon prophezeiend auf "Geblitzdingst". 

Somit lag die Idee nicht ausschliesslich im Filmbereich Hollyweirds, sondern Dritte Wahl schrieben ihren eigenen Film, wobei sie in ihrer Bandgeschichte nicht so ganz unberührt von der Filmbranche blieben, aber das wissen Die Hard Fans längst. 

Hatte man eben noch "Danke" und "Fliegen" z. B. in die Gehörgänge zementiert, was auch nach wie vor felsenfest betoniert in der eigenen Playlist der zeitlosesten Songs aus dem Bereich Punk Rock bleibt, wurde es Zeit dass "Geblitzdingst" endlich die Hand erhob, um uns allen zu etwas mehr Lebensfrische zu verhelfen. Vor Kurzem (30.01. 2.015) war es endlich soweit und das Album stand frisch eingetütet im Raum der Wahrnehmung, kurz: die Realität war um ein reifes Werk reicher.

Mit "Der Spiegel" (Track 1) geht es knackfrisch und neuem Sound dank der Schmiede der Principal Studios los. Trotz dessen, dass mir hier nicht die endgültige Mix-Verrsion vorliegt (für eine promotional copy durchaus sinnvoll; im Guten wie im Schlechten), klingen Dritte Wahl einen Ticken satter, runder, klangvollendeter. Für einen Opener nett. Beim Albumtiteltrack "Geblitzdingst" (Track 2; Anspieltip I) blitz-dingst zu Beginn ein Schwung vom "Die Firma" Song aus der Onkelz Schule durch, dessen Vorabsingle zum seinerzeitigen "Dopamin" Album ebenfalls in den Prinicipal Studios produziert wurde. Zufall? Doch da das just mitschwingt und den Song nicht dominiert, geht das als legitim durch, zumal die "Wahle" verdammt radiokompatibel in Richtung Sofortzünder aufbrechen und ihr Ziel letztlich wie im Handumdrehen erreichen. Da fallen einem auf den ersten Gedanken zwar noch keine direkten Namen ein (so radiokonform ist man dann doch nicht), aber wenn man Casper, Seed, Cro und Fettes Brot als Eintopfstilmix auf Punk Rock ziehen würde, vielleicht käme genau dieser Song raus?! Natürlich nicht ohne dem Wahl'schen Sound selbsttönend die Führung zu überlassen. Man, man... das geht ja gut los und versprach anfangs nicht nur die Charts zu entern, sondern hat sie wohl (soweit ich mitbekam) offenbar schon erreicht?! Berechtigten Glückwunsch in Richtung Dritte wahl! Die Wunsch-Grundaussage von "Geblitzdingst" jedenfalls ist genau das, was sich wohl jeder mal wünscht.

Beim folgenden "Stillstehen" (Track 3) geht es in diesem Gedankenlauf weiter und dürfte es vor allem auch den Nicht-Punk Rockern erleichtern mal ein Ohr bei Dritte Wahl zu riskieren, zumal es leichtfüßig zugeht, aber nicht vergisst laut nachzudenken. Seltsamerweise kommen hier leichte NDW-Elemente von ganz weit hinten in den Sinn hochgeschwappt, obwohl es so überhaupt nicht '80er zugeht...?! Dass die Wahle nämlich so gar nicht '80er sind und mit Sicherheit noch wissen wo ihre (Punk-)Wurzeln liegen, zeigt "F.d.S." (Track 4; ausgesprochen "Fick den Scheiß"), bei dem die Nägel auf der Zunge steil nach oben stehen. Pissed und dabei trotzdem flüssig auf Unterhaltungslauf mit deutlichem Tempoanzug. Klasse Nummer, die live die Temperatur ordentlich hochkochen dürfte. Lediglich das musikalische Zwischenintermezzo liegt anfangs noch leicht schräg im Ohr, aber mit zunehmenden Durchläufen dann irgendwie doch funktioniert. Da muss man auch erst einmal drauf (klar)kommen. ;-)

