Diese wahrhaftigen Volkskönige der norddeutschen Musikszene bereichern die Musikwelt nun schon seit unfassbaren 37(! -also SIEBENUNDDREIßIG!-) Jahren, also seit weit mehr als drei Dekaden! Das muss erst einmal eine Band nachmachen bzw. schaffen, zumal die vierte Dekade in drei Jahren vermutlich mittels derer üblichen Wikingerart geknackt wird. Vom Fuß(volk) bis in die letzte Haarspitze sind die Torfmoorholm-Bagaluten Klaus Büchner und Raymond Voss zum Modern Talking der Rockmusik geworden, nur eben mit dem Unterschied dass statt Nora irgendwie immer der wesentlich entspanntere Werner im Geiste mitschwingt. Beinharte Bandgeschichte eben. ;-)

Doch wieso lange Reden halten, wenn die Musik nach so vielen Jahren noch immer nicht stagniert und sich fortlaufend im Sinne eines Rades weiterentwickelt und die Torfrock-er weiter vorantreibt?! Fakt ist just, dass die Namen derer, die so lange Zeit schon die Bühnenbretter zimmern und immer wieder mit konstanter Freude bespielen, keine endlose Liste ist. Da dürfen Namen wie "Ozzy & Osborn", "Jagger & Richards" "Dick & Doof", Nazareth etc. natürlich zwinkernd zitiert werden.  

In edel mattschwarzem Digipack-Doppelschuber mit stilechtem Wikingerhelm als "Meisterstücke" Kopfbedeckung auf dem Cover haben Torfrock dem Booklet, in dem auch alle Songtexte abgedruckt wurden, einen wirklich liebevollen Rahmen mit schnieken Details (wie der Berliner sagt) zuverliehen. [CD 1] Da wird das Dialektverständnis jedes Menschen außerhalb der norddeutschen Sphäre direkt "Midde Band" (Track 1) eingestimmt und tönt in schön leichtverdaulichem Rocksound. Zur Einstimmung passt dieser Hausmarkensound bestens in die Ohren. "Die Sonntagsjäger" (Track 2) laufen mit leichter Status Quo Note eher an mir vorbei, dafür bügelt "Eiskalt (Hörsturz, Hitze, Dosenbier)" (Track 3) etwas mehr rauen Charme in die Mikros, während die Saiten weichen Klanges vor sich hinschnalzen. Da fällt ein exotischer Song wie "Sangria por favor" (Track 4; Anspieltip I) direkt aus dem erwarteten Rahmen von Asphaltgeruch und Rock 'n Roll  Antrieb. Zwar ist dieses Stück keine Seltenheit in dem Sinne, zumal mit "Ein Eimer Sangria" auch die Erinnerungsbrücke inwendig aufleuchtet, aber so etwas kubanisches Cha-Cha-Cha Flair kommt in den 4:22 Minuten definitiv auf. 

Da reißt das kraftvolle Organ von Raymond Voss im Kontrast zum vorher eher zarttönenden Stimmchen von Klaus Büchner schon völlig aus der Ruhe verträumter Gedanken - "Volle Granate Renate" (Track 5; Anspieltip II). Mitsingen kann man hier (zumindest im Refrainteil) direkt beim ersten Durchlauf, was für die handfeste Partytauglichkeit spricht. Spätestens hier wird einem einmal wieder bewusst, dass man eine Band wie Torfrock erfinden müsste, wenn es sie nicht schon gäbe, denn auch diese Art des Entertainments braucht es in der Musiklandschaft. Da kann es schon auch mal unterkommen, dass "Der Schimmelreiter" (Track 6; Anspieltip III), der jedem Älteren einst in der Schule begegnete, mal auf Torfmoorholm-Art dredreht wird. Hier reitet der Ohrwurm als Phantom direkt mit und rockt etwas mehr. ;-) Spätestens jetzt ist der Motor dieses Albums eingefahren und lässt rundlaufen, was rund reinlaufen kann. Allein schon das wortspielerische Können von "No Chanze For Romanze" (Track 7; Anspieltip IV) ist ganz grosses Kino, das hier mittels Blues-Rock Momenten und traditionellen Rockmomenten (inkl. Flöteneinsätze) einheizt. 