Vorab gab es mit "Der Schatten" (Track 5) bereits einen Vorgeschmack auf das Album, wobei man aber sagen muss, dass auf diesem Album jeder Song seine eigene Nuance mitbringt, wenngleich der Sound der rote Faden ist, der alles verbindet. Als ich den Titel "Zu wahr um schön zu sein" (Track 6) erblickte, kam mir ein altes Shirt in den Sinn, das irgendwann, irgendwo zurückblieb... da fragt man sich ob man halbnackt loszog oder das Teil einfach nur im Zelt auf irgendeinem Open Air vergessen hat? Zu solcher Art Gedanken passt aber allenfalls die Mucke dieses Songs, die so eine ganz leichte Countrynote innehat, der Text hingegen läuft konträr und fragt aus der Tiefe heraus, aber dank der Banjoeinsätze wird die Schwere genommen. Auch dieser Song dürfte ein Anwärter für das neue Liveset sein. 

Dass der Punk Rock Geist sich auch anno 2.015, Jahrzehnte nach dem "There is No Future..." der Sex Pistols, noch immer mit der Frage nach der Zukunft beschäftigt, greifen die Wahle in "Eure Zukunft" (Track 7; Anspieltip II) auf. Hier tanzt der Geist zwischen Bestandsaufnahme und witzigem Sarkasmus und lässt sogar leichte Tote Hosen Chöre durchkommen, was letztlich gar nicht weiter schlimm ist, sondern dem Song selbst bestens steht. Immer wieder meine ich auch Campino's Stimme bei einigen Chorspitzen auszumachen, verwerfe dies' aber nach ausgiebgem Studium des Infosheets wieder.

"Sirenen"(-gesang) (Track 8; Anspieltip III) schlägt die Brücke aus der Mythologie in die Realität und gibt den anbiedernden Werbe-/ Industriekonstrukten ein zeitnahes Realgesicht, das von hinten angreift, um dem Ausverkauf von Wahrhaftigkeit zu dienen. Neben dieser sehr zeitgemäßen Thematik, dürfte in "Teufel & Dämonen" (Track 9; Anspieltip IV) das sicher zeitaktuellste Thema dieses Albums seinen Raum finden. Der Ukrainekonflikt bzw. -krieg, der derzeit gar nicht so weit von uns geführt wird und täglich Menschenleben fordert wird hier thematisiert. Gunnar (voc./ git.) geht hier von der härteren Auslegung umrahmt gedanklich direkt ins Zentrum des Konfliktes, dessen unzensierte Bilder man immer öfter offen gezeigt bekommt. Grosses Kompliment an Dritte Wahl für diesen Song! Es ist lange her, dass ich solch' eine Thematik so ins Schwarze treffenden mit solcher bilderaufbringenden Musikalität gehört habe.

Da fällt es nicht allzu leicht sich direkt auf "Immer auf der Reise" (Track 10; Anspieltip V) einzulassen, weshalb ich fast jedes Mal kurz die Stoptaste drücke, um das Hirn wieder freizukriegen, dann aber springt der Funke jedes Mal wieder direkt über. Was Lindenberg Flair in sich trägt, packt sofort und nimmt die Gedankenläufe mit ins Gestern und stellt gegenwärtig den Träumer neu in den Raum, der deutlich älter und reifer geworden ist. Achtung: Rotationsschleife-Gefahr! ;-) Da passt das auflockernde "Was weiss ich schon von der Liebe" (Track 11), bei dem man vor allem im Refrainteil das Gefühl hat den Song schon einmal woanders gehört zu haben. Im letzten Viertel kommt kurzzeitig sogar etwas Honigdieb Nähe auf. Mit "Noch einmal" (Track 12) wird mit hoher Wahrscheinlichkeit (vermutlich 90% der Hörerschaft) vom inwendigen Wunschzettel zitiert, um diesem Album ein rundes Ende zuzuschustern. 

Fakt ist, dass Dritte Wahl die Meßlatte mit diesem Album verdammt hochgehängt haben. Man kann nur hoffen, dass nicht erst wieder 5 Jahre vergehen müssen bis ein weiteres, so verdammt starkes Album aus dem Proberaum in Rostock seinen Weg durch die Membranen findet.  

 

9,5/ 10 Schafe Schüsse

(Dritte Wahl/ Indigo 2.015)

http://www.dritte-wahl.de/

https://www.facebook.com/drittewahl?fref=ts

Danny B

Schaf Schüsse: 

9
Eigene Bewertung: 9

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