Ob in klassischer Band-Instrumentierung oder mit zusätzlichen Einsätzen von Sitar, Banjo, diverse Flöten, Saxophon... Torfrock nutzen jedes sich anbietende Instrument und setzen es songdienlich ein. Da weiß man selbst beim gegen die Flasche ploppenden Keramikverschluss, dass es "Beinhart" (Track 8) geschlagen hat. Diesen Klassiker der Film- und Musikgeschichte brauche ich sicher keinem/ keiner mehr näherzubringen?! ;-) Ähnlich wie den bekannten Torfrock Partyhit "Trunkenbold" (Track 9; Anspieltip V), den man auch als nicht super-Torfrock-sattelfester Berliner kennt. Zum Abschluss der ersten CD dieses Doppelalbums geht es noch einmal ruhigeren Klängen zuspielend direkten Weges nach Torfmoorholm. 

[CD 2] Wie kann man ein Rockalbum besser rundwerkeln als mit einer eigenen "Hey Joe" (Track 1; Anspieltip VI) Version, die selbst Jimi Hendrix (R.I.P.) mit breitem Grinsen auf seiner Wolke da oben wahrnehmen dürfte?! Torfrock beweisen damit Fingerspitzenfeingefühl, ohne sich selbige an diesem Überklassiker zu verbrennen. Allein das ringt einem schon echten, riesigen Respekt ab. Mit leichtem "Beinhart" Tanzbein im Lauf geht "Die Bagaluten-Band" (Track 2) auf modern-frische Tuchfühlung mit Eddie Cochran`s "Something Else", was auch Sid Vicious z. B. in den '70ern schon tat, nur eben deutlich punkiger. Spätestens jetzt ist sonnenklar, dass Torfrock mit dieser Art "Best Of" eigentlich gar nicht viel falsch können. Logisch, dass da ein Evergreen wie "Freie Bahn mit Marzipan!" (Track 4) nicht fehlen darf, schliesslich gehört dieser genauso wie das folgende "Rollo, der Wikinger" (Track 5) zur Bandgeschichte. Zum Sofortzünderhighlight wird das sich in den Raum ergießende "Kettenhemd" (Track 6; Anspieltip VI), das anfangs diesen indianisch-rituellen Charakter mitschwingen lässt, bevor es zum Uptempodrive übergeht. Wenn eh schon mal Uptempo im Lauf ist, darf es auch wieder saitenbetonter zugehen - "Willi, die Ratte" (Track 7), das mich zuerst spontan vom Titel her an die einstige Mike Krüger Samstagabendshow "Vier gegen Willi" erinnerte. Warum auch immer?! ;-)

Mit "Rock 'n' Roll-Ruine" (Track 8) läuten Torfrock langsam das Finale ein und machen akustisch mit "Torfmoorholm sagt "Gute Nacht"" (Track 9) Schicht am Watt. 

Für Torfrock Liebhaber, wie auch für Torfrock Nichtkenner ein Doppelalbum, das nicht nur in der Weihnachtszeit eine gute Geschenkidee ist (für sich selbst, wie auch für Freunde/ Familie). Bei mir wird diesen Album mit grosser Sicherheit an so manchem Winterabend die perfekte, musikalische Ergänzung zum Glühwein sein. 

P.S.: Für diejenigen, die Torfrock mal live erleben wollen, kann man nur deren am 6.12. 2.014 beginnende "25. Bagaluten Wiehnacht" Tour empfehlen! Es lohnt sich mit Sicherheit! Hier wird der Glühwein sicher von allein heiß. ;-)

9,0/10 Schafe Schüsse

(Torfrock/ Membran 2.014)

http://www.torfrock.de/ 

https://www.facebook.com/Bagalutenband?fref=ts

Danny B